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DER LANGE WEG ZU EINEM
EUROPÄISCHEN ASYLRECHT

Präsentation

ANMERKUNG: Die im Original Flash-Animierte Präsentation wird von Browsern nicht mehr unterstützt. Von den wesentlichen Schlüsselszenen wurden deshalb Screenshot angefertigt und die animierten Texte zu Vollständigkeit selektiert.

FOLIEN MIT TEXTEN

– Reporter ohne Grenzen
– Internationale Liga für Menschenrechte
– Human Rights Watch

120 Tage Angriffe auf die unveräußerlichen Freiheiten

EINE HITPARADE

Zwei Arten von freiheitsbeschränkenden Staaten sind zu unterscheiden:

– diejenigen, die in der Folge der Attentate in „Panik“ gerieten und zu Rechtsmitteln griffen, die die Freiheit beschränken, und

-die „opportunistischen“ Staaten, die den Vorwand der Terrorbekämpfung nutzen, um bisher unpopuläre Maßnahmen durchzusetzen oder um Minderheiten und Gegner zu unterdrücken.

Platz 1: Die USA

– Menschenjagd und exzessive Festnahmen
– Verstöße gegen die Rechte der Gefangenen und die Unschuldsvermutung
– Das USA Patriot Act: Auf dem Weg zum Polizeistaat
– Abhören von Mandantengesprächen
– außerordentliche Militärgerichte
– Durchführung von Geheimprozessen
– Festnahme von fünftausend Personen … aus dem Nahen Osten
– Diskriminierung von Arabern und Muslimen
– Denunziation: Zuckerbrot und Peitsche
– Die Identitätskarte vom Typ „Big Brother“
– Wieder auf der Tagesordnung: Die Folter
– Die Pressefreiheit: Zensur im Weißen Haus
– Treibjagd im Netz

Platz 2: Großbritannien

– Verletzung der EMRK: Haft ohne strafrechtliche Untersuchung und Anklage
– erhöhte Kompetenz der Polizei in Bezug auf die Überwachung des Internets und des Abhörens von Telefonen

Platz 3: Kanada

– präventive Festnahmen von Terrorismusverdächtigen
– Mehr Kompetenzen zur Überwachung des Internet und von Telefonen
– Pressefreiheit: Der Angriff auf die Vertraulichkeit der Quellen
– unbegrenzter Haft für Weitergabe sensibler Informationen

Platz 4: Frankreich

Das Gesetz über die Sicherheit im Alltag:
Es umfasst zur gleichzeitigen Umsetzung dreizehn sogenannte „Antiterror“-Gesetzesänderungen.

Platz 5: Deutschland

Ein „katastrophales“ Antiterrorgesetz

Platz 6: China
– Unterdrückung von Opposition und Minderheiten

Platz 7: Italien

– Straflosigkeit der Geheimdienste

Platz 8: Indien

Platz 9: Die Europäische Union

Platz 10: Spanien

– Die ETA im Visier des Antiterrorkampfes

Platz 11: Pakistan
Platz 12: Jordanien
Platz 13: Russland
Platz 14: Indonesien
Platz 15: Simbabwe

11. Sept. 2001 – 11. Jan. 2002
Die Top 15 der freiheitsbeschränkenden Staaten

UN-Generalsekretär Kofi Annan: Unterschrift ins Kondolenzbuch

Menschenrechte nicht der Terrorismusbekämpfung opfern

…Over the past five years, the United Nations has gained immensely from the presence of Mary Robinson as High Commissioner. She has brought to the office not only the great prestige she had earned in her earlier career, but also — and more important — an unflagging and fearless determination to uphold the cause of human rights throughout the world…

This session of the Commission on Human Rights must be one of the most important it has ever held…

But we also meet in the shadow of what happened in the United States on the 11th of September last year, and of what has happened in many countries since then, as a direct or indirect consequence…

It follows that we cannot achieve security by sacrificing human rights. To try and do so would hand the terrorists a victory beyond their dreams.

On the contrary, I am convinced that greater respect for human rights, along with democracy and social justice, will in the long term prove the only effective prophylactic against terror…

At the same time, we must constantly reaffirm the primacy of the rule of law, and the principle that certain acts are so evil that no cause, however noble, can justify their use.

The end does not justify the means. Instead, the means tarnish, and may pervert, the end…

Vigilance is essential — but in exercising it, let us not lose sight of such fundamental principles
as the presumption of innocence until guilt is proved.
Nor must we forget that even the guilty retain certain basic rights, such as those laid down in the Universal Declaration of Human Rights and the International Covenant on Civil and Political Rights:
„No one shall be subjected to torture or to cruel, inhuman or degrading treatment or punishment.“…

Never has the need for tolerance been greater. Let us remember that diversity is what gives the human species its splendour…,

This may be necessary, in certain cases, to defend us against terrorism, as against other forms of assault. But let us be careful to use it only in self-defence, or in accordance with decisions of the Security Council.

And when we do use it, let us be careful to use it within the law — the international law of war. Targeting civilians and disproportionate use of force beyond legitimate military objectives are violations of international humanitarian law, and must be rejected.

UN-Generalsekretär Kofi Annan am 12.4.2002 vor der Menschenrechtskommission

Der Mythos des amerikanischen Superhelden

Schon seit ihrer Kolonialzeit kultivieren die Amerikaner ein Faible für die Vollstrecker von Selbstjustiz. Sie lieben Männer, die ihre wahre Identität verschleiern, um das Gemeinwesen zu retten, in dem Recht und Gesetz versagt haben…

Niemand darf einen selbstlosen Superhelden vor Gericht zerren, wenn er gegen das Gesetz verstößt, um die Welt zu retten…

Er ist das selbst nicht justiziable Korrektiv des Normativen, das aus höheren Zwecken den Rechtsweg plattmacht und dem Buchstaben des Gesetzes den supragesetzlichen Heroengeist einhaucht…

John Shelton Lawrence und Robert Jewett
(Frankfurter Rundschau vom 24.7.2002)

GLÄSERNE FLÜCHTLINGE – VERDÄCHTIGE AUSLÄNDER

  • Mit dem Gesetz werden grundlegende Freiheits- und Bürgerrechte beschnitten.
  • Viele der Bestimmungen richten sich in unverantwortlicher Weise pauschal gegen Migranten und Flüchtlinge.
  • Ein erheblicher Teil der Änderungen des Ausländerrechts betrifft Forderungen, die seit längerem diskutiert und bislang nicht durchsetzbar waren.
  • Es unterwirft Ausländer im allgemeinen und Flüchtlinge im besonderen einem sachlich nicht begründeten Generalverdacht. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung werden sie zum Beobachtungsobjekt der Sicherheitsbehörden.
  • UNGEHEMMTER DATENFLUSS
  • MIGRANTEN IM VISIER DER ERMITTLER
  • FLÜCHTLINGE UNTER GENERALVERDACHT
  • MISSBRAUCH VON ASYLINFORMATIONEN
  • PAUSCHALANGRIFF AUF AUSLÄNDISCHE VEREINE
  • VERSCHÄRFUNGEN BEI DER AUSWEISUNG
  • SPRACHANALYSEN
  • VISUMANTRAGSTELLER: BEHANDELT WIE KRIMINELLE
  • DER BUNDESGRENZSCHUTZ: AUF GRENZPATROUILLE IM INLAND
  • BÜRGERRECHTE BESCHNITTEN
    • Einschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses,
    • allgegenwärtige Überwachung,
    • fließende Grenzen zwischen Polizei und Verfassungsschutz,
    • unkontrollierbare Datenflüsse:
    • Der Staat sichert sich den Zugriff auf seine Bürgerinnen und Bürger.
    • Indes: Mit überhasteten Eingriffen in Personen- und Freiheitsrechte fängt man keine Terroristen.
    • Aber man fügt der freiheitlichen Demokratie einen irreparablen Schaden zu.

UNGEHEMMTER DATENFLUSS
– Ab jetzt wird hemmungslos vermessen, registriert, gesammelt und verglichen
– Im Ausweis dürfen über Foto und Unterschrift hinaus bestimmte „biometrische Merkmale“ (von Fingern, Händen oder Gesicht) gespeichert werden. Außerdem ist eine „Zone für das automatische Lesen“ vorgesehen.
– Hier geht es nicht nur um die zweifelsfreie Zuordnung Person
– Pass. Zu befürchten ist die Einrichtung einer Referenzdatenbank, in der unverwechselbare Daten jedes Menschen abgespeichert sind und über die jede/r identifizierbar wird.
– Migranten werden zusätzlich diskriminiert:
– Für Deutsche werden die genauen Regelungen zu den gespeicherten Daten per Gesetz festgelegt,
– für Ausländer genügt schon eine Rechtsverordnung des Bundesinnenministeriums.
– Im Gegensatz zu Deutschen sind die verschlüsselt angebrachten Daten von Migranten und Flüchtlingen auch nicht an den Zweck der Identitätsfeststellung gebunden, sondern können von allen Behörden verwendet und weitergegeben werden.
– Bei Ausländern fehlt überdies das für Deutsche vorgesehene Recht zu erfahren, welche Daten gespeichert sind.
– Das informationelle Selbstbestimmungsrecht, ein aus Artikel 1 und 2 GG abgeleitetes Grundrecht, gilt für Ausländer in weit geringerem Maße als für Deutsche

MIGRANTEN IM VISIER DER ERMITTLER
– Schon heute kann die Polizei bei Vorliegen konkreter Gefahr auf das Ausländerzentralregister (AZR) zugreifen, in dem nicht nur die Migranten gespeichert sind, die schon jahre- oder jahrzehntelang in Deutschland leben, sondern auch Personen, die früher in Deutschland gelebt haben und längst ausgewandert sind.
– Die Daten von mehr als 10 Millionen Menschen sind im AZR registriert.
– Zukünftig soll die Polizei den gesamten Datenbestand in einem automatisierten Verfahren per Rasterfahndung auswerten können
– auch ohne dass eine konkrete Gefahr erkennbar ist.
– Die bisherige Erfahrung mit Rasterfahndungen zeigt: Fast immer sind Unschuldige von schweren Eingriffen in ihre Persönlichkeitsrechte betroffen.

FLÜCHTLINGE UNTER GENERALVERDACHT
– Flüchtlinge sind heute die am penibelsten erfasste Bevölkerungsgruppe. Im Fingerabdrucksystem AFIS werden ihre Daten gespeichert. Darauf kann die Polizei bislang bei begründetem Verdacht auf eine Straftat zugreifen.
– Zukünftig sollen die Daten einem automatischen Abgleich mit polizeilichen Tatortspuren unterzogen werden.
– Auf 10 Jahre soll die Speicherungsdauer ihrer Daten verlängert werden, sogar über die Anerkennung als Flüchtling hinaus.
– Die geplante zweckentfremdete Verwendung dieser Daten ist datenschutzrechtlich bedenklich und stellt Flüchtlinge unter Generalverdacht.
– Ausländer werden wie potenzielle Straftäter behandelt.

MISSBRAUCH VON ASYLINFORMATIONEN
– Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge soll verpflichtet werden, Informationen aus der Anhörung an den Verfassungsschutz weiterzuleiten.
– Ein faires Asylverfahren ist aber kaum möglich, wenn Flüchtlinge sich auf die Vertraulichkeit des Gesprächs nicht mehr verlassen können:
– Denn die persönlichen und und teils hochsensiblen Informationen können auf Geheimdienstkanälen in den Verfolgerstaat gelangen. Das ist zwar nur zulässig, wenn es völkerrechtlich geboten ist, Misstrauen aber ist dennoch angebracht.
– Die Weitergabe des „Asylgeheimnisses“ durch deutsche Behörden kann für Flüchtlinge und deren Angehörige im Herkunftsland lebensgefährlich sein.

PAUSCHALANGRIFF AUF AUSLÄNDISCHE VEREINE
– Vereine von Migranten werden zukünftig noch stärker vom Verfassungsschutz überwacht, wenn sie sich gegen „den Gedanken der Völkerverständigung“ oder „das friedliche Zusammenleben der Völker richten“.
– Darüber hinaus sollen sie leichter verboten werden können, z. B. wenn sie Gewaltanwendung befürworten oder androhen, auch wenn sich dies nicht auf Deutschland, sondern auf ihr Herkunftsland bezieht.
– Was sich nach Terrorismusbekämpfung anhört, ist in der Praxis hochproblematisch: Exilvereinen, die sich politisch gegen Unrechtsregime in ihren Herkunftsstaaten engagieren, droht die Verbotsverfügung.
– Sollte ein afghanischer Verein, der früher in Deutschland zum gewaltsamen Sturz der Taliban aufgerufen hatte, verboten werden? – Aus der Perspektive von Verfolgerstaaten sind Oppositionelle oft Terroristen.
– Eine Gleichsetzung zwischen Terrorismus und dem Kampf gegen diktatorische Regime darf es nicht geben!
– Die Ausnahme von der Vereinigungsfreiheit soll u. a. für Vereine gelten, die sich für „theokratische, zum Beispiel islamistische Staatsformen“ in ihrem Herkunftsland einsetzen.

VERSCHÄRFUNGEN BEI DER AUSWEISUNG
– Die Ausweisungstatbestände sollen erheblich verschärft werden.
– Dabei wird mit unscharfen Generalklauseln hantiert: Gründe für eine Ausweisung sind z. B. schon die Drohung mit Gewalt oder die Unterstützung bestimmter verdächtigter Vereinigungen.
– Eine genaue Abgrenzung zum Terrorismus ist auch hier kaum möglich. Selbst nicht gewalttätige Unterstützer von politischen Exilgruppen könnten betroffen sein.

STRAFBESTIMMUNGEN
– Künftig soll bestraft werden können, wer für die Unterstützung und Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“ wirbt.

SPRACHANALYSEN
– Menschen im Asylverfahren und bestimmte Ausreisepflichtige sollen sich Sprachanalysen „zur Bestimmung der Herkunftsregion“ unterziehen.
– In der Gesetzesbegründung wird erläutert, dass es sich um eine Maßnahme zur Erleichterung der Abschiebung Ausreisepflichtiger handelt.
– Damit wird eine Praxis, die PRO ASYL schon lange als wissenschaftlich fragwürdig kritisiert, aus der rechtlichen Grauzone heraus geholt und in Gesetzesform zementiert.
– Eine Speicherung dieser Tonaufnahmen ist für 10 Jahre vorgesehen. Auch hier werden Ausländer und Asylsuchende behandelt wie potenzielle Straftäter.
– Mit Terrorismusbekämpfung hat dies offensichtlich gar nichts zu tun.

VISUMANTRAGSTELLER: BEHANDELT WIE KRIMINELLE
– Die Visadateien bei den Auslandsvertretungen werden umfangreich ausgebaut.
– Die Daten werden 10 Jahre gespeichert, unabhängig davon, ob der Antragsteller tatsächlich in die Bundesrepublik einreist oder nicht.
– Sämtliche Sicherheitsdienste und Sozialbehörden erhalten Zugriff auf diese Daten und zwar möglichst online.
– Einen Anspruch auf Auskunft über die gespeicherten Daten gibt es für Ausländer nicht.
– Sogar die Daten derjenigen, die die Menschen nach Deutschland einladen, können registriert und weitergeleitet werden. Das gilt auch für sonstige Kontaktpersonen in Deutschland: Freunde, Bekannte, Familienmitglieder, Geschäftspartner…

DER BUNDESGRENZSCHUTZ: AUF GRENZPATROUILLE IM INLAND
– Schon jetzt darf der BGS im 30 km-Raum von der Grenze sowie u.a. an Flughäfen, Bahnhöfen und in allen Zügen Personen kontrollieren und ggf. die Sachen durchsuchen.
– Zukünftig soll der BGS-Zugriffsbereich im Küstenbereich auf 50 km ausgedehnt werden.
– Große Teile der Nord-Bundesländer, Städte wie Hamburg, Bremen oder Schwerin müssten nun mit permanenter BGS-Präsenz rechnen.
– Mit Grenzüberwachung hat das wenig zu tun, wohl aber mit Rassismus: Denn die Auswahl der Kontrollierten orientiert sich an rassistischen Kriterien:
– Betroffen sind fast ausnahmslos (vermeintliche) Flüchtlinge und Migranten. Für sie ist, z.B. am Bahnhof, das Landesinnere schon längst „Grenzgebiet“. Je dunkler die Hautfarbe, desto verdächtiger.
– Die in Deutschland lebenden Attentäter von New York hätte man mit Kontrollen an jeder Straßenecke übrigens nicht gefunden: Sie hatten fehlerfreie Papiere. BÜRGERRECHTE BESCHNITTEN
– Nicht nur die Grundrechte von Flüchtlingen und Migranten werden durch das „Terrorismusbekämpfungsgesetz“ drastisch beschnitten .
– Bürgerrechtsorganisationen und Datenschützer weisen immer wieder auf den Verlust an Freiheit hin, die jeder Bürger und jede Bürgerin hinnehmen soll.

Terrorismusbekämpfungsgesetz seit 1.1.2002

EUROPÄISCHES PARLAMENT

Entschließung des Europäischen Parlaments zu der justiziellen Zusammenarbeit der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten bei der Terrorismusbekämpfung

Das Europäische Parlament,

E. in der Erwägung, dass die USA einige Sondergesetze wie den „Patriot Act “ und einen Präsidentenerlass über Militärgerichte angenommen haben,

F. besorgt darüber, dass der amerikanische und der europäische Ansatz in mancher Hinsicht unvereinbar sind und dies den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus schwächt,

1. betont, dass jedes internationale Abkommen über polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, das die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten unterzeichnen, die EMRK und damit die Mindestverfahrensgarantien, die die nationalen Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten beinhalten, in vollem Umfang berücksichtigen muss; insbesondere müssen folgende Grundsätze gewahrt sein:

  • Datenschutzbestimmungen (selbst wenn zeitlich begrenzt) über elektronische Überwachungsvorrichtungen dürfen nicht unverhältnismäßig stark eingeschränkt werden,
  • jegliche Diskriminierung von Bürgern aus Drittstaaten gegenüber solchen aus Nicht-Drittstaaten, die gegen die EMRK verstoßen würde, ist unzulässig,
  • der Schutz der Grundrechte in Bezug auf die Überwachung der Kommunikationen zwischen einem Häftling und seinem Anwalt ist zu gewährleisten,
  • Garantien für ein faires Verfahren müssen gemäß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geboten werden;

2. ist der Auffassung, dass der amerikanische „Patriot Act“, der Nicht-US-amerikanische Bürger diskriminiert, und der Präsidialerlass von Präsident Bush über Militärgerichte gegen die obengenannten Grundsätze verstoßen;

3. vertritt die Auffassung, dass bei dieser Rechtslage rechtliche Probleme daraus entstehen könnten, dass in den USA Terroristen als Kriegsverbrecher gelten,..; deshalb könnten EU-Mitgliedstaaten Personen, die vor ein Militärgericht gestellt werden sollen, nicht an die USA ausliefern;

4. ist besorgt darüber, dass im Erlass des Präsidenten weder die Grenzen der Rechtsprechungsgewalt noch die Unschuldsvermutung oder das Recht auf Anrufung eines unparteiischen Richters definiert und insbesondere eine Entscheidung mit Zweidrittelmehrheit über die Verhängung von Strafen, darunter auch der Todesstrafe, zugelassen werden;

5. fordert erneut die völlige Abschaffung der Todesstrafe in den USA …

6. fordert, dass Ausweisungs- oder Abschiebungsverfahren nicht als verkappte Auslieferungsverfahren eingesetzt werden,…

Protokoll vom 13/12/2001

EUROPARAT

RICHTLINIEN DES MINISTERKOMITÉES DES EUROPARATS ÜBER MENSCHENRECHTE UND DEN KAMPF GEGEN TERRORISMUS VOM 15. JULI 2002

PRÄAMBEL
…die Verpflichtung der Staaten beteuern, in ihrem Kampf gegen den Terrorismus die internationalen Rechtsinstrumente zum Schutz der Menschenrechte und, für die Mitgliedsstaaten insbesondere, die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu respektieren.

…nimmt die folgenden Richtlinien an und fordert die Mitgliedsstaaten auf, sicherzustellen, daß sie in weitem Umfang bei allen Behörden, die für den Kampf gegen den Terrorismus zuständig sind, verbreitet werden.

  • WILLKÜRVERBOT
    Alle Maßnahmen … müssen die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit unter Ausschluss jeder Form von Willkür und diskriminierender oder rassistischer Behandlung beachten und angemessener Kontrolle unterworfen sein. Alle Maßnahmen… müssen gesetzmäßig sein.

    Falls eine Maßnahme Menschenrechte einschränkt, müssen die Einschränkungen so genau wie möglich umschrieben werden und für die Erreichung des verfolgten Zweckes notwendig und angemessen sein.

  • ABSOLUTES FOLTERVERBOT
  • DATENSCHUTZ
  • SCHUTZ DER PRIVATSPHÄRE
  • VERHAFTUNG UND INHAFTIERUNG
    Eine terroristischer Aktivitäten verdächtigte Person darf nur bei begründetem Veracht verhaftet werden und muß über die Gründe der Verhaftung informiert werden.

    Eine wegen terroristischer Aktivitäten verhaftete oder inhaftierte Person muß unverzüglich einem Richter vorgeführt werden.

    Eine solcher Person muß in die Lage versetzt werden, die Rechtmäßigkeit ihrer Verhaftung oder ihres Polizeigewahrsams gerichtlich überprüfen zu lassen.

    Ausschluß der Todesstrafe bzw. ihrer Vollstreckung.

  • GEFÄNGNIS
    Eine Person, die wegen terroristischer Aktivitäten ihrer Freiheit beraubt ist, muß in jeder Situation menschenwürdig behandelt werden.
  • ASYL, RÜCKKEHR („REFOULEMENT“) UND ABSCHIEBUNG
    Alle Asylanträge sind individuell zu behandeln.

    Es ist die Pflicht des Staates, der einen Asylantrag entgegen genommen hat, sicher zu stellen, dass die eventuelle Rückkehr eines Asylbewerbers in seine Heimat oder ein anderes Land diesen nicht der Gefahr der Todesstrafe, der Folter, oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung aussetzt.

    Gruppenausweisung ist untersagt.

Richtlinien vom 15. Juli 2002

THE SECRETARY-GENERAL

KEYNOTE ADDRESS
AT THE PRIME MINISTER’S DINNER
FOR THE STOCKHOLM INTERNATIONAL FORUM ON COMBATING INTOLERANCE

Stockholm, 29 January 2001-01-30

Mr. Prime Minister,

Excellencies and friends

It is indeed an honour to address you this evening. Nane and I are especially thrilled to be with you in this legendary City Hall, known far beyond the shores of Sweden for its striking silhouette, and for its Nobel Prize dinners. I certainly hope that I can live up to this illustrious setting!

Let me start by congratulating you and choosing such a timely theme for this Forum.

Your work will provide valuable input to the World Conference on racism later this year. It will also, I hope, come to benefit a range of the activities of the United Nations – for intolerance lies at the core of many of the problems we face.

So what is intolerance? Essentially, it is a rejection of diversity – usually because for some reason or other, diversity is perceived as a threat. It is a major cause of many of today’s wars. In its extreme form, it leads to ethnic cleansing and genocide.

This conference therefore follows on logically from last year’s Stockholm International Forum on the Holocaust.

The United Nations itself was born out of the very lessons of the Holocaust that marked Europe’s darkest hour. Today we tackle the problems of intolerance on many fronts and at many levels. Let me give you a few examples.

Tolerance amid diversity is the starting point for the current “ United Nations Year of the Dialogue among civilizations“.

The dialogue seeks to promote the understanding that the rich diversity of cultures can be a source of betterment and growth, it is rooted in an overarching global civilization based on shared values of tolerance and freedom.

This morning, you have heard from Mrs. Robinson about her work of her Office, with its advocacy and action at grass-roots and national levels, engaging Government and civil society alike.

You will also have heard her stress the role that the upcoming World Conference against racism can play in giving a new impetus to the fight against intolerance and racism worldwide.

  • Ultimately, the UN’s work to promote tolerance is fundamental to both conflict prevention and peace-building. Without tolerance, our work on development and good governance would achieve little.
  • And of course, education is crucial to the promotion of a culture of tolerance. This work has been the cardinal mission of UNESCO since the organization’s inception and is eloquently framed in its charter (and I quote): „Since wars begin in the minds of men, it is in the minds of men that the defences of peace must be constructed.
    • These basic points may not seem necessary to dwell upon in Western Europe, a part of the world which sees itself – sometimes rightly – as a beacon of tolerant civilization.

      But even the most liberal societies usually turn out to have their blind spots.

      In many parts of Europe, immigration appears to have reached the „threshold of tolerance“ as the late president Mitterand described it. Governments have reacted by trying to limit the numbers of immigrants.

      In some cases, such measures may be understandable. But it is important to remember that most of the immigrants come to a country because it is work for them to do there.

      In the case of Western Europe – as the latest United Nations demographical studies indicate – this may be even more relevant in the future. The need for immigrants to bolster the workforce will increase, as the profile of Europe’s own population grows older.

      It follows that it is vital to do more to educate people about what immigrants are doing there. To explain the contributions they make. To make clear that they should be seen not as a problem but as a solution. To spell out the fact that high crime rates stem not from ethnic origin, but from poverty, exclusion and bad social conditions.

      Educating the young is especially important in this regard as well. It must build on two simple truths: no one is born prejudiced; neither is any child immune to intolerance. Children will respond to the social environment they are exposed to – and you know how it is with children, if they observe an attitude or hear a line that is new to them, they will pick it up and imitate it.

      As an example of that point, let me mention the story of a quintessentially liberal Nordic UN colleague who was posted to a developing country with his seven year old daughter.

      One day the little girl had to ride home from school unaccompanied in a taxi, and the driver accidentally took a wrong turn, as could happen to anyone. What shocked the liberal ears of our UN colleague was to hear this seven-year-old daughter exclaim when she finally arrived home (and I quote): „These bloody natives. You can’t trust them an inch.“ When questioned, she said she had picked up the line by listening to some grown-ups at a party.

      Fortunately, this girl had a father who quickly put his very good-natured daughter back on the right track. But, not every child is so lucky.

      And while educational institutions have made much progress in devising curricula that teach the value of diversity and empathy, we must develop that work further. We must make use of the unique learning capacities that have made the human species so successful in evolution.

      We must learn to understand better the needs of our fellow human beings who happen to be immigrants. They need to be integrated, not assimilated. In other words, they need to be helped to join in society, without being asked to sacrifice their culture.

      The New York Times recently ran an excellent series of articles on crossing borders and testing tolerance in Europe. It told the story of a Turkish immigrant in Germany who summed it up wonderfully (and I quote): „Does integration in Germany mean I have to give up my Turkish identity? Then I say no. Does it mean Christianity? No. Or does it mean that I learn other things and the Germans help me to do so and we can talk and reach out to reach out to each other? Then I say, yes.“

      Right now, however – and in contrast to North America, for instance – Europe is saying mostly „no“ to new immigration.

      And the tighter the immigration policy, the greater the strain on the asylum system. This, regrettably, is inevitable. When there is no way for people to enter a country as legal immigrants, some are going to try to enter as asylum seekers instead.

      This situation result in stricter and more cumbersome procedures for weeding out genuine from „bogus“ asylum seekers.

      In that context, let us remember that a bogus asylum seeker is not equivalent to a criminal; and that an unsuccessful asylum application is not equivalent to a bogus one.

      Too often, Governments try to prevent asylum seekers from arriving in the first place, by effectively extending the countries frontiers – for instance, by forcing airline employees to substitute themselves for immigration officials. In some countries, authorities expel asylum-seekers with little or no examination of their claims. The result is that some people risk being sent back to countries where their freedom, their safety and even their lives are in danger.

      In other cases, Governments have not invested adequately to ensure prompt and fair procedures, leading to long delays in processing asylum applications. It means that some asylum-seekers are not allowed to work for months or even years while their cases are examined, and receive only minimal support for themselves and their families while they are in limbo.

      Ladies and Gentlemen, the general impression is that in reacting to the immediate pressures, Europe has adopted politically popular measures that contradict its relative prosperity and its prospected need for greater numbers of immigrants in the future.

      Consequently, I regret to say, there are some indications that Europe is losing sight of its duty to protect refugees under international law, as set out in the 1951 Convention. This is a source of deep concern to me, and risks having enormous impact on other regions who look to Europe as an example.

      It is a concern that will be high on the agenda of the new High Commissioner for Refugees, Mr. Ruud Lubbers, who as Prime Minister of the Netherlands played a key role in the European Union for many years.

      Allow me, then, Mr. Prime Minister, to congratulate you and your country on holding this Forum so early in your presidency of the European Union.

      It is my hope that Sweden – with its outstanding tradition of promoting tolerance, human rights and democratic values worldwide – will use its time at the helm of Europe to work for change:

  • for a positive re-appraisal of EU asylum policies, with basic international treaty obligations and human right in mind;
  • for a commitment to promoting inclusiveness and empathy in the diverse societies that already exist in Europe;
  • and for teaching tolerance to all people, young and old.
    • My dear friends, I wish you a most inspiring continuation of this Forum. Thank you very much. Tack alla samman, och lycka till.

Robert Cooper Außenpolitischer Berater von Tony Blair

DER NEUE LIBERALE
IMPERIALISMUS

„Die Herausforderung für die postmoderne Welt besteht darin, sich mit der Idee einer Doppelmoral vertraut zu machen.

Unter uns agieren wir auf rechtsstaatlicher Basis und in offener Sicherheitspartnerschaft.

Wenn es aber um rückständige Staaten außerhalb des postmodernen europäischen Kontinents geht, müssen wir rauhere Methoden einer früheren Epoche – wie Gewalt, Präventivschläge und Täuschung – anwenden, Methoden, die erforderlich sind, um mit denen zurecht zu kommen, die noch im 19. Jahrhundert. Wo jeder Staat für sich bestand, leben.

Unter uns halten wir uns an die Gesetze. Wenn wir aber im Dschungel operieren, dann wenden wir die Gesetze des Dschungels an.“

OBSERVER, 7. April 2002

NGOs IM WANDEL

Beginn: Stachel im Fleisch von

– Regierungen
– Weltbank
– Welthandelsorganisation
– Internationalem Währungsfonds
– Konzernen

Ziel:

– mehr Gerechtigkeit und Menschenrechte
– mehr Demokratie
– mehr Partizipation
– mehr Transparenz

dann: Dialogpartner

1972 erste UN-Umweltkonferenz
1992 Rio

Brundtland-Bericht:
„Ohne die NGOs können die Probleme von Umwelt und Entwicklung nicht in Angriff genommen werden.“

Von da an in:
– Gremien
– Podien
– Konferenzen
– Regierungsdelegationen

intensive Lobby-Arbeit
Finanzierung
durch
– Staat
– EU
– Stiftungen
– Wirtschaft

für
– Lobbyarbeit
– Publikationen
– Personal
– Reisen

Karriereaussichten bei

– UN
– Weltbank…
– Verbänden

Erfolge und Einfluss bei:

– Konzepten
– Verhandlungen,
– Beschlüssen

Strukturen:

– Professionalisierung
– globale Vernetzung
– Internet

Strategie:

Konstruktive Lösungen
statt
Fundamentalkritik

ERNÜCHTERUNG

– geringe Fortschritte (Rio!),
– schwerfällige UN
– nicht verwirklichte Beschlüsse

Mehr Teilhabe bedeutet nicht größeren Einfluss

Je härter die Themen, umso geringer der Einfluss der Zivilgesellschaft,
umso stärker der von
– Wirtschaft,
– Finanzen,
– Handel,
– Militär

außerdem:
– Die Rolle eines Nebendarstellers auf der Weltbühne bindet viel Kraft und schwächt den Protest.
– Regierungen legitimieren sich zu leicht.
– Wirtschaftsverbände entdecken die soziale Komponente
– Gefahr der Vereinnahmung
– Geringe Vertretung der Süd-NGOs.

NEUE STRATEGIE:

– weniger mit UN oder Regierungen,
– sondern Anti-Globalisierungsbewegung auf Distanz (z.B. Attac)

Wieder Stachel im Fleisch?

(nach Uwe Hoering, Der freundliche Overkill, in FR v. 9.7.2002)

Die Kanadierin Naomi Klein (32) ist eine der profiliertesten Vertreterinnen der Anti-Globalisierungsbewegung und Autorin des Bestsellers No Logo

WELTGIPFEL JOHANNESBURG 2002

„Es hat keinen Sinn, mit Regierungen zu reden“

Die Kanadierin Naomi Klein (32) ist eine der profiliertesten Vertreterinnen der Anti-Globalisierungsbewegung und Autorin des Bestsellers No Logo. Den Erdgipfel in Johannesburg hält sie schon im Vorhinein für einen Misserfolg, vor allem weil die UN Wirtschaftsunternehmen zuviel Mitspreacherecht einräumt.

Dieser Pakt mit dem Teufel wurde bereits vor zehn Jahren in Rio geschlossen. Schon damals dachten die UN, sie müssten die Geschäftswelt an Bord holen. Wohl auch, um sich Riesensummen an Sponsorship für die UN-Konferenzen zu sichern.

Die Unternehmen subventionierten sogar die Gruppen der Zivilgesellschaft, die sich im NGO-Forum zusammengeschlossen haben, allerdings mit Bedingungen:

Sie mussten auf ein Mitentscheidungsrecht verzichten. Heute hat sich der Einfluss der Unternehmen auf den Gipfel weiter drastisch verstärkt“.

„Schauen Sie sich die Massenmobilisierung etwa in Lateinamerika an. Da findet gegenwärtig eine Revolution statt, die im Rest der Welt gar nicht richtig wahrgenommen wird. Die Bewegungen gegen die Privatisierung von Wasser oder von Telefongesellschaften, gegen umweltzerstörende Modelle von Landwirtschaft oder die Vertreibung der Landbevölkerung: Sie alle bilden den Grundstock für eine andere, nicht vom Big Business bestimmte Globalisierung. Daran sollten sich die UN orientieren.

Es ist Zeitverschwendung, mit den Regierungen zu reden – sie werden von den Unternehmen beherrscht. In den USA erleben wir gegenwärtig die völlige Verschmelzung zwischen Regierung und Geschäftswelt …

Die Leute beginnen langsam zu verstehen, dass sie ihren Führern nicht trauen können und das ist großartig.

Frankfurter Rundschau vom 25.8.2002
Johannes Dieterich

Sozialforum Genua

Widerstand gegen das G8-Treffen am 16./17.Juli 2001 in Genua – weltweite Teilnahme von 700 Organisationen – durch das Internet koordiniert – Motto: „Eine andere Welt ist möglich“

Am 30. November 1999 verhinderten 50.000 Menschen in Seattle/USA

für einen Tag die Ministertagung der Welthandelskonferenz (WTO) aus Protest gegen die ungerechte Weltwirtschaftsordnung. Monatelang war auf Dutzenden von Websites diese Demonstration vorbereitet worden. Seattle gilt als Durchbruch für das Internet als globales Kampagnen-Medium

An diese Erfahrungen knüpfte das Sozialforum von Genua an, dessen bedeutender Protest durch den von der italienischen Polizei zu verantwortetenden Tod eines Demonstranten überschattet war.

Wiederum erweist sich das Internet als weltweite Plattform, die Organisationen unterschiedlichster thematischer und politischer Ausrichtung zusammen führt. Es handelt sich um lokale, regionale, nationale und internationale Organisationen. Gemeinsame werden sie zur gefürchteten Gegenmacht für die hemmungslose Globalisierungspolitik.

G8 GENUA 2001

Weltsozialforum Porto Alegre II

Gegengipfel zur Weltwirtschaftskonferenz in New York. Er fand vom 31.1 – 5.2.2002 mit 60.000 TeilnehmerInnen aus 150 Ländern im brasilianischen Porto Alegre statt.

Claus Leggewie:
„Porto Alegre II, das am Dienstag zu Ende: gegangene „Forum Social Mundial“, war größer und bunter als sein Vorgänger im vergangenen Jahr: eine Mischung aus Sommeruniversität und Teach-in, aus alternativem Kirchentag und Dauerdemo, die viele Protestkulturen in sich vereint. Das Agitationsstakkato rotgewandeter Landarbeiter und Gewerkschaftler wechselte ab mit der spröden, faktengesättigten Suada ergrauter Ostküstenintellektueller, die scharfe Rhetorik smarter Bewegungsadvokatinnen mit der selbstironischen Show der Computerfreaks. Diese Spannbreite ist nicht die Schwäche, sondern das kulturelle Kapital der globalisierungskritischen Weltbewegung, die Wissensunterschiede und politische Differenzen erstaunlich egalitär behandelt und im Sinne der Generallinie klug latent hält“.

Frankfurter Rundschau vom 9.2.2002

Antonio Negri Mitverfasser von „Empire – Die Neue Weltordnung“ (2002)

ITALIEN EIN JAHR NACH
DEM SCHOCK VON GENUA

Die neue Bewegung Ringelreihen

Vor einem Jahr haben die Großdemonstrationen gegen den G-8-Gipfel in Genua die Italiener jäh wachgerüttelt.

Einige Monate zuvor war die Linke hinweggefegt worden, und der mit überwältigender Mehrheit gewählte Silvio Berlusconi bildete sich ein, er könnte nun nach Belieben regieren.

Doch Genua machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Die Bewegung der Globalisierungsgegner hat die Bürger wieder mobilisiert, neue Kampfformen wurden entwickelt, die Offensive der arbeitenden Bevölkerung geht an zahlreichen Fronten unvermindert weiter.

Paradoxerweise eröffnet der Sieg der Rechten, indem er eine erneute gesellschaftliche Mobilisierung provoziert, die Hoffnung auf eine Neukonstituierung der Linken und eine Umgestaltung der Republik.

Damit zeichnet sich ein neues Szenario ab: Basisaktivisten, Intellektuelle, Lehrer, Frauen rebellieren gegen die schwache Führung der Linken und gegen die Unfähigkeit ihrer politischen Vertreter. Man nennt sie den movimento dei girotondi, die Bewegung Ringelreihen.

Dabei richtet sich der Protest weniger gegen die Sozialdemokratie an sich als vielmehr gegen die Trägheit und Leere ihrer führenden Köpfe. Seinen Ausdruck findet er in Demonstrationen linker Männer und Frauen, an denen auch ein paar angesehene Intellektuelle teilnehmen…

Parallel zur intellektuellen Kritik an der Sozialdemokratie entwickelten sich auch die sozialen Bewegungen weiter. Italien erlebte landesweit eine Welle von Protestkundgebungen…

Auch die Immigranten demonstrierten in Rom und in anderen Städte gegen den Bossi-Fini-Gesetzentwurf, der die Rechte von Einwanderern – und insbesondere die Bewilligung der Aufenthaltsgenehmigung – an einen Beschäftigungsnachweis koppeln sollte…

Eine weitere Protestfront bildete sich gegen die von der Regierung Berlusconi durchgeführte Reform des Schulsystems: Über Wochen gingen hunderttausende Schüler und Lehrer auf die Straße.

Für die gewerkschaftlichen Bestrebungen bedeutete Genua – über die vielfältigen Kämpfe hinaus – ebenfalls einen Neuanfang.

… ließ sich die Gewerkschaftsführung auf das Terrain der unabhängigen Bewegungen locken, sie tat sich mit den „Genuesern“ und den Ringelreihen tanzenden Menschenketten zusammen und brachte damit auch der Bewegung gegen den Krieg, gegen die Schulreform und gegen die Diskriminierung der Zuwanderer neuen Zulauf. Und so führte der lange Marsch, der in Genua begonnen hatte, ein knappes Jahr später nach Rom – wo sich am 23. März 2002 drei Millionen Menschen versammelten.

Le Monde diplomatique, August 2002

ATTAC

Association for the
Taxation of financial
Transactions for the
Aid of
Citizens

Ursprünglich entstanden zur Durchsetzung der Tobin-Steuer – nach Genua Dachorganisation zur Durchführung des Weltsozialgipfels

Die Tobin-Steuer ist als Besteuerung aller finanziellen Transaktionen gedacht. Mit den Einnahmen soll ein gerechterer Ausgleich des wirtschaftlichen Nord-Süd-Gefälles erreicht werden.

Spätestens seit Genua ist diese mittlerweile in 32 Ländern vertretene und international vernetzte Organisation ATTAC praktisch das Dach für die Globalisierungsgegner. Attac organisiert auch den Weltsozialgipfel 2002. Wichtigstes Vernetzungsinstrument mit Links zu anderen Organisationen, mailing-Listen und Kampagnen ist das Internet. Dabei ersetzt das Internet weder Konferenzen noch unmittelbare Protestaktionen.

PRO ASYL ist Mitglied von ATTAC Deutschland.

Im Auftrag der Deutschen Shell befragten die Forscher mehr als 2.500 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren

4. Shell Jugendstudie

Wertewandel bei Heranwachsenden

Jugendliche heute sind pragmatisch. In einem Wertecocktail mixen sie, was ihnen passend erscheint:

Der Politik und den Parteien sprechen die Jugendlichen nur wenig Lösungskompetenz zu.

Sinkendes Vertrauen in Politik

Im Vergleich zu den vorherigen Untersuchungen zeigt die 14. Shell Jugendstudie, dass sich ein Trend deutlich verstärkt hat: Das Interesse der Jugendlichen an Politik ist weiter rückläufig.

Nur 34 Prozent bezeichnen sich als politisch interessiert.

Gerade einmal 35 Prozent würden ganz sicher an Wahlen teilnehmen, weitere 37 Prozent nur „wahrscheinlich“.

Dessen ungeachtet sind die Heranwachsenden gesellschaftlich aktiv.

Dabei orientieren sie sich an konkreten und praktischen Fragestellungen, die für sie auch mit persönlichen Chancen und Nutzen verbunden sind.

Grundlegender Wertewandel

.. „Aufstieg statt Ausstieg“ lautet das Motto, nach dem die Jugendlichen ihre Zukunft gestalten.

Die ideologisch unterfütterte ‚Null-Bock‘-Stimmung früherer Generationen ist passé“

Auf die erhöhten Leistungsanforderungen und Risiken unserer gegenwärtigen Gesellschaft reagiert die Jugend optimistisch und mit erhöhter Leistungsbereitschaft…

Leistung, Sicherheit und Einfluss liegen stark im Trend – ebenso wie Kreativität, Toleranz und Genuss.

Karriere und Familie sind zwei zentrale, gleichberechtigte Zielvorstellungen – gerade auch für Mädchen und junge Frauen.

Presseerklärung – Hamburg/Berlin, 19. August 2002

FORUM MENSCHENRECHTE

  1. Menschenrechte zur Querschnittsaufgabe machen
  2. Die Menschenrechtsgremien der UN stärken
  3. Menschenrechtsabkommen vorbehaltlos umsetzen
  4. Die Mittel gewaltfreier Konfliktlösung ausschöpfen
  5. Menschenrechte über Wirtschaftsinteressen stellen
  6. Straflosigkeit von Menschenrechtsverbrechen beenden
  7. Verfolgung von Minderheiten abwenden
  8. Frauen vor Gewalt schützen
  9. Kinder und Jugendliche besser schützen und fördern
  10. Die Demokratie in der EU ausweiten
  11. Armut im Inland bekämpfen
  12. Sicherheit nicht über Freiheitsrechte stellen
  13. Einwanderung als Chance begreifen
  14. Verfolgten Asyl gewähren
  15. Dem Rassismus entgegentreten
  16. Menschenrechtserziehung fördern

Forderungen an neuen Bundestag und neue Bundesregierung



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