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Frankfurter Rundschau
3. September 1998

Heftige Kritik an Asyl-Vorschlägen aus Österreich

„Weiterer Stein in der Mauer rund um die Festung Europa“
Bonn äußert sich vorsichtig

BONN, 2. September (dpa/afp). Die Kritik an der österreichischen EU-Präsidentschaft, die Flüchtlingen künftig politisches Asyl erschweren will, verschärft sich. Sowohl die Grünen als auch die PDS sowie die Menschenrechtsorganisationen Pro Asyl und amnesty international (ai) sprachen sich am Mittwoch vehement gegen die Einschränkung der Genfer Flüchtlingskonvention aus.

„Die Umsetzung dieser Vorschläge würde dazu führen, daß die völkerrechtsverbindlichen Standards zum Schutz von Asylsuchenden und Flüchtlingen weiter sinken und die EU-Mitgliedsstaaten ihre internationalen Verpflichtungen verletzen“, erklärte Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kauffmann. Der ai-Flüchtlingsexperte Wolfgang Grenz sagte, das Asylrecht dürfe auch für Menschen aus Kriegsregionen nicht angetastet werden.

„Dieses Vorhaben stellt einen weiteren Stein in der Mauer rund um die Festung Europa dar“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsgruppe, Ulla Jelpke. Die Grünen im Europaparlament hatten bereits am Dienstag abend die Vorschläge als „bislang beispiellosen Angriff auf die Prinzipien des internationalen Rechts und der Menschenrechte“ kritisiert.

Das Wiener Innenministerium bestätigte, daß den EU-Mitgliedstaaten ein Positionspapier zur Flüchtlingsaufnahme vorgelegt wurde, nach dem die Genfer Flüchtlingskonvention als nicht mehr ausreichend angesehen wird. Die österreichische Regierung, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, verweist unter anderem darauf, daß die Verteilung von Flüchtlingen etwa in Fällen wie Bosnien besser koordiniert werden müsse. Insbesondere die Bonner Bundesregierung hatte wiederholt darüber geklagt, daß Deutschland den Großteil aller Flüchtlinge aufgenommen habe und damit mehr Lasten tragen müsse. Laut Presseberichten soll auch das individuelle Recht auf Aufnahme entfallen. Es werde in dem Papier gefordert, Schutz für Asylbewerber „nicht als subjektives Individualrecht, sondern als politisches Angebot des Aufnahmelandes“ zu gewähren. Demnach wären die Flüchtlinge dann künftig auf den guten Willen der Aufnahmeländer angewiesen.

Die Bundesregierung wollte sich zu dem Papier zunächst nicht äußern. Ein Sprecher des Bonner Innenministeriums betonte, daß es sich um Vorstellungen auf Arbeitsebene aus Österreich handle. Dazu habe es noch keine Abstimmung innerhalb der Bundesregierung oder der EU gegeben. Er betonte aber, die Bundesregierung unterstütze Initiativen, die zu einer Harmonisierung des Asylrechts in der EU sowie zu einer besseren Lastenverteilung führe. Er sprach sich für eine „quotenmäßige“ Verteilung von Flüchtlingen aus.


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