25.06.1998
dpa
Parlament stimmt Kürzungen
für abgelehnte Asylbewerber zu Bonn
(dpa) Abgelehnte Asylbewerber, die sich nachweisbar Sozialleistungen erschleichen wollen, müssen in Deutschland mit massiven Kürzungen rechnen. Das Parlament in Bonn hat am Donnerstag mit den Stimmen der Regierungsparteien und weiten Teilen der oppositionellen Sozialdemokraten (SPD) für die Sozialkürzungen und damit die Änderung des Asylbewerber-Leistungsgesetzes gestimmt.
Allerdings werden nach dem angenommenen entschärften Gesetzentwurf wesentliche Gruppen von Ausländern von den Einschränkungen ausgenommen. Für die Kürzungen sprachen sich in einer namentlichen Abstimmung 472 Abgeordenete aus, dagegen waren 107. Enthalten haben sich 27.
«Der Lösungsansatz ist weder inhuman noch ausländerfeindlich», sagte Gesundheitsminister Horst Seehofer. Wer ausreisepflichtig sei, könne nicht uneingeschränkt staatliche Gelder in Form der sogenannten Sozialhilfe erhalten. Kritik von der Ökopartei Bündnis 90/Die Grünen und dem Menschenrechtsbeauftragten der deutschen Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, die medizinische Versorgung sei nicht mehr gewährleistet, wies Seehofer entschieden zurück.
Im Streit um die Kürzungen hatten sich die Christdemokraten (CDU/CSU) und die mitregierenden Liberalen (FDP) nach langen Auseinandersetzungen erst vor wenigen Tagen auf einen entschärften Gesetzentwurf geeinigt. Der Kompromiß war innerhalb der Parteien begrüßt und als «Durchbruch» bezeichnet worden.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte allerdings den neuen Gesetzentwurf als «unzureichende Abschwächung». Bereits in der Vergangenheit hatten sich Kirchen und Wohlfahrtsverbände scharf gegen die Kürzungen gewendet und diese als «Politik des Aushungerns» bezeichnet.
Die Kürzungen sollen nach dem neuen Entwurf im Gegensatz zur ursprünglichen Initiative der SPD-dominierten Länderkammer (Bundesrat) nur für solche Ausländer gelten, die nachweisbar Mißbrauch begehen. Darunter fallen die, die offensichtlich nur der Leistungen wegen einreisen, sowie die Personen, die ihre Abschiebung durch das Vernichten ihrer Ausweispapiere verhindern wollen.
Ausgenommen werden die Menschen mit dem Status einer Duldung. Darunter sind vor allem Bürgerkriegs-Flüchtlinge aus Bosnien. Von der neuen Regelung sind in Deutschland nach Schätzungen der FDP etwa 20.000 Menschen betroffen.
Seehofer erklärte, daß durch den neuen Gesetzentwurf allerdings nicht das «Problem der illegalen Einreise» gelöst werde. Er hatte vorgeschlagen, zur Verschärfung des Gesetzes die Streichungen bereits bei der illegalen Einreise in Kraft treten zu lassen. Dies taucht in dem neuen Entwurf nicht auf.