06.03.1998
Internationaler Frauentag am 8. März
Kampagne „Verfolgte Frauen schützen!“
wird bis zur Bundestagswahl fortgesetzt
Schutz verfolgter Frauen in Deutschland weiterhin ungenügend
Ein Jahr nach Beginn der vom Deutschen Frauenrat und PRO ASYL initiierten Kampagne „Verfolgte Frauen schützen!“ zieht PRO ASYL eine kritische Zwischenbilanz. Zwar gibt es bei einigen Lageberichten des Auswärtigen Amtes eine realitätsnähere Darstellung der Verfolgungssituation von Frauen. Positiv ist auch, daß die Konferenz der Frauenministerinnen von Bund und Ländern einen verbesserten Schutz verfolgter Frauen gefordert hat. Die Beschlüsse vom 25./26. Juni 1997 müssen jedoch endlich in die Praxis umgesetzt werden, forderten PRO ASYL und Deutscher Frauenrat. Der Schutz verfolgter Frauen ist weiterhin „völlig ungenügend“. PRO ASYL und Frauenrat werden deshalb die Kampagne nicht wie ursprünglich vorgesehen zum 8. März 1998 beenden, sondern bis zur Bundestagswahl fortsetzen.
Obwohl Menschenrechtsverletzungen an Frauen in vielen Staaten offensichtlich seien, erhielten die betroffenen Frauen in der Regel in Deutschland noch immer kein Asyl. Gründe dafür sind:
- daß den Frauen entweder ihr Verfolgungsschicksal nicht geglaubt wird,
- daß Rechtsgutverletzungen als nicht schwerwiegend angesehen werden,
- daß Verfolgungsmaßnahmen nicht als „politisch“ bewertet werden oder
- daß die Verfolgung angeblich nicht vom Staat ausging und damit als nicht asylrelevant gilt.
„Wir brauchen ein Asylrecht, daß der spezifischen Verfolgungssituation von Frauen Rechnung trägt und verfolgte Frauen wirksam schützt. Frauenspezifische Fluchtgründe müssen im Asylrecht angemessen berücksichtigt werden“, sagte Heiko Kauffmann, Sprecher von PRO ASYL.
Positiv bewerteten PRO ASYL und Deutscher Frauenrat, daß einige Lageberichte des Auswärtigen Amtes die Situation verfolgter Frauen realitätsnäher darstellen. Im Lagebericht zu Afghanistan vom 25. April 1997 werden auf einer DIN A4-Seite die Menschenrechtsverletzungen an Frauen beschrieben. U.a. heißt es: „Gegenüber Frauen und Mädchen kommt es zu massiven geschlechtsspezifischen Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen.“ Diese realitätsnähere Lageeinschätzung führt allerdings nicht zu einer höheren Anerkennungsquote beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Im August 1997 wurde beispielsweise der Asylantrag einer Frau aus Afghanistan mit der Begründung abgelehnt: „Die Antragstellerin hatte sich an die Sharia und die islamischen Regeln, kontrolliert durch Taliban, zu halten.“ Eine politische Verfolgung wurde bestritten. Die Frau hatte sich an einer Demonstration gegen die Taliban beteiligt und war mehrere Tage festgenommen worden. Bei erneuter Aktivität befürchtete sie gesteinigt und getötet zu werden.