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Presseerklärung
21. Oktober 1998

PRO ASYL zur rot-grünen Koalitionsvereinbarung:

Chance zu „Aufbruch und Erneuerung“ in der Asylpolitik vertan
„Zu zaghaft, zu vage, zu mager“

Als „zu zaghaft, zu vage und im Ertrag für viele Flüchtlinge zu mager“ hat Heiko Kauffmann, Sprecher der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, das Ergebnis der rot-grünen Koalitionsvereinbarungen im Asylbereich bezeichnet. Am eigenen Anspruch der Koalitionspartner an eine Politik der Zukunftsfähigkeit gemessen, sei die Chance zu „Aufbruch und Erneuerung“ auf dem Feld der Asylpolitik vertan worden.

Statt nach verlorenen Kohl- und Kanther-Jahren Mut und Perspektiven für eine menschenrechtsorientierte Asylpolitik zu entwickeln, hat Rot-Grün kleinmütig und verzagt die eigenen Aussagen und Programminhalte vergessen und selbst die Nennung des Begriffs „Asyl“ in der Koalitionsvereinbarung ängstlich vermieden. „Dies zeigt die schwere Erblast der Kohl-Ära; Kanther saß mit am Tisch; die neue Regierungskoalition hat Angst vor der eigenen Courage“, kommentierte Kauffmann.

Es sei schmerzhaft zu erfahren, daß der „Durchbruch“ beim neuen Staatsangehörigkeitsrecht, das erfreulicherweise zur Integration vieler Menschen führen werde, mit der Ausgrenzung von Flüchtlingen erkauft worden sei. Nachdem die Verbesserungen im Staatsbürgerschaftsrecht verabredet waren, war die SPD nicht zu wesentlichen Zugeständnissen in der Asylpolitik bereit. Sie wandele auf Kanthers Spuren und wolle die Politik der Abwehr fortsetzen. Zwar habe der künftige Bundeskanzler Schröder versprochen, die Gesellschaft „im Inneren menschlicher“ zu machen. Asylsuchende dürften hiervon aber nicht ausgenommen werden.

Nachdem die Verhandlungen im Bereich der Innenpolitik abgeschlossen waren, hat PRO ASYL sich für Nachbesserungen eingesetzt und gefordert, daß wenigstens eine Härtefallklausel in den Vertrag aufgenommen wird. Zwar sei der Koalitionsvertrag an dieser Stelle nachgebessert worden, er schließe aber den größten Teil derjenigen aus, bei denen eine Ausweisung zu unzumutbaren Härten führen würde.

„Der Koalitionsvertrag einer großen Koalition hätte im Asylbereich kaum anders ausgesehen“, sagte Heiko Kauffmann. Man müsse sich fragen, wo die von Bündnis 90/Die Grünen als unverzichtbar deklarierten Programminhalte einer menschenrechtsorientierten Asylpolitik geblieben wären. Aber auch die SPD bliebe weit hinter den eigenen Ansprüchen zurück. So habe neben dem SPD-Innenminister Ekkehard Wienholtz auch der Vorsitzende des Innenausschusses, Willfried Penner, noch im Sommer die Einführung einer Härtefallklausel im Ausländerrecht gefordert, die den Behörden Spielraum einräume.

Menschenrechtsstandards würden in Deutschland unterschritten. „Es ist eine Belastung für eine neue, an den Menschenrechten orientierte Außenpolitik, wenn die Menschenrechte nach innen gegenüber Flüchtlingen nicht garantiert werden“, sagte Kauffmann. PRO ASYL kritisiert, daß Flüchtlingen, die vor einer nichtstaatlichen Verfolgung fliehen, weder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention noch Abschiebungsschutz nach der Europäischen Menschenrechtskonvention zugestanden wird. Sozialdemokraten in Frankreich, Großbritannien, Schweden und anderen europäischen Ländern hätten eine positive Trendwende in der Asylpolitik eingeleitet.

„Der Bruch mit der Erblast Kanthers und einer ideologisch festgefahrenen Asylpolitik ist noch nicht wirklich vollzogen worden.“ Es komme jetzt fürs erste darauf an, die zaghaften Ansätze für Reformen und vagen Stichworte des Koalitionsvertrages so umzusetzen, daß sie für die betroffenen Flüchtlinge zu konkreten Verbesserungen führten. „PRO ASYL wird alles daransetzen, die neue Regierung zu einer mutigen und zukunftsorientierten Asylpolitik zu bewegen“, sagte Kauffmann abschließend.


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