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08.05.1997

Lebertransplantation abgelehnt:
Kurdischer Flüchtling in Lebensgefahr
VG Frankfurt: Der Gesetzgeber hat die
möglicherweise tödlichen Folgen in Kauf genommen
PRO ASYL: Eine „Art Todesurteil“


Der Hochtaunuskreis hat die Kostenübernahme für eine möglicherweise lebensrettende Lebertransplantation abgelehnt. Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichtes Frankfurt hat dies für rechtmäßig erklärt.

Dies, obwohl sich der Gesundheitszustand des unter chronischer Hepatitis und einer davon herrührenden Leberzirrhose leidenden Patienten, einem 28-jährigen kurdischen Flüchtling aus der Türkei, rapide verschlechtert hat und die behandelnden Ärzte bereits im November 1996 zu dem Schluß gekommen sind, daß eine lediglich medikamentöse Therapie keine Aussicht auf Erfolg hat. Nur eine Transplantation kann nach ärztlichen Dafürhalten das Leben des Patienten retten.

Der Patient gehört zu dem Personenkreis, für den das Asylbewerberleistungsgesetz im ersten Jahr des Aufenthaltes (künftig während der ersten drei Jahre) im Krankheitsfall nur einen eingeschränkten Anspruch auf ärztliche Versorgung gewährt. Die 8. Kammer des VG Frankfurt vertritt in einer restriktiven Interpretation des Gesetzeswortlautes die Auffassung, die Kosten für eine Lebertransplantation gehörten nicht zu den zu gewährenden Leistungen. Der Gesetzgeber habe definitiv gewollt, daß unaufschiebbare Behandlungen bei zum Zeitpunkt der Einreise bereits bestehenden chronischen Erkrankungen nicht zu den nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewährenden Leistungen gehören sollten.

Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL und der lokale Arbeitskreis Asyl Friedrichsdorf am Wohnort des Betroffenen kritisieren sowohl die Haltung des Hochtaunuskreises als auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Sie bedeute eine „Art Todesurteil“. Sehenden Auges werde unter Verweis auf den angeblichen Willen des Gesetzgebers abgewartet, bis der Patient sterbe oder eine Transplantation kaum noch möglich sei. Das Gericht habe sich mit der Frage, ob nicht im Lichte des Art. 1 Grundgesetz die Wahrung der Menschenwürde eine Behandlung gebiete, überhaupt nicht auseinandergesetzt.

In einem ganz ähnlich gelagerten Parallelfall in Bremen war der türkische Kurde Celal Akan am 26. Juni 1995 gestorben, weil sich die Entscheidung über eine Kostenzusage für die notwendige Lebertransplantation monatelang verzögert hatte. Der bremische Staatsrat Dr. Hoppensack hatte dies einen „leider negativen eindrucksvollen Fall von organisierter Unverantwortlichkeit“ genannt. Bremische Behörden hatten allerdings nicht die Auffassung vertreten, daß die entsprechenden Kosten aus rechtlichen Gründen nicht zu übernehmen seien.

„Im vorliegenden Fall geht es nicht mehr um behördliche Schlamperei unter Kostendämpfungsgesichtspunkten, sondern um Ausgrenzung mit möglicherweise tödlichem Ausgang,“ so Heiko Kauffmann, Sprecher von PRO ASYL.


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