Generic selectors
Nur exakte Ergenisse
Suchen in Titel
Suche in Inhalt
Post Type Selectors
17.02.1998

Flughafen Frankfurt am Main:
Kindergeburtstag mit Ausgangsbeschränkung
Ein Flüchtlingskind und seine Mutter
befinden sich seit dem 10. Oktober 1997 im Transit.
PRO ASYL fordert eine humanitäre Entscheidung.

Notizbuch: Ibrahims neunter Geburtstag – Süddeutsche Zeitung vom 20.02.1998 (Seite 10)

Ein ungewöhnlicher Kindergeburtstag wird heute im Transit des Frankfurter Flughafens begangen. Das eritreische Flüchtlingskind Ibrahim wird 9 Jahre alt. Gefeiert werden muß im Flüchtlingsgebäude C 182 auf Rhein-Main, denn Ibrahim ist wie seiner Mutter die Einreise nach Deutschland verweigert worden. Gäste einer kleinen Festivität können so nur andere Flüchtlinge im Flughafenverfahren und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Flughafensozialdienstes sein.

Seit dem 10. Oktober 1997 befinden sich Ibrahim und seine Mutter nach einer Weiterflucht aus dem Sudan, ihrem ursprünglichen Zufluchtsland, in Frankfurt. Beide sind Opfer der Unklarheiten um die Umsetzung des Dubliner Übereinkommens. Frau N.s Ehemann lebt als Flüchtling in Großbritannien. Niemand sagte ihr nach der Ankunft in Frankfurt, daß nach der Dubliner Konvention eine Möglichkeit besteht zu beantragen, daß das Asylverfahren im Zufluchtsland des Ehemannes behandelt wird. Statt dessen entschied das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – und zwar negativ. Frau N. und ihr Sohn seien im Sudan sicher vor Verfolgung.

Am 20. Dezember 1997 wurden die beiden in den Sudan zurückgeschoben. Nachdem der Sudan ihre Aufnahme verweigert hatte, landeten sie wiederum in Frankfurt. Seitdem befindet sich Ibrahim mit seiner Mutter im Flüchtlingsgebäude im Transit – unter haftähnlichen und gewiß nicht kindgerechten Bedingungen. Auch der Gesundheitszustand der Mutter hat sich extrem verschlechtert. Die von PRO ASYL finanzierte Rechtsanwältin erwägt als letzte verbliebene rechtliche Chance eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Denn sowohl die konkrete Umsetzung des Dubliner Übereinkommens, als auch die Dauerinhaftierung eines Kindes verstießen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. „Die deutschen Behörden und das Innenministerium verstoßen einmal mehr gegen das Gebot des besonderen Schutzes und gegen das Verbot von freiheitsentziehenden Maßnahmen der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen“, sagte PRO ASYL-Sprecher Heiko Kauffmann.

PRO ASYL fordert vom Bundesinnenministerium eine Entscheidung unter humanitären Gesichtspunkten. Kauffmann: „Rechtsfragen dürfen nicht auf dem Rücken von Kindern ausgetragen werden. Der einzige Ausweg aus dieser Sackgasse ist die Einreise. Worauf also wartet Herr Kanther?“


Nach oben