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16.01.1997

Gotha, Thüringen: Flüchtling trotz Selbstmordversuchs
in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschoben.
Aufgebot war bereits bestellt.
PRO ASYL: „Sinnlos, herzlos, verantwortungslos!“


Als „gnadenlose rechtsstaatliche Exekution von Anordnungen, die jede Verhältnismäßigkeit missen läßt und ohne Blick auf das Menschliche“ bezeichnete Heiko Kauffmann, Sprecher von PRO ASYL, die ohne jede Vorankündigung vollzogene Abschiebung des aus dem afrikanischem Côte d’Ivoire stammenden Flüchtlings José Kouadio am Morgen des 15. Januar aus der Abschiebehaft in Gotha.

Seine bereits für den 8. Januar angesetzte Abschiebung hatte der junge Flüchtling noch verhindern können; er hatte vier Rasierklingen im Mund und drohte, diese im Fall seiner Abschiebung zu schlucken.

José Kouadio befürchtete im Fall seiner Abschiebung in die Elfenbeinküste Gefahren an Leib und Leben. Seine Verzweifelung wird angesichts seiner engen Beziehung zu einer Deutschen noch verständlicher; die beiden wollen heiraten und haben das Aufgebot bereits bestellt. Obwohl sich auch der Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, Helmut Frenz, der das Paar gut kennt, dafür verbürgt, daß es sich um eine Liebesheirat handelt, haben die Behörden alles daran gesetzt, mit dem schnellen Vollzug der Abschiebung die Heirat zu verhindern. Auch die zuständigen Sachbearbeiter des Oberlandesgerichtes Jena, bei der die eingereichte Heiratspapiere zur Überprüfung liegen, ließ sich gegenüber PRO ASYL-Sprecher Heiko Kauffmann mehrfach verleugnen; Kauffmann wollte sich nach der Suizidandrohung José Konadios für eine beschleunigte Bearbeitung einsetzen, damit die „deutsche Bürokratie nicht einmal mehr für Flüchtlinge zur tödlichen Falle wird“.

Ein dringender Appell, den Kauffmann und Frenz gemeinsam an den thüringischen Innenminister Dewes, die Ausländerbehörde, das Amtsgericht und die Leitung der JVA richteten, blieb ohne jede Antwort.

Kauffmann bezeichnete das Verhalten des thüringischen Innenministers und der zuständigen Behörden als „sinnlos, herzlos und verantwortungslos“. Durch ein anhängiges Petitionsverfahren und in Würdigung der besonderen Umstände des Falles hätten die beteiligten Stellen jede Möglichkeit gehabt, in verantwortlichem Ermessen von einer Abschiebung zu diesem Zeitpunkt abzusehen. Kauffmann: „Wenn Behörden ohne Blick auf den Einzelfall und grundlegende rechtliche Prinzipien der Menschenwürde und der Verhältnismäßigkeit und ohne Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit mit sozialen Instutitionen und Menschenrechtsgruppen Gesetze und Anordnungen nur noch exekutieren, kann dies längerfristig das Ende des demokratischen Rechtstaates bedeuten – wenn energischer Protest und entschiedener Widerspruch in der zivilen Öffentlichkeit unterbleiben!“.

Kauffmann forderte den thüringischen Innenminister zu einer umgehenden „Heilung dieser massiven Verletzung der Persönlichkeit und Integrität José Kouadios und seiner deutschen Verlobten“ auf. Ihm müsse umgehend die Wiedereinreise nach Deutschland und ein gesichertes Zusammenleben mit seiner Frau gestattet werden.


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