Scharfe Kritik am Entwurf eines „Ausländerleistungsgesetzes“
PRO ASYL: „Juristisch kodifiziertes Unrecht“
Der Sprecher der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge, Heiko Kauffmann, hat den von Bundesgesundheitsminister Seehofer (CSU) vorgelegten Entwurf eines neuen „Ausländerleistungsgesetzes“ als „staatlich betriebene Ausgrenzung“ und weiteren Schritt zur vollständigen Zerschlagung des sozialen Sicherungssystems scharf zurückgewiesen.
Dieser Entwurf sehe im Vergleich zur derzeitigen, ohnehin restriktiven Versorgungspraxis von Flüchtlingen und Ausländern noch einmal erhebliche Einschränkungen und Verschärfungen vor,
z. B.:
- noch weiter reduzierte Sozialleistungen, „Freßpakete“ für über 600.000 Ausländerinnen und Ausländer,
- weiter reduzierte medizinische Versorgung, Verweigerung medizinischer Hilfe für Behinderte und chronisch Kranke,
- flächendeckende erkennungsdienstliche Behandlung von Bürgerkriegsflüchtlingen.
Das Gesetz soll das erst im November 1993 in Kraft getretene Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ablösen und wird dessen bisher für ca. 90.000 Asylsuchende geltende Leistungsbeschränkungen auf möglicherweise bis zu 1 Million Ausländer und Ausländerinnen ausweiten. Schon der neue Name des Gesetzes macht deutlich, daß es für viele Ausländer und Ausländerinnen gelten wird, die bereits seit Jahren in Deutschland leben und zum Teil auf Dauer hierbleiben werden.
Die Leistungseinschränkungen des als Referentenentwurf firmierenden Ausländerleistungsgesetzes sollen künftig auch für Kriegs- oder Bürgerkriegsflüchtlinge mit einer Aufenthaltsbefugnis gelten. Dies ist besonders zynisch, da die Bundesregierung keine echten Bemühungen unternommen hat, den Sonderstatus der Kriegsflüchtlinge im Sinne des § 32a Ausländergesetz in die Praxis umzusetzen. Das Gesetz sieht Leistungskürzungen dennoch im Vorgriff für diejenigen vor, die diesen Status u. U. erhalten könnten.
Weiter betrifft das Gesetz eine große Zahl von Flüchtlingen, die bereits aus humanitären Gründen seit längerem eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 des Ausländergesetzes besitzen. Nach Schätzungen von PRO ASYL könnte es sich dabei um etwa 200.000 bis 400.000 Flüchtlinge, z.B. aus Afghanistan, Äthiopien und Iran handeln.
„Damit läßt die Regierung die Katze aus dem Sack. Es geht nicht mehr um die Unterschreitung des Existenzminimums für Menschen, die nur vorübergehend hier leben. Das Asylbewerberleistungsgesetz war die erste Stufe durch Gesetz herbeigeführter organisierter Unterversorgung und Armut“, erklärte Heiko Kauffmann. PRO ASYL habe schon vor Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes im Jahre 1993 davor gewarnt, daß es nicht bei einem Asylbewerberleistungsgesetz bleiben werde und „Ausgrenzung durch Sondergesetze“ die Strategie sei, mit der die Regierung die Einheitlichkeit des sozialen Sicherungssystems zerschlagen wolle.
„Menschen zum Zweck der Kostenersparnis und Abschreckung in Sondergesetze zu zwingen, ist juristisch kodifiziertes Unrecht, das sich für einen sozialen Rechtsstaat verbietet“, erklärte Kauffmann.
Er forderte die Freien Demokraten und die Oppositionsparteien auf, unmißverständlich Stellung zu beziehen und den Entwurf umgehend in den Reißwolf zu befördern. Nötig sei nicht eine weitere Verschärfung, „sondern die vollständige Abschaffung von Sondergesetzen wie dem Asylbewerberleistungsgesetz, das immer mehr Menschen in Verelendung und Isolation treibt und zur gesellschaftlichen Diskriminierung und Dehumanisierung von Flüchtlingen beiträgt“.