Presseerklärung
18. Oktober 1998
Kongress „Verantwortung für eine neue Politik“
PRO ASYL fordert dringende Nachbesserungen von Rot-Grün
Gefragt sind: Mut, nicht Kleinmut – Visionen statt Restriktionen
Congress „Responsibility for New Politics“
Nachbesserungen beim Asyl- und Ausländerrecht gefordert (AP 18.10.1998)
Auf dem Kongress „Verantwortung für eine neue, zukunftsfähige Politik“ im Gustav- Stresemann-Institut in Bonn (16. – 18. Oktober 1998) appellierte der Sprecher der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL, Heiko Kauffmann, an die Verhandlungsdelegationen der zukünftigen Koalitionspartner von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, für dringende Nachbesserungen des Asyl- und Ausländerrechtes zu sorgen.
Kauffmann forderte den „Bruch mit der ideologisch verkrusteten und festgefahrenen Ausländer- und Asylpolitik der letzten 16 Jahre“. Menschenrechte, Minderheiten- und Flüchtlingsschutz müßten zu den eindeutigen Gewinnern eines Politikwechsels gehören:
„Signal des Aufbruches zu einer zukunftsfähigen Politik wäre die Hoffnung auf Einbeziehung aller in Deutschland lebenden Menschen – und ihre Teilhabe und Gleichbehandlung im Hinblick auf soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Rechte“, erklärte Kauffmann. „Dazu bedarf es des Mutes und der Zumutung – nicht des Kleinmuts und der Verzagtheit.“
Statt der Kontinuität unwürdiger Restriktionen müßten jetzt die humanen Visionen einer anderen Menschenrechts- und Flüchtlingspolitik sichtbar werden und in den Koalitionsvereinbarungen ihren Niederschlag finden.
Beim gegenwärtigen Stand der bereits abgeschlossenen Verhandlungen, bei dem es nur noch zu einzelnen Nachbesserungen kommen könne, seien die Schlüsselworte „Härtefallregelung im Ausländergesetz“ und „großzügige Altfallregelung“ ohne Vorbedingungen und Einschränkungen für alle, die seit fünf Jahren in Deutschland leben, von zentraler Bedeutung.
Wörtlich erklärte Kauffmann: „Eine Härtefallklausel wäre eine Grundvoraussetzung für humanitäre Entscheidungen und Ermessensspielräume. Das Ausländergesetz produziert mit seinen starren Schematismus und eingeengten Rechtsschutzmöglichkeiten im Einzelfall falsche Entscheidungen, die nicht mehr korrigierbar sind.
Als Mitglied der Härtefallkommission in NRW muß ich sagen: Oft kommen wir in der Kommission zu der Überzeugung, daß konkrete und individuelle Härten vorliegen; wir können aber keine Empfehlung an die Behörde abgeben, weil auch wir in dem engen Korsett der bundesweit gültigen Ausländergesetze eingezwängt bleiben. D.h.: Selbst wenn sich – etwa bei abgelehnten Asylbewerbern – hinter den Anträgen bedrückende Schicksale verbergen, die menschlich bewegen, räumt das Bundesrecht den existierenden Härtefallkommissionen leider keine gesetzlichen Spielräume ein und die Ausländerbehörden sind zwingend an die Entscheidungen des Bundesamtes gebunden. Deshalb müssen die Verhandlungen in diesen Punkten noch einmal aufgenommen werden.
Eine Härtefallklausel im Ausländergesetz wäre ein deutlichen Signal des Aufbruchs in eine neue Politik. Es wäre ein deutlicher Bruch zur Kanther`schen Ausländerpolitik der Abwehr, Gleichgültigkeit und Ausgrenzung und der Bruch mit einem als „Fremdenabwehrrecht“ falsch verstanden Ausländer – und Asylrecht. Es wäre das Ende der ideologisch festgefahrenen Politik der letzten 16 Jahre.
Neben einer Härtefallregelung, wäre eine großzügige vorbehaltlose „Altfall“-Regelung ein klares humanitäres Signal mit friedensstiftender Funktion. Sie hätte nicht nur eine Entlastung der Justiz zur Folge, sondern würde der faktischen Integration von Flüchtlingen nach langer Aufenthaltsdauer gerecht werden.
Die Chance des Politkwechsels muss als Startsignal des politischen Aufbruchs verstanden werden und zu einem Klimawechsel in der Gesellschaft beitragen.“