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TAG DES FLÜCHTLINGS 1989

Resolution der „Flüchtlinge in Berlin“

INHALT

Grußwort des Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in der Bundesrepublik Deutschland zum Tag des Flüchtlings 1989

Grußwort der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege

Analysen

Der Parlamentarische Rat und das Asylrecht

„Festung Europa“ – zur neueren Entwicklung der Asylpolitik in der Europäischen Gemeinschaft
Heide Langguth

40 Jahre Grundrecht auf Asyl -ein Pfeiler unserer Verfassung
Günter Burkhardt

Die Saat geht auf: Ausländerhaß
Heribert Prantl

Visumpflicht für Kinder?
Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages

Verfolgt, weil Frau – kein Asylgrund?
Margit Gottstein

Asyl in der Kirche -Erfahrungen aus Berlin
Hanns Thomä-Venske

Abschiebungen in den Libanon?
Erika Görke

Beispiele und Anregungen

Nicht politisch verfolgt? – Cengiz Dogu, ein Flüchtlingsschicksal

Offener Brief an den Bundesinnenminister

„Ich war fremd und obdachlos… und ihr habt mich aufgenommen“
Beispiel für einen Gottesdienst

Stein des Anstoßes – die Gesetzesvorhaben aus dem Bundesinnenministerium

Container-Nacht-Aktion als Auftakt des Tages des Flüchtlings 1988 in Stuttgart

Der Kölner Flüchtlingsrat zur Aussiedlerdiskussion

Resolution der „Flüchtlinge in Berlin“

Ökumenische Aktion in der Fußgängerzone

Speisezettel weist den Weg aus der Isolation

Nur Platz für Bett und zwei Stühle

Statistik

Zum 23. Deutschen Evangelischen Kirchentag, 7. – 11.6.1989 in Berlin

Unsere Heimat mußten wir verlassen, aber leben wir in Eurem Land?

Vor Krieg und Bürgerkrieg, vor politischer, rassischer, religiöser und sexistischer Verfolgung, vor Folter, Gefängnis, Langzeit-und Sippenhaft willkürlicher Erschießung, drohender Exekution, Minderheitenverfolgung und Wehrdienstzwang und wegen anderer Menschenrechtsverletzungen mußten wir fliehen.

Wir kommen aus dem Iran, Irak, Syrien, aus dem Libanon, Sri Lanka, aus Äthiopien und aus der Türkei, um nur einige der Länder zu nennen, in denen massive Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind. Trotzdem finden wir in den meisten Fällen keine Anerkennung als Asylberechtigte. Die Mehrzahl von uns wird aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention, entsprechend Art. 14 AuslG (Gefahr für Leib und Leben bei Abschiebung ins Verfolgerland) hier nur geduldet, und das heißt nichts weiter als die Aussetzung der Abschiebung. In diesem rechtlosen und perspektivlosen Zustand sind wir gezwungen, jahrelang zu leben.

Als Asylsuchende werden uns folgende Lebensbedingungen diktiert:

  • fünf jähriges Arbeits-, Ausbildungs-und Studienverbot,
    zweijährige Zwangsunterbringung in Sammelunterkünften,
  • Ausgabe der um 22 Prozent gekürzten Sozialhilfe in Sachleistungen,
  • 2,50 DM Taschengeld täglich,
  • Bewegungsbeschränkung auf Berlin.

Es ist kein Wunder, daß viele von uns unter diesen Umständen psychisch und physisch krank werden und verzweifeln.

Wir wollen mit Euch in Eurem Land menschenwürdig leben!!!

Deshalb fordern wir:

  • Anerkennung der Fluchtgründe und einen gesicherten Aufenthalt,
  • Recht auf Arbeit, Ausbildung und Studium sowie Schulpflicht für unsere Kinder,
  • freie Wohnwahl und Wohnungen, Bargeldauszahlung der ungekürzten Sozialhilfe, Bewegungs-und Reisefreiheit, Recht auf Familienzusammenführung.

Wir setzen uns dafür ein, daß Länder, in denen weiter Menschenrechtsverletzungen stattfinden, in keiner Weise durch die Bundesrepublik Deutschland unterstützt werden.

Wir fordern offene Grenzen für verfolgte und bedrohte Menschen.

Bitte setzen auch Sie sich für unsere Forderungen ein.


Ökumenische Aktion in der Fußgängerzone

Sie wurden zwar nicht von sehr vielen Passanten angesprochen, aber trotzdem waren der Münchner Dekan Heimo Liebl und sein katholisches „Pendant“, Weihbischof Engelbert Siebler, mit ihrem „Schritt in die Öffentlichkeit“ zufrieden. Hatten Münchens Kirchenrepräsentanten schon im letzten Jahr bei der Woche der ausländischen Mitbürger ökumenische Gemeinsamkeit öffentlich demonstriert, so wagten sie sich diesmal noch weiter: am bundesweit begangenen „Tag des Flüchtlings“ beantworteten beide vor einem Informationsstand beider großer Kirchen in der Fußgängerzone Fragen zur Asylproblematik. Die ökumenische Aktion in München sollte auch dazu dienen, den kirchlichen Gruppen, die in der Landeshauptstadt rund 4000 Asylbewerber in sechs Massenunterkünften betreuen, „den Rücken zu stärken“ .

Der bayerische Flüchtlingsrat, die Innere Mission und die Caritas hatten dort, wo sonst Straßenmusikanten die Passanten unterhalten, eine Fülle von Schautafeln und Informationsmaterial ausgebreitet. Da war unter anderem zu lesen, daß der Wunsch nach Schwangerschaftsabbrüchen bei Asylbewerbern sehr hoch ist und die Zahl der durchgeführten Abtreibungen ständig steigt, weil die Flüchtlinge ihre Situation sehr pessimistisch betrachten. Besonders das fünfjährige Arbeitsverbot für Asylbewerber führt, so eine gemeinsame Verlautbarung von Caritas und Innerer Mission, zu psychosomatischen Beschwerden und starker bis totaler Apathie bei den Betroffenen. Frauen leiden zusätzlich darunter, daß sie wegen der Einheitsverpflegung „eine elementare Aufgabe, nämlich das Kochen“ nicht wahrnehmen dürfen. Viele entwickelten einen regelrechten Putzzwang auf der geringen Wohnfläche, um überhaupt etwas tun zu können.“Es ist wichtig, daß die Kirche auf die Straße geht, auf Mißstände aufmerksam macht und sich den Meinungen, aber auch der Kritik der Menschen stellt“, beurteilte Dekan Liebl seinen „Dienst unter freiem Himmel“.

aus: Bayerisches Sonntagsblatt


Speisezettel weist den Weg aus der Isolation

In Frauengruppe für Asylbewerber Kochen, Basteln und Renovieren

Es duftet fremdländisch. Weder Spätzle noch Maultaschen sind’s, die da in der Aalener Kanalstraße zubereitet werden. Tamilische Gerichte stehen für einen Tag auf dem Speisezettel der kleinen Küche. Mit Lammfleisch, Kartoffeln und einer Art Pfannkuchen drumherum wandert die Mahlzeit in die Friteuse und nachher in ein Dutzend Münder. Es schmeckt. Die lukullische Weltenreise ist jedoch nicht alles; vielmehr treffen sich in der Kanalstraße Frauen und Kinder Aalener Asylbewerber, um dadurch ihre Isolation zu überwinden.

Natürlich tauschen die Frauen aus Sri Lanka, dem Libanon, dem Iran und der Bundesrepublik untereinander Kochrezepte aus. Reihum wird jede vertretene Nationalität bis Weihnachten das Heimatland kulinarisch vorstellen. Die Rezepte werden festgehalten und bis Jahresende in einem Bändchen zusammengestellt.
Den Anfang machten die Gastgeber der Flüchtlinge: die Deutschen. In dieser Woche nun waren die Tamilen an der Reihe. Beim gemeinsamen Kochen in der Küche des Flüchtlingwohnheims entwickeln sich dann Gespräche unter Frauen, wie sie bei anderen Kochkränzlein üblich wären. Bei diesem Kreis aber sind sie etwas Besonderes.

Denn durch das Arbeitsverbot sind Asylbewerber während ihres Anerkennungsverfahrens zur Untätigkeit verdammt. Darunter leiden in erster Linie die Männer, von denen oft noch erwartet wird, daß sie Geld verdienen. Die Frauen kümmern sich derweil um die Familie und Haushalt und geraten zwangsläufig in Isolation; auch die seltenen Sprachkurse werden meistens nur von Männern belegt.

Die DRK-Betreuer der Asylbewerber und der Aalener Freundeskreis der Flüchtlinge riefen deshalb das vierzehntägige Treffen ins Leben. Zu den Unternehmungen gehören zum Beispiel Kochen, Töpfern, Basteln oder die Renovierung der Halle im Hinterhof des Wohnheims.

Die Kinder der Asylbewerberinnen sind derweil gut aufgehoben. Mit spielerischem Ernst verbringen sie unter fachkundiger Betreuung ehrenamtlicher Helferinnen in der Halle des Flüchtlingwohnheims die Stunden. Und leisten ihren Beitrag zum gemeinsamen Essen: Sie bereiteten selbst einen Obstsalat zu. .
Übrigens, deutsche Teilnehmerinnen sind in der internationalen Runde in Aalen willkommen.

aus: Schwäbische Post, 24.9.1988


Nur Platz für Bett und zwei Stühle

Information zum „Tag des Flüchtlings“ Mini-Zimmer wurde im Freien aufgebaut

Einen „Markt der (Un)Möglichkeiten“, der auf die Situation von Asylsuchenden in der Bundesrepublik Deutschland aufmerksam machen wollte, veranstaltete der Flüchtlingsrat Rhein-Sieg zusammen mit der Diakonie Siegburg, der Caritas und Amnesty International am Samstag anläßlich des bundesweit begangenen „Tag des Flüchtlings“ auf dem Marktplatz in Siegburg.

In einem auf dem Boden aufgeklebten sechs Quadratmeter großen Feld hatten die aus verschiedenen Flüchtlingsinitiativen aus dem Kreisgebiet zusammengeschlossenen Veranstalter zwei Stühle, ein Bett und einen Schrank aufgebaut, daneben war mit Kreide der Satz geschrieben: „Sechs Quadratmeter sollen genug sein?“.

Die dargestellte Wohnfläche entspricht nämlich exakt jener Fläche, die für einen Asylsuchenden in der Bundesrepublik nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, das am 10. Mai 1988 über einen Streitfall in Hennef entschied, ausreichend sei.

Dazu hatten die Gruppen Informationsstände und Plakatwände aufgebaut, die auf Einzelschicksale der Flüchtlinge im Kreisgebiet aufmerksam machen sollten. Etwa 2000 Asylsuchende aus Entwicklungsländern und Krisengebieten leben zur Zeit im Rhein-Sieg-Kreis und warten auf die Gewährung von Asyl. .

Dieses Verfahren aber dauert bis zu vier Jahren, erst dann wird von einer Bundesbehörde entschieden, ob die Bewerber im Land bleiben dürfen oder abgeschoben werden. Innerhalb dieser Zeit würden die Asylbewerber unter menschenunwürdigen Bedingungen, ohne Rücksicht auf die verschiedenen ethnischen Gruppen und oft von den Familien getrennt, auf ihre Anerkennung warten, erklärte Reinhild Fischbach, Mitglied der Flüchtlingsinitiative.

Sie dürften keine Arbeit annehmen und das ihnen zugeteilte Wohngebiet auch nicht verlassen. Der Sozialhilfesatz für Asylbewerbende liegt zur Zeit bei 342 Mark, dazu kommt Kleidergeld. Die Ausführungen des Tierschutzgesetzes, fügte die Gymnasiallehrerin hinzu, würden jedem Schäferhund mindestens sechs Quadratmeter Zwingerraum zugestehen.

aus: Rhein-Sieg-Anzeiger, 3.11.1988


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