21.08.1995
Hungerstreik sudanesischer Flüchtlinqe
auf dem Flughafen Frankfurt:
Erster Flüchtling kollabiert
Seit einer Woche keine gründlichen körperlichen Untersuchungen
Neue Vorwürfe gegen den Bundesgrenzschutz
Der gesundheitliche Zustand der seit dem 4. August 1995 im Transitbereich des Frankfurter Flughafens hungerstreikenden Sudanesen verschlechtert sich weiter. In der vergangenen Nacht wurde einer der Hungerstreikenden nach einem Kollaps bewußtlos. Nach der Versorgung einer Platzwunde am Kopf wurde der Betroffene in das Flüchtlingsgebäude C 182 im Transit zurückgebracht.
Bedingt durch ungeklärte Zuständigkeits- und Kostenfragen hat seit letzten Montag keine eingehende ärztliche Untersuchung aller Flüchtlinge, insbesondere keine mit offiziell amtsärztlichem Charakter, stattgefunden. Letztmals hatte ein bislang noch namentlich nicht bekannter Arzt am 15. August 1995, unmittelbar vor der geplanten und durch das Bundesverfassungsgericht verhinderten Abschiebung, nach bloßem Augenschein eine Flugtauglichkeit aller Hungerstreikenden attestiert.
Die Rechtsanwältin, die die von PRO ASYL direkt unterstützten Fälle vertritt, hat inzwischen neue Eilanträge beim Frankfurter Verwaltungsgericht eingereicht, die auf die Gestattung der Einreise zielen. Insbesondere werden der drastisch verschlechterte Gesundheitszustand der Flüchtlinge sowie die Berichterstattung in den Medien, insbesondere einer arabischen Tageszeitung, geltend gemacht, die die Gefährdung erhöht haben. Daneben wird gerügt, daß die unzureichende Befassung des Verwaltungsgerichtes mit den bislang vorgetragenen Sachverhalten eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. Falls dennoch eine Abschiebung durchgeführt wird, so soll der Bundesgrenzschutz durch einen Hilfsantrag verpflichtet werden, die Asylunterlagen der Sudanesen gegen ihren Willen nicht im Reisegepäck zu verstecken.
Inzwischen sind nämlich weitere Vorwürfe der Flüchtlinge gegen den BGS bekannt geworden. Um ihre Asylunterlagen nicht den Sicherheitsbehörden des Sudan bei der Ankunft im Flughafen Khartoum in die Hände fallen zu lassen, hatten sie beabsichtigt, die Papiere zu zerreißen. Statt dessen haben nach ihren Aussagen BGS-Beamte diese an sich genommen. Die Gewißheit der Flüchtlinge, der BGS würde diese Unterlagen behalten oder vernichten, trog jedoch. Als die Flüchtlinge nach der gescheiterten Abschiebung wieder in das Transitgebäude C 182 zurückgebracht wurden, fanden sie diese Unterlagen in ihren Koffern, auf denen bereits der Gepäckaufkleber für den Flug Frankfurt – Khartoum angebracht war. Niemand hatte sie über den Verbleib der Unterlagen unterrichtet. Bei der mit Sicherheit durchgeführten Kofferkontrolle in Khartoum wären sie höchster Gefahr ausgesetzt gewesen. Nach Ansicht der Flüchtlinge beweise dieses Verhalten des BGS, daß er mit dem sudanesischen Regime zusammenarbeite.