Gewaltenteilung löst sich auf.
Flüchtlinge als Versuchsobjekte?
PRO ASYL: Pervertierung des Asylrechts
Als Skandal, der die Grundmauern unserer Demokratie ins Wanken bringt, bezeichnete Heiko Kauffmann, der Sprecher von PRO ASYL, die gestrige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die Abschiebung der sieben sudanesischen Flüchtlinge. In furchtbarer Weise hätten Auswärtiges Amt, Bundesinnenministerium und Bundesverfassungsgericht zusammengespielt:
Das Auswärtige Amt hat trotz erdrückender Beweise über anhaltende Menschenrechtsverletzungen fadenscheinige Zusagen eines Terrorregimes eingeholt. Der Bundesaußenminister trägt die Verantwortung. dafür, daß die deutsche Außenpolitik im Fall der Sudanesen innenpolitischen Interessen des Bundesinnenministers untergeordnet wurde. Er ist mitverantwortlich für die Abschiebung der sudanesischen Flüchtlinge. „Flüchtlinge sind keine Versuchsobjekte, um die Verläßlichkeit der Verbalnoten eines Folterregimes zu testen“, erklärte PRO ASYL-Sprecher Kauffmann.
Der Bundesinnenminister hat mit unnachgiebiger Härte die Zurückweisung der Sudanesen betrieben. In den letzten Wochen wurde in einer bisher nie da gewesenen Weise das höchste deutsche Gericht unter Druck gesetzt.
Bereits vor dem Gerichtsurteil wurden zwischen 10 und 11 Uhr die Sudanesen zur Abschiebung Richtung Flugzeug geführt.
Noch vor wenigen Tagen hatte Minister Kanther den Kirchen zugesichert, daß die Sudanesen in ein Drittland ausreisen können. Obwohl Flüge bereits gebucht waren und die Zusage eines nordafrikanischen Landes unmittelbar bevorstand, wurden die Flüchtlinge in einer Nacht- und Nebelaktion gestern nacht abgeschoben.
Das Bundesverfassungsgericht hat umfassende Belege über die Gefährdung der Flüchtlinge mißachtet und ungeprüft fadenscheinigen Beteuerungen eines Unrechtsregimes Glauben geschenkt. „Es ist die Pervertierung des Asylrechts, daß während des laufenden Verfahrens mit dem Herkunftsland Absprachen über die Rücknahme von Verfolgten getroffen wurden und diese rechtsstaatswidrigen Initiativen der Exekutive üurch die Jurisdiktion nicht gestoppt wurden“, sagte Kauffmann. Der Charakter des Asylrechts werde dadurch ad absurdum geführt. PRO ASYL verweist auf eine Stellungnahme des Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen vom März 1995, in der es wörtlich heißt:
„Nach Ansicht des Hohen Flüchtlingskommissars bringen Kontakte mit den Behörden des Heimatlandes eines Asylbewerbers vor Erlaß eines endgültigen Ablehnungsbescheides Gefahren für den Asylbewerber oder seine im Heimatland zurückgebliebenen Angehörigen. Es kann im Widerspruch zum Flüchtlingsrecht stehen.“
„Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stehen auf dem Spiel“, fuhr Kauffmann fort. Die demokratischen gesellschaftlichen Kräfte seien nun gefordert, die neue Dimension bundesdeutscher Abschottungs- und Abschreckungspolitik, staatlicher Gewalt und Zurückweisung von Flüchtlingen zu verhindern. Wenn Kanther freie Hand behielte, liefe diese Politik auf die Perversion des Rechtsschutzgedankens für Flüchtlinge und auf die Gefährdung des Rechtsstaates hinaus. Dies dürfe nicht zugelassen werden.