Seehofers Vorschläge münden
in Angst und Haßgesellschaft
SPD und FDP müssen jetzt Farbe bekennen ! Der Niedersächsische Flüchtlingsrat und PRO ASYL legen Reader zum geplanten „Ausländerleistungsgesetz“ vor.
Bundesgesundheitsminister Seehofer, der seit Beginn der neuen Legislaturperiode für die Sozialhilfe zuständig ist, hat einen ersten Gesetzesentwurf für ein „Ausländerleistungsgesetz“ vorgelegt, der das erst am 01 11.1993. in Kraft getretene „Asylbewerberleistungsgesetz“ (AsylbLG) ersetzen soll. Der Entwurf beinhaltet u.a. die Einbeziehung aller Kriegsflüchtlinge in die bisher für Asylsuchende im 1. Jahr des Asylverfahrens geltende Sachleistungsversorgung, die dauerhafte Leistungskürzung unter das Existenzminimum für mindestens 600.000 Menschen sowie eine empfindliche Einschränkung der medizinischen Versorgung auf akute Notfälle.
Das geplante Ausländerleistungsgesetz ist ein weiterer rigider Schritt in Richtung Entsolidarisierung und Diskriminierung. Es öffnet Tür und Tor für die Ausgrenzung weiterer gesellschaftlicher Gruppen aus dem System der allgemeinen sozialrechtlichen Versorgung. Das Ausländerleistungsgesetz markiert den Weg in die „Angst- und Haßgesellschaft“.
Als Modellfall zur weiteren Deregulierung und zur Ausgrenzung von Menschen dient das Asylbewerberleistungsgesetz, welches mit seiner Herabsetzung von Leistungen deutlich unter die geltenden Sozialhilfesätze eine Art „Menschenwürde zweiter Klasse'“ konstituiert hat. Dieses Gesetz ist von uns in der Vergangenheit als sozialpolitischer Sündenfall bezeichnet worden, nur seine Abschaffung wäre eine wirkliche Lösung.
In dieser Einschätzung werden wir durch die Stellungnahmen der Wohlfahrtsverbände zu den Erfahrungen mit dem Asy1bLG bestätigt. Die verheerenden Folgen dieses Abschreckungsgesetzes soziale Verelendung, Ausgrenzung und Kriminalisierung – haben schon jetzt alle Befürchtungen übertroffen. Dehumanisierung durch Lagerunterbringung, minimale gesundheitliche Betreuung, Versorgung an der Hungergrenze und Ausschluss von gesellschaftlichen Bezügen ist „humane Flüchtlingspolitik “ nur in der pervertierten Orwell’schen Sprache der Lügen-Propaganda.
FDP und SPD müssen jetzt Farbe bekennen. Beide Parteien haben 1993 eine enge zeitliche Befristung der (Sach-)leistungskürzungen zur Bedingung für ihre Zustimmung zum AsylbLG erklärt. Die beabsichtigte Aufhebung der zeitlichen Begrenzung von Leistungskürzungen ist u.E. verfassungswidrig und wird ebenso auf unseren entschiedenen Widerstand treffen wie die geplante Ausweitung des von Sachleistungen und Leistungskürzungen betroffenen Personenkreises.
Der Niedersächsische Flüchtlingsrat und PRO ASYL haben ein Sonderheft zum Thema „Ausländerleistungsgesetz“ herausgegeben. Die 80-seitige Broschüre informiert detailliert über die Inhalts des geplanten Gesetzesvorhabens vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen mit dem erst am 01. 1 1. 1993 in Kraft getretenen AsylbLG. Weiterhin werden Möglichkeiten aufgezeigt, gemeinsam mit Flüchtlingen den Rassismus im bundesdeutschen Sozialstaat zu bekämpfen. Das Sonderheft kann zu einem Preis von 10,– DM beim Niedersächsischen F!üchtlingsrat und bei PRO ASYL ab sofort bestellt werden.