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22.12.1995

„Kein Platz in der Herberge“
PRO ASYL: Hilfe für statt Abwehr von Flüchtlingen
Weihnachtsbotschaft auf eigenes Handeln beziehen


„Die heilige Familie ohne Herberge und die Geburt des Kindes in der Krippe stehen heute mehr denn je als Symbol für die Geschichte von Flucht und Vertreibung“, erklärte Heiko Kauffmann, der Sprecher der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL zum bevorstehenden Weihnachtsfest. Heute seien es vor allem die reichen Industrieländer wie Deutschland, die Flüchtlingen die Türe wiesen, die Herberge abriegelten und ihnen selbst eine Notunterkunft verwehrten. Hochschwangere Flüchtlingsfrauen würden vor der Geburt von uniformierten Grenzschutzbeamten ins Krankenhaus begleitet und dort „bewacht“, um die Fiktion einer „illegalen,“ nicht erfolgten Einreise aufrecht zu erhalten; selbst zweijährige Kinder erhielten Abschiebeandrohungen.

Der Sprecher von PRO ASYL dankte den vielen Initiativen und Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehren- und hauptamtlich mit großem Engagement und fachlicher Kompetenz der staatlich verordneten Unmenschlichkeit gegenüber Flüchtlingen verweigerten. „Das ‚Friede auf Erden‘, den Kern der Weihnachtsbotschaft auf sich und das eigene Handeln zu beziehen, bedeutet heute mehr denn je, sich für Flüchtlingsschutz und Menschenwürde einzusetzen und damit auch Demokratie und Verfassung zu schützen“, erklärte Kauffmann.

Dies sollten auch die Bundesregierung und die Innenminister der Länder beherzigen, die in der Frage der Rückkehr bosnischer Flüchtlinge die „Sensibilität eines Reißwolfes“ bewiesen hätten; so werde traumatisierten Kriegsflüchtlingen, vergewaltigten Frauen, ehemaligen Insassen von Internierungslagern, Folteropfern und Flüchtlingen multiethnischer Herkunft und aus bi-ethnischen Ehen eine schnelle Rückkehr in eine ungewisse Zukunft nahegelegt, noch bevor die Tinte unter dem fragilen Friedensvertrag von Dayton getrocknet sei. Die Gleichung, die Bundeswehr „großherzig auf Friedensfahrt“ nach Bosnien zu schicken und mit den Kriegsflüchtlingen hier kaltherzig umzuspringen, könne nicht aufgehen. Nur eine international abgestimmte und abgestufte Rückkehr – nach sorgfältiger Prüfung und unter strenger Beachtung des Prinzips der Rückkehr in Freiwilligkeit, Sicherheit und mit Würde – und unter Einbeziehung von Flüchtlingen und Flüchtlingsorganisationen, könne zu einer zivilen Absicherung und langfristigen Stabilisierung des Friedensprozesses führen. Kauffmann warnte die Bundesregierung vor „Alleingängen in bilateraler Hast“ und forderte Hilfe für statt Abwehr von Flüchtlingen.


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