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27.07.1998

Flughafenasylverfahren:
Kongolesischer Priester durfte heute einreisen
Der Asylsuchende hatte bei der
Bundesamtsanhörung lateinisch singen müssen
PRO ASYL: Glücklicher Ausgang kann über schwere
Mängel des Verfahrens nicht hinwegtäuschen

Priester aus Kongo darf einreisen – Frankfurter Rundschau vom 28. Juli 1998

Nach einer heute zugestellten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt darf ein kongolesischer Priester, dessen Asylantrag das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt hatte, den Flughafen verlassen und zur Durchführung eines regulären Asylverfahrens im Inland einreisen. Damit findet ein Flughafenasylverfahren, das mit einer ebenso grotesken wie skandalösen Anhörung beim Bundesamt begonnen hatte, einen vorläufigen glücklichen Abschluß.

Der Priester hatte angegeben, inhaftiert und mehrfach gefoltert worden zu sein, weil er Augenzeuge eines Massakers der Kabila-Truppen an Hutu-Flüchtlingen geworden sei und Journalisten hierüber informiert habe. Die Anhörung beim Bundesamt bestand im wesentlichen aus einem theologisch-philosophischen Examen, bei dem die Namen der zwölf Apostel, Hegels Dialektik und der Gottesbeweis des Heiligen Augustin abgefragt wurden. Schließlich mußte der Priester auch noch ein lateinisches Gebet singen. Nach der negativen Entscheidung des Bundesamtes konnte eine Bescheinigung des katholischen Missionswerks MISSIO beigebracht werden, die den Priesterstand des Betroffenen bestätigt. PRO ASYL gelang es, einen Journalisten in Johannesburg zu kontaktieren, dessen Visitenkarte der Priester beim Bundesamt zu den Akten gegeben hatte. Dieser konnte viele Angaben des Betroffenen zu den Vorgängen in Ost-Zaire sowie Interviews mit katholischen Priestern vor Ort bestätigen. Das Verwaltungsgericht entschied nun, daß verbleibende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Asylantragstellers im Hauptsacheverfahren durch weitere Ermittlungen zu klären seien.

PRO ASYL ist erleichtert, daß das absurde und zynische Verfahren vor dem Bundesamt nicht die Billigung des Verwaltungsgerichts gefunden hat. Gleichzeitig bleibe jedoch ein bitterer Beigeschmack. Denn nur in wenigen Einzelfällen könne es unter dem Druck der knappen Fristen des Flughafenasylverfahrens gelingen, handfeste Belege für Identität und Aussagen eines Betroffenen beizubringen. Der Leitung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wirft PRO ASYL vor, daß Angaben von Asylsuchenden, sie seien gefoltert worden, weiterhin oft nicht oder unzureichend nachgegangen werde. Auch die Behauptung des Bundesamtes, im Flughafenasylverfahren werde nur besonders qualifiziertes und erfahrenes Personal eingesetzt, lasse sich vor dem Hintergrund des Falles nicht aufrecht erhalten.


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