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TAG DES FLÜCHTLINGS 1989

Offener Brief an den Bundesinnenminister

Sehr geehrter Herr Minister!

Wir sind entsetzt über den Tod des tamilischen Flüchtlings THIRUMAL THILAGANATHAN am 19. Februar auf dem Frankfurter Flughafen und wenden uns darum in unserer Betroffenheit mit unserem Protest an Sie als den zuständigen Bundesminister des Innern.

Nach Zeugenaussagen hatten eine Reihe von Tamilen aus Sri Lanka mit einer Maschine der AirLanka in Colombo den 7000 km-Fluchtweg angetreten, um in der Bundesrepublik Deutschland Schutz vor Verfolgung zu finden. Bei der Zwischenlandung der UL 525 am Sonntag, 19. Februar 1989 in Frankfurt/ Main wurden diese Asylsuchenden offenkundig von AirLanka-Personal daran gehindert, zum Zweck der AsylantragsteIlung über die beiden Passagierausgänge von Bord der ,Tristar‘ zu gehen.
Da besagten tamilischen Flüchtlingen schon während des Fluges weitgehend Pässe und Flugscheine abgenommen worden waren, sahen drei von ihnen nur noch den Ausweg über die „Serviceluke“ auf das Rollfeld, um nicht über Paris nach Colombo zurücktransportiert zu werden. Für den ersten, THIRUMAL THILAGANATHAN, endete dieser Sprung ins Asyl tödlich; für den zweiten mit schwerer Rückenwirbelverletzung im Krankenhaus.

Wir sehen in dieser Verzweiflungstat eindeutig das Ergebnis der deutschen Abschreckungspolitik gegenüber Asylsuchenden. Denn seit dem Inkrafttreten des neuen Asylverfahrensgesetzes im Januar 1987 mit seinen Konsequenzen für Transportunternehmen ist der Druck auf die Fluggesellschaften zwecks Überprüfung der Reisedokumente immer stärker geworden und hat am 19. Februar beim Air Lanka-Personal offensichtlich zur Verhinderung einer AsylantragsteIlung bei der Zwischenlandung in Frankfurt/Main geführt.

Wir erheben darum schärfsten Protest und fordern Sie unmißverständlich auf, alle diesbezüglichen gesetzlichen Maßnahmen aufzuheben, damit ein Asylantrag überhaupt möglich wird. Zum Schutz der Asylsuchenden fordern wir zugleich, alle Auflagen gegenüber Fluggesellschaften aufzuheben, die dazu führen, daß deren Personal zur Vermeidung von Geldbußen quasi grenzbehördliche Kontrollen vornimmt, und damit Flüchtlinge an der Flucht hindern.
Nur so ist sicherzustellen, daß künftig kein Asylsuchender zu einer solchen oder ähnlichen Verzweiflungstat getrieben wird.
Frankfurt, den 28. Februar 1989

Unterzeichner: Herbert Leuninger, Sprecher von PRO ASYL; Pfarrerin Helga Trösken, Pröpstin für Frankfurt; RA Victar Pfaff, RA Dr. Reinhard Marx, Frankfurt; Diether Heesemann, Leiter der Ökumen. Werkstatt; Frankfurter Rechtshilfekomitee für Ausländer; Evangelische Studentengemeinde, Frankfurt; Pfarrer Hans-Jürgen Roth, Schwalbach; Ingeborg Brake, Ingrid Kulenkampf, Bärbel Lemke (amnesty international, Frankfurt); Francette Gutberlet, Volker Morawitz, Harald Schuster (Frankfurter Flüchtlingsbeirat); Pfarrer Dr. Paul Löffler, Leiter des Amtes für Mission und Ökumene der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau; Pfarrer Heinz-Günther Gasche, Hauptgeschäftsführer des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau, Frankfurt; Harald Rose, ÖTV Kreisverwaltung Frankfurt; Pfarrer Dr. Fritz Weissinger; Birgit Plank, Flughafensozialdienst; Bernhard Zepf, Caritasverband Frankfurt; Pfarrer Karl-Georg Gutberlet, Flughafenseelsorger und weitere Einzelpersonen.


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