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TAG DES FLÜCHTLINGS 1992

Rumänien

Nationalismus und Rassismus nehmen in den Ländern Osteuropas zu, insbesondere auch in Rumänien. Eine der Minderheiten, die darunter besonders leiden, sind Roma. Doch die Einschätzung über die Situation in Rumänien ist höchst unterschiedlich, wie ausfolgenden Texten deutlich wird.

Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 3. Januar 1992

„Die politische Umgestaltung Rumäniens in eine parlamentarische Demokratie macht Fortschritte. Das Parlament nahm Ende November 1991 die neue Verfassung an. Die Bevölkerung sprach sich in einem Referendum Anfang Dezember für die Verfassung aus. Die Verfassung entspricht einer westlichen Präsidialdemokratie, jedoch mit gegenüber dem französischen System eingeschränkten Rechten des Präsidenten. Den Menschenrechten, insbesondere der Unantastbarkeit der Person, werden ein großes Gewicht eingeräumt. Minderheiten werden bestimmte Rechte eingeräumt…

Die Minderheit der Sind und Roma, sie umfaßt über 2,5 Mio. Personen – andere sprechen von über 3,5 Mio. -, leidet ebenfalls nicht unter unmittelbarer staatlicher Verfolgung. Sie werden nicht von staatlichen Stellen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit verhaftet, verhört, vertrieben oder auf andere Art verfolgt.

Die Sinti und Roma in Rumänien unterliegen auch nicht einer Gruppenverfolgung durch Dritte. Der Staat versagt Sinti und Roma nicht seinen Schutz. Richtig ist, daß es in Einzelfällen Übergriffe durch private Personen gegeben hat. Ihre Zahl ist aber im Vergleich zur Gesamtzahl der Sinti und Roma unbedeutend. Schon aus diesem Grund kann nicht von einer Gruppenverfolgung gesprochen werden.“

Urteil des Verwaltungsgerichtes Stuttgart vom 23.12.1991

„Die Voraussetzungen für die Annahme einer im Sinne des BVerfG herabgeminderten Gruppenverfolgung sind im Hinblick auf die Roma in Rumänien nach der Überzeugung des Gerichts erfüllt. Die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse lassen bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung nur den Schluß zu, daß die Roma in Rumänien in besonderer Weise dem Druck der ethnischen rumänischen Bevölkerung ausgesetzt sind und dabei in vielen Fällen kollektiven, in nennenswertem Umfange auch pogromähnlichen Übergriffen in allen Teilen des Landes mit dem Ziel ihrer Vertreibung und der Vernichtung ihrer materiellen Existenz unterliegen, ohne daß die rumänischen Behörden hiervor hinreichenden Schutz gewähren. Die Situation der Roma ist neben ihrem allgemein als auf unterster Stufe stehenden sozialen Status gekennzeichnet durch die weit verbreitete und von Regierungsstellen begünstigte Zuweisung von Verantwortung für die schlechte wirtschaftliche Lage und durch teilweise extrem nationalistische Tendenzen in weiten Kreisen der Bevölkerung, der politischen Parteien und den Medien.

Nach der im vorliegenden Verfahren eingeholten Stellungnahme von amnesty international vom 7.11.1991 sind die Roma in Rumänien, in erschreckendem Ausmaß Druck von Seiten der Bevölkerung ausgesetzt, seit März 1990 eskaliert überall in Rumänien die Gewalt gegen diese Volksgruppe. Der rumänische Staat hat häufig nichts gegen Übergriffe unternommen und sie durch passives Verhalten geradezu gefördert, in einer Reihe von Fällen weisen Indizien sogar auf die aktive Beteiligung von Vertretern staatlicher Organe, einschließlich der Polizei hin. In der Stellungnahme wird weiter auf folgende Fälle von Menschenrechtsverletzungen bzw. sonstigen Rechtsbeeinträchtigungen gegenüber Roma hingewiesen: gewaltsame Vertreibung von Roma-Familien aus ihren bisherigen Wohngebieten: Niederbrennung oder schwere Beschädigung ganzer Roma-Siedlungen sowie Zerstörung und Raub des gesamten Hab und Gutes der betroffenen Familien, ohne daß die Täter zur Verantwortung gezogen und zu Schadenersatzleistungen verurteilt werden; brutale physische Attacken (auch mit Todesfolge), die vereinzelt, aber auch immer häufiger in organisierter Form durch Gruppen von jeweils 300 bis 3.000 Angehörigen der übrigen Bevölkerung verübt werden, ohne daß die Polizei einschreitet; ungerechtfertigte Verhaftungen von Roma und Strafverfahren, die offenkundig nicht die international anerkannten Standards von fairen Verfahren erfüllen.

Das Gericht teilt diese Einschätzung aufgrund der verschiedenen, ihm vorliegenden Erkenntnisquellen, die diese Vorkommnisse bis in die Mitte des Jahres 1991 dokumentieren.

In allen Landesteilen, in denen Roma wohnen, auch in Gebieten mit ungarisch-stämmiger Bevölkerung, haben ethnische Rumänen seit Januar 1990 Häuser von Roma, teilweise auch ganze Roma-Viertel, niedergebrannt oder zerstört, ausgeraubt und die Roma-Bevölkerung gewaltsam vertrieben…“

Die vollständigen Texte sind erhältlich bei: ZDWF, Hans-Böckler-Straße 3, 5300 Bonn 3

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