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Frankfurter Rundschau
05.06.1998

Kanther will weiter abschieben

NRW bringt aber zunächst keine Albaner mehr nach Kosovo

Von unseren Korrespondenten


BREMEN/DÜSSELDORF, 5. Juni (stg/ vs/fa). Trotz der zugespitzten Lage im Kosovo sieht Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) „überhaupt keinen Anlaß“, einen Abschiebestopp für Kosovo-Albaner auszusprechen, die nach Deutschland geflüchtet sind. Es gebe in Serbien zwar „sehr, sehr unerfreuliche Vorgänge“, sagte Kanther am Freitag in Bremen. „Aber das Land ist nicht im ganzen im Bürgerkrieg“, fügte er hinzu. Daher gebe es innerstaatliche Fluchtalternativen.

„Auf gar keinen Fall“ wolle Deutschland weitere Kosovo-Flüchtlinge aufnehmen, sagte Kanther zunächst. Auf Nachfragen relativierte er diese Aussage. Zunächst gehe es darum, dafür zu sorgen, daß die Kosovo-Albaner „in ihrem Land bleiben können“. Falls die Fluchtbewegung weitergehe, müsse die Völkergemeinschaft für eine „heimatnahe Unterbringung“ sorgen. Auf die Frage, was passieren solle, wenn dennoch Flüchtlinge nach Deutschland kämen, verweigerte Kanther die Antwort.

Nordrhein-Westfalen stellte indes die Abschiebung von Kosovo-Albanern nach Jugoslawien ein. Es handele sich dabei aber nicht um einen förmlichen Abschiebestopp, den kein Bundesland in eigener Zuständigkeit mehr anordnen könne, hieß es aus dem Düsseldorfer Innenministerium. Am Montag wollen die Staatssekretäre aus Bund und Ländern in einer Telefonkonferenz darüber entscheiden, ob ein solcher förmlicher Abschiebestopp erlassen werden kann. Grundlage der Beratungen wird ein Lagebericht des Bonner Außenministeriums über die Lage im Kosovo, den die Innenminister von Bund und Ländern angefordert haben.

Auch Bayern hat seine bisherige rigide Haltung bei der Abschiebung von Kosovo-Albanern abgemildert. „Bis auf weiteres“ sollen nur noch Straftäter ins ehemalige Jugoslawien abgeschoben werden, erklärte das Innenministerium. Außerdem sollen die Abschiebungen vorerst nur nach Belgrad und nicht mehr direkt in die Krisenprovinz Kosovo erfolgen. Damit sei jedoch „kein genereller Abschiebestopp verbunden“, hieß es in der Erklärung von Innenminister Günther Beckstein (CSU).

Die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge „Pro Asyl“ forderte einen sofortigen Abschiebestopp für Kosovo-Albaner.

Ein bis zu seiner Abschiebung im badischen Neuenburg wohnender junger Kosovo-Albaner ist nach Angaben des Müllheimer Friedensrates am 28. Mai von serbischen Einheiten getötet worden, berichtet die Katholische Nachrichten-Agentur.


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