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TAG DES FLÜCHTLINGS 1996

Für Härtefallregelungen

Günter Burkhardt

Wenn immer mehr Menschen durch die engen Raster des Asylrechts fallen, wird es um so wichtiger, dafür zu streiten, daß sie wenigstens nicht in ein Land abgeschoben werden, wo ihnen Gefahren für Leib und Leben drohen. In der Vergangenheit wurde hier in Einzelfällen einiges erreicht. Doch deutlich wurde: Das Ausländerrecht ist so starr, daß eine ganze Reihe von Fällen nicht human gelöst werden kann. Wir müssen deshalb neben unserer Forderung nach einer Änderung des Asylrechts noch stärker auf eine Änderung des Ausländerrechts drängen. Innerhalb der Regierungskoalition werden Härtefallregelungen im Bereich eigenständiges Aufenthaltsrecht für Ehegatten u.ä. diskutiert. Von Initiativen, zu ähnlichen Regelungen für Asylsuchende zu kommen, ist bisher nichts bekannt. CDU und CSU widersetzen sich hartnäckig einer modernen Einwanderungsgesetzgebung und einer entsprechenden Integrationspolitik. Die FDP konzentriert ihre Anstrengungen auf diesen Bereich. Von ähnlichen Bemühungen im Hinblick auf Härtefallregelungen im Ausländerrecht, von dem Flüchtlinge betroffen sein könnten, ist, abgesehen von der Diskussion um eine Altfallregelung, nichts bekannt.

Härtefallregelungen im Ausländerrecht sind jedoch dringend erforderlich, so daß Innenminister und lokale Ausländerbehörden im Einzelfall die rechtlichen Spielräume haben, um zu einer menschlichen Lösung zu kommen. Der Ökumenische Vorbereitungsausschuß zur Woche der ausländischen Mitbürger und der Deutsche Gewerkschaftsbund haben in ihrem Faltblatt »Für ein humanes Ausländerrecht« konkrete Handlungsspielräume aufgezeigt. Besonders wichtig ist unter dem Gesichtspunkt der Asylthematik die Streichung von § 53 Abs. 6 Satz 2 wie die Streichung von § 55 Abs. 4 Ausländergesetz. Letzterer bedeutet praktisch: Hat ein Gericht im sogenannten Eilverfahren die Vollziehbarkeit der Ausreiseverpflichtung rechtskräftig bestätigt, kann nur noch dann eine Duldung ausgesprochen werden, wenn die Abschiebung unmöglich ist oder für das Herkunftsland bzw. die Personengruppe, der der Flüchtling angehört, ein Abschiebestopp des jeweiligen Bundeslandes existiert. Die geltende gesetzliche Regelung verhindert, daß Petitionen aufschiebende Wirkung haben und daß im Petitionsverfahren zugunsten des Ausländers positiv entschieden werden kann.

Besonders wichtig ist es, politisch Verantwortlichen die Auswirkungen der Asylgesetze zu verdeutlichen. In unserer Arbeit erleben wir oft, daß Politiker in allgemeiner Form für das neue Asylrecht sind. Wenn sie mit den konkreten Auswirkungen konfrontiert werden, werden sie nachdenklich. Ein positiver Ansatz ist die Einrichtung einer Härtefallkommission, wie es sie in Nordrhein-Westfalen gibt. Aufgrund der ersten Erfahrungen schlägt Volker Maria Hügel, der Sprecher des Flüchtlingsrates Nordrhein-Westfalen, vor, solche Härtefallkommissionen auch in anderen Bundesländern sowie auf lokaler Ebene zu etablieren.

Nötig ist ein Trialog zwischen Politik, Ausländerbehörden und denjenigen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, um zu versuchen, die schlimmsten Auswirkungen des Asyl- und Ausländerrechts zu korrigieren. Neben solchen Gesprächen, die oftmals einen nichtöffentlichen Charakter haben, ist es ebenso wichtig, mit Politikern öffentliche Veranstaltungen über die Auswirkungen des Asyl- und Ausländerrechts durchzuführen. In den letzten Jahren haben wir festgestellt, daß sich Politiker von Parteien, die die Asylgesetze zu verantworten haben, gerne solchen Diskussionen entziehen. Auf der anderen Seite sind viele in der Asylarbeit Tätige von Politikern so frustriert, daß sie resignieren und nicht mehr auf einen Dialog mit den politisch Verantwortlichen setzen. Doch eine Sprachlosigkeit in diesem Bereich hilft uns nicht weiter. Politiker sind mit den Auswirkungen ihres Handelns zu konfrontieren. Anhand von konkreten Schicksalen ist ihnen deutlich zu machen, zu welchen Härten das Asyl- und Ausländerrecht führt. Dabei muß bewußt werden: Es geht nicht nur um das Schicksal des einzelnen Menschen, sondern auch um Grundwerte unserer Verfassung und uni Humanität und Rechtsstaatlichkeit, die im Umgang mit den Asylsuchenden auf dem Spiel stehen.


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