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Für eine großzügige Altfallregelung

ProAsyl Aktuell

In ihrer Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 haben sich die Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/ Die Grünen darauf verständigt, eine Altfallregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt zu schaffen. Wörtlich heißt es im Koalitionsvertrag: »Wir wollen gemeinsam mit den Ländern eine einmalige Altfallregelung erreichen.«

Walter Zuber

Kaum war die Koalitionsvereinbarung unterschrieben, meldete sich bereits der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der rheinland- pfälzische Innenminister Zuber, zu Wort und veröffentlichte das Denkmodell einer künftigen Altfallregelung. Die in den Raum gestellten Stichtage (1. Januar 1990 für Alleinstehende, 1. Juli 1993 für Familien mit Kindern) und die weiteren Rahmenbedingungen waren so eng gefaßt, daß nur wenige Flüchtlinge begünstigt gewesen wären.

Inzwischen hat die Innenministerkonferenz am 20. November 1998 beschlossen, daß eine Arbeitsgruppe auf Ministerebene die Frage einer Altfallregelung prüft und »ggf. Grundsätze von Regelungen über den Aufenthalt bestimmter Gruppen von Asylbewerbern mit langjährigem Aufenthalt erarbeitet«.

Warum wir für eine großzügige Regelung sind

Die geplante Altfallregelung muß klar und großzügig sein. Klar, damit langwierige Folgeauseinandersetzungen um ihre Auslegung vermieden werden und großzügig, damit sie ihren humanitären Zweck erfüllen kann. Beides liegt im wohlverstandenen öffentlichen Interesse:

  • Die lokalen Ausländerbehörden würden von aufwendigen und im Vollzug der Abschiebung große Schwierigkeiten machenden Fällen befreit. Häufig ist es auch für die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Behörden nicht nachvollziehbar und im Einzelfall schwer verkraftbar, kraft Gesetzes gezwungen zu sein, Menschen nach langjährigem Aufenthalt abzuschieben. Oftmals sind die Betroffenen in den Gemeinden längst integriert. Die Behörden sehen sich dem vehementen Widerstand von Nachbarn, Lehrern und Freunden der Abzuschiebenden gegenüber, die den Behörden Unmenschlichkeit vorwerfen.
  • Eine großzügige Altfallregelung würde das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, die Justiz und die Petitionsausschüsse der Parlamente entlasten. Während die Verfahrensrückstände beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in den letzten Jahren weitgehend aufgearbeitet werden konnten, gibt es weiterhin einen Verfahrensstau bei den Verwaltungsgerichten. Ein Asylverfahren, das von den Verwaltungsbehörden zügig durchgeführt wird, nicht aber bei den Gerichten, bleibt ineffektiv. Es ist nicht nachvollziehbar, daß das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung zum Asylrecht vom 14. Mai 1996 einerseits der Beschleunigungsmaxime quasi einen verfassungsrechtlichen Rang einräumt und die extrem kurzen Fristen des Asylverfahrensgesetzes für verfassungskonform hält, wenn zugleich eine zügige Entscheidungspraxis im Justizbereich nicht gewährleistet ist. Durch die lange Dauer der Asylverfahren entsteht in der Praxis Integration. Folgt nach vielen Jahren doch noch die Abschiebung, dann ist dies in der Regel mit besonderen Härten verbunden. Im öffentlichen Interesse liegt es auch, die Belastung der Verwaltungsgerichte mit Asylverfahren zu reduzieren. Der Anteil der Asylverfahren an den Eingängen der Verwaltungsgerichte lag im Jahr 1997 bei 43,1 % der Hauptsacheverfahren bzw. 29,5% der Eilverfahren. Die alte Bundesregierung hat den Anteil der Asylverfahren an der tatsächlichen Belastung der Verwaltungsgerichte auf etwa 40% geschätzt (Bundestagsdrucksache 13/ 11329).

Was wir fordern

PRO ASYL hat bereits vor der Bundestagswahl gemeinsam mit Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Initiativgruppen eine zweiteilige Altfallregelung gefordert. Flüchtlinge (auch solche ohne Status), die länger als 5 Jahre in Deutschland sind, sollen eine Aufenthaltsbefugnis erhalten. Darüber hinaus soll auch die Justiz entlastet werden. Ausländerinnen und Ausländer, deren Verfahren bereits vor dem 14. Mai 1996 anhängig war und es zur Zeit noch ist, sollen ebenfalls eine Aufenthaltsbefugnis erhalten. Mit dem 14. Mai 1996 haben wir als Symboldatum den Tag des Grundsatzurteils des Bundesverfassungsgerichts zum neuen Asylrecht gewählt.

Daneben hält PRO ASYL eine gesonderte Altfallregelung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge für notwendig. Diese sollen nach wesentlich kürzerer Zeit eine Aufenthaltsbefugnis erhalten können, weil Kinder und Jugendliche zum einen sehr schnell wissen müssen, wie es mit ihrer Zukunftsperspektive aussieht und zum anderen Integration im Jugendalter durch Schulbesuch und Freundschaften sehr schnell voranschreitet. Es handelt sich zudem um einen überschaubaren Personenkreis, bei dem die Zahl der Abschiebungen in der Praxis in den letzten Jahren nicht allzu hoch lag. Auch sind die Neuzugänge unbegleiteter Minderjähriger in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen.

Die Art und Weise, wie sich insbesondere einige Länderinnenminister zur geplanten Altfallregelung geäußert haben, weckt Befürchtungen. Die Innenminister einiger sozialdemokratisch regierter Bundesländer wollen offensichtlich eine nur hinsichtlich der Stichtage veränderte Neu auflage der letzten Altfallregelung. Andere Politiker lehnen Stichtagslösungen ganz ab und möchten nur bestimmte Gruppen begünstigt sehen. So nannte etwa Sachsens Innenminister Hardraht (CDU) Menschen, die im Asylverfahren abgelehnt wurden, »aber trotzdem wegen unzumutbarer Zustände im Heimatland nicht zurückkehren können«, und meinte damit Christen aus Staaten, wo ihnen die materielle Existenzgrundlage entzogen wird. PRO ASYL befürchtet, daß die politische Diskussion auf diese Weise zu einem Rechenexempel wird (Wieviele Menschen würde ein bestimmter Stichtag begünstigen?) oder bestimmte Klientelinteressen sich gegenseitig blockieren (Akzeptierst Du meinen Christen, akzeptiere ich Deinen Kurden oder gar niemanden.)

Versuche, bereits von vornherein bestimmte Personengruppen von der Inanspruchnahme einer Altfallregelung ausn zuschließen, haben gewissermaßen Tradition. Bereits in ihrem Beschluß vom 29. März 1996 zur damaligen Altfallregelung (irreführend »Härtefall- Regelung« genannt) hatte die Innenministerkonferenz Einvernehmen darüber protokolliert, daß die Regelung nicht für ausreisepflichtige Staatsangehörige aus der Bundesrepublik Jugoslawien gelten sollte. Damit nahm man eine beträchtliche Zahl von Kosovo- Albanerinnen und -Albanern, die die Bedingung eines mehrjährigen Aufenthalts bereits damals erfüllt hatten, aus der Regelung heraus. Dem Milosevic- Regime wurden bis zum Inkrafttreten des Flugembargos trotz absehbarer Eskalation im Kosovo diejenigen frei Haus geliefert, die eine Aufenthaltsbefugnis hätten erhalten müssen.

  • PRO ASYL betont demgegenüber: Für die Herausnahme von Staatsangehörigen aus bestimmten Herkunftsstaaten aus einer kommenden Altfallregelung gibt es keinen akzeptablen Grund. Den Betroffenen darf auch nicht das Verhalten ihres Heimatstaates zur Last gelegt werden, selbst wenn dieser – etwa durch die Verweigerung der Ausstellung eines Passes – ein Faktor dafür ist, daß die Betroffenen sich noch im Bundesgebiet aufhalten. Denn die von solchen Praktiken Betroffenen können in der Regel auf das Verhalten ihres Staates keinen Einfluß nehmen. Ein Ausschluß von der Altfallregelung würde ihrer humanitären Intention grundsätzlich widersprechen.
  • Auch Flüchtlinge aus Bosnien- Herzegowina sollten von einer Altfallregelung nicht ausgenommen werden. In Deutschland befinden sich noch etwa 80.000 Menschen dieser Personengruppe. Oftmals wird argumentiert, es habe sich bei den bosnischen Kriegsflüchtlingen nur um eine vorübergehende Aufnahme gehandelt, aus der man keinen moralischen oder rechtlichen Anspruch für die Zukunft herleiten könne. Deshalb müßten sie nun zurück. Dem ist entschieden zu widersprechen. Der Status der bosnischen Kriegsflüchtlinge wurde von den politisch Verantwortlichen bewußt im Unklaren gelassen. Die eigens für solche Fälle geschaffene Regelung des §32a Ausländergesetz (AuslG) wurde nicht auf sie angewandt. Wo immer Opfer der »ethnischen Säuberungen«, der Kriegsverbrechen und gezielter Inhaftierungen einen Asylantrag gestellt hatten, blieb ihre Akte ohne Entscheidung liegen. Bei vielen der Betroffenen handelt es sich aber um Flüchtlinge, nicht nur Asylantragsteller. Denn vielen hätte der Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention und damit eine Anerkennung nach §51 AuslG zugestanden. Für ihre jetzige Situation hätte dies bedeutet, daß ihre Anerkennung nicht widerrufen werden dürfte, wenn sie sich auf »zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe« berufen können, um die Rückkehr abzulehnen. Für Lagerhäftlinge, vergewaltigte Frauen und andere Traumatisierte liegt die Notwendigkeit auf der Hand.

Unter den jetzt noch in Deutschland lebenden Flüchtlingen aus Bosnien sind überwiegend Menschen, die derzeit nur unter unzumutbaren Bedingungen zurückkehren können. Daß der größte Teil der Flüchtlinge bereits zurückgekehrt ist, läßt nicht einfach den Schluß zu, daß für die anderen eine Rückkehr ebenfalls ohne Probleme möglich ist. Denn unter ihnen befinden sich mit ehemaligen Lagerhäftlingen, Deserteuren, älteren Menschen ohne Unterstützungsmöglichkeit sowie durch die Kriegserlebnisse traumatisierten Menschen solche, denen eine Rückkehr nur dann möglich ist, wenn auch die Umstände in Bosnien sich weiter verbessern. Eine Reihe anderer europäischer Staaten hat daher und aus praktischen Gründen die Konsequenz gezogen, Flüchtlingen aus Bosnien nach einigen Jahren des Aufenthaltes ohne weitere Bedingungen ein Daueraufenthaltsrecht einzuräumen. Da zur Zeit nicht absehbar ist, ob die Innenminister des Bundes und der Länder sich in Sachen BosnienFlüchtlinge auf eine eigene humanitäre Regelung einigen können, kann nicht weiter gewartet werden. Die Menschen brauchen Planungssicherheit für ihre Zukunft. Sie sollten von der Altfallregelung Gebrauch machen können.

Negative Erfahrungen mit der letzten Altfallregelung und Konsequenzen

Klar und großzügig sollte die geplante Altfallregelung auch im Unterschied zur letzten Regelung dieser Art aus dem Jahr 1996 sein. Mit 20.000 Begünstigten hatten damals die Innenminister gerechnet. Allerlei Bedingungen, die die Betroffenen letztlich nicht erfüllen konnten, schlossen jedoch viele in der Praxis aus. Das Resultat: Lediglich etwa 7.800 Aufenthaltsbefugnisse wurde ausgestellt, in der 2 Millionen- Stadt Hamburg zum Beispiel 72, in Mecklenburg- Vorpommern ganze 9. Zur Hürde für viele wurde die Regelung, daß Antragsteller nachweisen mußten, daß der Lebensunterhalt für den gesamten Haushalt durch legale Erwerbstätigkeit gesichert werden kann. Oftmals aber war den Betroffenen zuvor die Arbeitserlaubnis mit dem Hinweis, daß Bevorrechtigte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden, verweigert worden. Arbeitgeber, die bereit sind, Stellen mit Menschen zu besetzen, die zumeist nur kurzfristige Duldungen haben, sind selten. Die Behördenpraxis ist darauf angelegt, die Betroffenen nicht aus der Sozialhilfeabhängigkeit herauskommen zu lassen. Es ist unfair, einerseits die Desintegration von Flüchtlingen durch gesetzliche Bestimmungen zu fördern und dann die Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt sowie ein Leben ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe zum Kriterium für eine Altfallregelung zu machen. Zumindest muß den Antragstellern eine Chance gegeben werden, innerhalb eines großzügig bemessenen Zeitraumes eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich auf eigene Beine zu stellen.

Von der Anforderung, den Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit zu sichern, sollten faire Ausnahmen gemacht werden: Bei Auszubildenden, bei Alleinerziehenden, die ihre Kinder betreuen müssen, bei Erwerbsunfähigen und bei Familien mit Kindern, die auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind. Von der letzten Altfallregelung waren in vielen Bundesländern größere Familien ausgeschlossen, wenn sie zum Beispiel trotz mehrerer erwerbstätiger Mitglieder nicht vollständig von ergänzender Sozialhilfe unabhängig werden konnten. Kindersegen darf aber im Sozialstaat nicht zum ausländerrechtlichen Verhängnis werden, so auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil vom 24. September 1997 (Az.: 1 S 103/ 96).

Für die Bedingung, ausreichenden Wohnraum nachzuweisen, gilt ähnliches. Es darf sich nicht zum Nachteil auswirken, wenn es etwa aufgrund der Größe der Familie nicht sofort gelingt, ausreichenden Wohnraum anzumieten, ohne gleichzeitig wieder ergänzende Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen. In Nordrhein- Westfalen gab es bereits zur Altfallregelung 1996 einen vernünftigen Erlaß, der regelte, daß ausreichender Wohnraum auch in einer Gemeinschaftsunterkunft nachgewiesen werden konnte.

Die geplante Altfallregelung sollte auch diejenigen einbeziehen, die sich nicht durchgehend »legal« oder »geduldet« im Lande aufgehalten haben. Andernfalls schlösse man aus, daß z. B. Fälle von Menschen im Kirchenasyl gelöst werden.

Inakzeptabel ist auch eine Regelung, die Antragsteller ausschließen will, die angeblich ihre Abschiebung vorsätzlich hinausgezögert haben, etwa durch die Stellung von Asylfolgeanträgen. Im Rechtsstaat darf niemandem zur Last gelegt werden, daß er vorhandene Rechtsmittel ausschöpft.

Was ist zu tun?

  • Setzen Sie sich mit uns gemeinsam für eine klare und großzügige Altfallregelung ein.
  • Wenden Sie sich mit konkreten Einzelfällen an Ihre lokalen Bundes- und Landtagsabgeordneten. Machen Sie klar, was eine engherzige bzw. großzügige Altfallregelung für die Betroffenen, die Sie kennen, bedeuten würde. Die meisten Abgeordneten verlassen sich auf die Fachleute in ihren Parteien, d. h. die Innenpolitiker. Entlassen Sie Ihre Abgeordneten nicht aus der Verantwortung. Wenden Sie sich mit demselben Anliegen auch an die Parteien.
Edvard Munch, Angst, 1994, Ausschnitt
  • Schreiben Sie ebenso mit Fallbeispielen an den Innenminister Ihres Bundeslandes. Die Innenminister haben angekündigt, bei einer Sonderkonferenz Ende Februar die Weichen zu stellen.
  • Gehen Sie in den nächsten Wochen mit Einzelfällen an die Öffentlichkeit. Viele der Betroffenen sind sehr gut in der Lage, sich selbst zu vertreten und verfügen über ausreichende Sprachkenntnisse.

Handeln Sie schnell. Denn auf Beamtenebene fallen Vorentscheidungen bereits in den nächsten Wochen.

Herausgeber:
Förderverein PRO ASYL e. V.
Veröffentlicht im Oktober 1998

Um diese Menschen geht es

  • Der afghanische Flüchtling N. hat im Juni 1992 einen Asylantrag gestellt, der im Dezember 1993 abgelehnt wurde. Das Verwaltungsgericht gewährte im Jahr 1995 wenigstens Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 4 AuslG. Nachdem beide Seiten die Zulassung der Berufung beantragt hatten, wurde das Verfahren beim Oberverwaltungsgericht durch einen Vergleich abgeschlossen und im Ergebnis ein Abschiebungshindernis nach §53 Abs. 6 Satz 1 AuslG festgestellt. Der Flüchtling ließ sich auf diese schwächste Form des Abschiebungsschutzes schließlich ein, weil er die jahrelange Ungewißheit nicht mehr ertragen konnte. Eine Rückkehr nach Afghanistan ist weder zumut- noch absehbar. Mit seiner lediglich kurzfristigen Duldung und darüber hinaus einer Körperbehinderung kann er an seinem Wohnort in Leipzig, wo die Arbeitsplatzsituation besonders schwierig ist, keine Arbeitserlaubnis erhalten.
  • Die Roma-Familie R., Eheleute mit 4 Kindern, geflohen aus dem Kosovo, lebt seit 1991 in München. Die Asylverfahren sind längst rechtskräftig mit der Ablehnung abgeschlossen. Seit mehr als 3 1 / 2 Jahren wird der Familie lediglich ein Ausreiseschein in die Hand gedrückt, der immer nur um 3 Monate verlängert wird. Seit Anfang 1994 versucht die Familie, beim jugoslawischen Konsulat Ersatzdokumente zu bekommen, erhält diese jedoch nicht. Die Ehefrau mußte sich während ihrer traumatischen Erlebnisse vor der Flucht aus dem Kosovo in Therapie begeben. Duldungsanträge waren bislang erfolglos.
  • Die kurdische Frau Ö. mit 7 Kindern zwischen 6 und 23 Jahren lebt seit 1990 in der Bundesrepublik. Der Ehemann ist aus Angst vor der Abschiebung nicht mehr bei der Familie. Asylantrag und Folgeantrag wurden abgelehnt, ebenso eine Petition beim Landtag. Ein Kind ist in Deutschland geboren. Die Familie konnte die letzte Altfallregelung nicht in Anspruch nehmen, weil das Familieneinkommen nicht für die große Familie ausreicht.
  • Der Vietnamese T. floh im Dezember 1990 nach Deutschland und wurde im Asylverfahren erst 1995 abgelehnt. Das Heimatland weigert sich seither, Heimreisepapiere auszustellen. T. ist seit 6 Jahren erwerbstätig und bezieht keine Sozialleistungen. Nachdem ihm vor kurzem die Verlängerung der Arbeitserlaubnis abgelehnt wurde, muß er nun Arbeitslosengeld beantragen.
  • Die Familie A. aus der Türkei, eingereist 1988: Ihr Asylverfahren ist immer noch nicht abgeschlossen. Da sie Sozialhilfe bezog, wurde eine Aufenthaltserlaubnis auf der Basis der letzten Altfallregelung nicht erteilt. Seitdem war der Vater zweimal erwerbstätig. Die letzte Stelle verlor er wegen Konkurses der Firma erst vor kurzem. Da die Familie 6 Kinder hat, wird sie längerfristig auf ergänzenden Bezug von Sozialhilfe angewiesen sein. Kindergeld erhält sie wegen des noch laufenden Asylverfahrens nicht.
  • Die Familie C., Ahmadiyya aus Pakistan, floh vor der Verfolgung dieser religiösen Gemeinschaft im April 1990 nach Deutschland. Das Asylverfahren der Familie wurde erst 1998 rechtskräftig negativ abgeschlossen. Eine Petition ist anhängig. Vater, Mutter und 4 Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren haben sich am Wohnort gut integriert, Kindergarten und Schulen besucht und sind in Vereinen aktiv. Eine Rückkehr nach so langer Zeit wäre insbesondere für die Kinder eine Katastrophe.
  • Die Familie A., Armenier aus der damaligen Sowjetunion, reiste im August 1990 in die Bundesrepublik ein. Ihr Asylverfahren wurde erst am 30. September 1998 endgültig abgelehnt, ein Antrag auf Zulassung der Berufung scheiterte im November. Eine Petition ist anhängig. Die 12- und 13- jährigen Kinder haben alle wesentlichen Bildungserfahrungen in Deutschland gemacht und besuchen das Gymnasium. Frau A. ist Pädagogin mit Hochschulabschluß. Sie hatte aber aufgrund ihres Status‘ bislang keine Chance auf eine Arbeitserlaubnis.
  • Eine großzügige Altfallregelung, die im wesentlichen die Aufenthaltsdauer als Maßstab nimmt, könnte diesen Menschen eine Zukunft geben.

Altfallregelung

»Die Justiz wird durch eine ›Altfallregelung‹ entlastet. Ausländerinnen und Ausländern, deren Verfahren seit dem 14. Mai 1996 (Datum des Grundsatzurteils des Bundesverfassungsgerichts) anhängig sind und deren Verfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderung noch gerichtlich anhängig sind, wird eine Aufenthaltsbefugnis erteilt.

Überdies wird aus humanitären Gründen eine Altfallregelung für Flüchtlinge (auch solche ohne Status), die länger als 5 Jahre in Deutschland sind (z. B. Flüchtlinge aus Bosnien- Herzegowina, Restjugoslawien), erlassen. Ihnen ist eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen.«

Auszug aus den »Mindestanforderungen an ein neues Asylrecht«, Mai 1998, herausgegeben von PRO ASYL mit Unterstützung von: Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V.; Bundesarbeitsgemeinschaft »Asyl in der Kirche«; Deutscher Caritasverband e. V., Abt. Migration: Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Gesamtverband e. V.; DGB Bundesvorstand, Referat Migration; Diakonisches Werk in Hessen und Nassau; Ökumenische Diakonie; Ev. Frauenarbeit in Deutschland e. V.; Ev. Kirche von KurhessenWaldeck, Arbeitsstelle für den Dienst in den Gemeinden an Ausländern, Aussiedlern, Asylsuchenden; Ev. Kirche der Pfalz, Der Ausländerbeauftragte; Ev. Kirche im Rheinland; Humanistische Union e. V.; Interkultureller Beauftragter der Ev. Kirche in Hessen und Nassau; Pax Christi, Internationale Friedensbewegung – Deutsche Sektion; terre des hommes Bundesrepublik Deutschland e. V. und Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V.

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