TAG DES FLÜCHTLINGS 1997
Informelle Zusammenarbeit –
Tor zu für Flüchtlinge
Frankfurter Allgemeine Zeitung
vom 4.5.1996
INHALT
- Grußwort der Vertreterin der Hohen Flüchtlingskommissarin der Vereinten Nationen (UNHCR) in der Bundesrepublik Deutschland
- Ich bin ein Mißbraucher
- Juristisch wegdefiniert
- Europa nutzt die baltische Sehnsucht nach neuen Grenzen – eine Reportage aus Litauen
- Informelle Zusammenarbeit – Tor zu für Flüchtlinge
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ABSCHIEBEHAFT
- Weggesperrt zum Abtransport
- »Gib dem Herrn die Hand, er ist ein Flüchtling«
- Sachsens evangelischer Bischof besuchte Abschiebungshäftlinge in Leipzig
- In Lumpen gehüllt
- FRAUEN
- »Verfolgte Frauen schützen!«
- Geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen
- Europaparlament: Asylpolitik muß der Lage von Frauen Rechnung tragen
- KIRCHENASYL
- Zur Notwendigkeit des »Kirchenasyls«
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BEISPIELE UND ANREGUNGEN ZUM TAG DES FLÜCHTLINGS 1997
- Anregungen zum Tag des Flüchtlings 1997
- Dem Gedächtnis der Namenlosen
- Eine Verkettung unglücklicher Umstände? oder »Der Trend geht zur Urne«
- Der Tod eines unbedeutenden Mitläufers
- »Abgeschobene erwartet ein gefährliches Folterpotential«
- Die Härtefallkommission
- Illegalisierte Flüchtlinge
Im November 1993 haben die Staaten der Europäischen Gemeinschaft den Vertrag von Maastricht in Kraft gesetzt. Neben die Wirtschaftsgemeinschaft trat die politische Union. Nach wie vor allerdings gibt es innerhalb der Union kein gemeinsames Asylrecht.
Die Asylpolitik ist ebenso wie die Kontrolle der EU-Außengrenzen, die Einwanderung inklusive der Bekämpfung illegaler Einwanderung lediglich eine Angelegenheit von »gemeinsamem Interesse«. Die Zusammenarbeit in diesem Bereich vollzieht sich in Form von Absprachen und Abkommen der Regierungen. Transparenz und demokratische Kontrolle sind in diesem Politikbereich nicht gesichert. Eine wirksame Kontrolle des Europäischen Parlamentes gibt es nicht.
In der praktischen Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und Beamtenstäben der verschiedenen EU-Länder setzen sich jedoch bereits jetzt restriktive Rechtsstandpunkte und Verwaltungspraktiken durch, die befürchten lassen, daß auf dem Weg zu einem gemeinsamen europäischen Asylrecht das Modell die Nivellierung auf dem niedrigsten denkbaren Niveau sein wird.
Ein Beispiel:
Über einige Jahre hinweg hatten algerische Flüchtlinge in Deutschland, zumindest wenn sie politische Betätigung in islamistischen Gruppen geltend machen konnten, bessere Anerkennungschancen im Asylverfahren als in Frankreich. Genau umgekehrt stellte sich die Lage für tamilische Flüchtlinge aus Sri Lanka dar. Die Zusammenarbeit zwischen der französischen Asylprüfungsbehörde OFPRA und dem deutschen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat inzwischen zu einer Annäherung der Standpunkte geführt. Der Direktor der OFPRA hat in wünschenswerter Offenheit formuliert, wie das geschah: »Im Vertrag von Maastricht haben wir die zwischenstaatliche Zusammenarbeit entwickelt. So haben wir erreicht, daß unsere deutschen Kollegen in bezug auf Algerien unsere Politik anwenden. Die Zahl der Asylbewerber ist jetzt in beiden Ländern gleich. Umgekehrt haben wir unsere Haltung gegenüber den Tamilen geändert, die wir vorher bereitwillig als politische Flüchtlinge anerkannten. Die Deutschen haben uns klargemacht, daß sie nicht die gleiche Einschätzung hätten, und wir haben unsere Zahlen den ihren beträchtlich angenähert. Wir befinden uns also in einer Phase der Anpassung zwischen den fünfzehn Mitgliedern der Europäischen Union. Die Chancen der Aufnahme von Asylbewerbern sind überall fast die gleichen.«