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Europäische Union ohne Flüchtlinge

Ghaddafi & Co. als Lagerverwalter der EU?

INHALT

Vortrag von Herbert Leuninger,
am 18. November um 20.00 Uhr
in Klosterkeller im Klosterhof, Herrenberg

ANMERKUNG

Die Präsentation „Europäische Union ohne Flüchtlinge“ wurde auf Grund des Umfangs in einzelnen Teilen abgespeichert. Diese sind über die Liste aufrufbar.

PRÄSENTATION

Europa ohne Flüchtlige?

Der Marsch

Europa ohne Flüchtlinge
„Wir sind arm, weil Ihr reich seid!“

  • DER MARSCH war 1990 von der BBC für die europaweite Kampagne „Eine Welt“ für alle gedreht worden. PRO ASYL hatte sich gegen die Ausstrahlung des Films ausgesprochen in der Sorge, er könnte das Asylklima noch weiter verschlechtern.
  • Der Film wurde gesendet, als die italienische Regierung Heer und Marine einzusetzen gedachte, um sogenannte illegale Einwanderer, gerade aus Afrika, zu verhindern.
  • Die Bundesregierung bemühte sich damals darum, europaweit die Abschottung gegen Flüchtlinge aus der südlichen Hemisphäre zu erreichen.

1990 BBC-Film DER MARSCH

Issa el Mahdi

  • Wegen der seit 7 Jahren anhaltenden Dürre haben ca. 1 Million Menschen im Sudan ihre Dörfer verlassen und Zuflucht in den UN-Flüchtlingscamps gesucht.
  • Steigende Getreidepreise und der Massenzustrom der letzten Monate führten dazu, dass eine Familie mit der wöchentlichen Getreideration mittlerweile einen Monat auskommen musste.
  • Verzweifelt hat schließlich eine Gruppe von knapp 100 Menschen, darunter Frauen, Kinder und Alte, das Lager verlassen, um anderswo eine Überlebenschance zu finden.

  • Wider Erwarten haben die Hungerflüchtlinge aus den UN-Camps Kufra erreicht. Immer mehr Menschen schließen sich an.

  • Ihr begnadeter Führer, Issa el Mahdi, gibt aber ein noch viel größeres Ziel an. Nach Europa! Wir haben keine Macht außer der zu entscheiden, wo wir sterben wollen. Alles, was wir verlangen, ist: Seht uns sterben!
  • Seitdem die libysche Regierung el Mahdi ihre volle Unterstützung zugesagt hat, schließen sich ihm täglich mehr Menschen an.

  • Der Marsch erreicht In-Salah. Er ist auf ca. 200.000 Menschen angewachsen. Weiterer Zustrom ist zu erwarten.

  • Die Meerenge von Gibraltar! Lokale Schiffseigner stellen in Tanger Boote zur Verfügung, mit der 30.000 Menschen übersetzen können. Die am Ufer wartende Menge ist auf zwei Millionen angewachsen.

  • Europa ist gespalten.
  • Die Entwicklungskommissarin der EG Clare Fitzgerald votiert für humanitäre Lösungen.
  • Für die EU-Kommission ist der Marsch ein berechneter Versuch, die Einwanderungsgesetze zu durchbrechen.

  • Das Szenario gipfelt in einem politisch-militärischen High Noon.

  • Die Wirkung des Films blieb damals sehr begrenzt. Sowohl die Medienstrategen, nach denen dieser Film ähnlich aufrütteln sollte wie seinerzeit der Holocaust Film, wie auch PRO ASYL hatten seine Bedeutung wohl überschätzt.

(Ende)

„Wir sind arm, weil Ihr reich seid!“


Auswirkung europäischer Flüchtlingspolitik

Europa ohne Flüchtlinge
„Wir sind arm, weil Ihr reich seid!“

1990 BBC-Film DER MARSCH

Issa el Mahdi

  • Die europäische Flüchtlingspolitik wirkt sich bis nach Afrika aus. Die Unruhe der Migranten auf den afrikanischen Routen wurde durch das jüngste Zusammenwirken Italiens mit Libyen ausgelöst.
  • Anfang Oktober hatte Italien mehr als 1.000 afrikanische Bootsflüchtlinge nach Libyen zurückgebracht. Kurz zuvor hatte man sich auf eine gemeinsame Bekämpfung der illegalen Migration verständigt, obwohl Libyen nicht die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet hat.
  • Der Staat von Muammar al-Ghaddafi, der massiv seine Anerkennung im Westen vorantreibt, schiebt selber Flüchtlinge ab, die aus Afrika ins Land gekommen sind. Im August verdursteten 18 Menschen im Grenzgebiet, die von Libyen nach Niger zurückverfrachtet worden waren.

„Wir sind arm, weil Ihr reich seid!“


Wieder Ansturm auf die EU-Grenze in Melilla

Europa ohne Flüchtlinge
„Wir sind arm, weil Ihr reich seid!“

1990 BBC-Film DER MARSCH

Issa el Mahdi

Wieder Ansturm auf die EU-Grenze in Melilla

  • Madrid – Trotz verstärkter Grenzbefestigungen ist es am Montag rund 300 von 700 afrikanischen Flüchtlingen gelungen, in die spanische Exklave Melilla und damit in die EU zu gelangen.
  • Die Polizeiwache in Melilla war am Montagmorgen voller Flüchtlinge, die sich nach ihrer Flucht gestellt hatten.

    Registrierung in Ceuta

    Die meisten wurden mit Bussen in ein ohnehin schon überfülltes Flüchtlingslager gebracht.

    Lager in Melilla

  • Nach dem ersten Ansturm waren zusätzliche Soldaten stationiert worden. Hinter dem bereits bestehenden drei Meter hohen Hi-Tech-Zaun wurde eine zweite, doppelt so hohe und mit Stacheldraht bewehrte Sperre errichtet.

    Doppelzaun in Ceuta

  • Dennoch konnten die Flüchtlinge mit selbstgebastelten Leitern die Sperren überwinden.

    Verletzte Flüchtlinge im Krankenhaus von Ceuta


EU-Kommission:
Einwanderung einheitlich regeln

  • Seit Beginn dieses Jahres hatten mindestens 12.000 Menschen versucht, über Melilla auf das Gebiet der Europäischen Union zu gelangen.
  • Die EU-Kommission forderte als Reaktion auf den Tod der Flüchtlinge eine Politik der legalen Einwanderung als Antwort auf die Flüchtlingsdramen. Wenn es einen „klaren rechtlichen Rahmen für die legale Zuwanderung gäbe“, würde dies die illegale Migration eindämmen, sagte eine Sprecherin.
  • Außerdem müssten der Dialog mit dritten Ländern verstärkt und gezielte Entwicklungshilfe in den Herkunftsländern geleistet werden.

AFRIKA-FLÜCHTLINGE
Wieder Ansturm auf die EU-Grenze in Melilla Madrid

Trotz verstärkter Grenzbefestigungen ist es am Montag rund 300 von 700 afrikanischen Flüchtlingen gelungen, in die spanische Exklave Melilla und damit in die EU zu gelangen. Das Innenministerium in Madrid bestätigte den zweiten Massenansturm in das im Norden Marokkos liegende Gebiet. Die Polizeiwache in Melilla war am Montagmorgen voller Flüchtlinge, die sich nach ihrer Flucht ge stellt hatten. Die meisten wurden mit Bussen in ein ohnehin schon überfülltes Flüchtlingslager gebracht. Nach dem ersten Ansturm waren zusätzliche Soldaten stationiert worden. Hinter dem bereits bestehenden drei Meter hohen Hi-Tech-Zaun wurde eine zweite, doppelt so hohe und mit Stacheldraht bewehrte Sperre errichtet. Dennoch konnten die Flüchtlinge mit selbstgebastelten Leitern die Sperren überwinden. Vor den Kanarischen Inseln kamen möglicherweise 19 Afrikaner bei Versuchen ums Leben, mit kleinen Booten auf spanisches Gebiet zu gelangen. Ein mit 34 Flüchtlingen besetztes Boot war nach Presseberichten vom Sonntag vor der Insel Fuerteventura gekentert. Drei Insassen konnten nur noch tot geborgen werden, 14 wurden vermisst. Zuvor waren bei Gran Canaria zwei weitere Afrikaner bei zwei ähnlichen Bootsunglücken umgekommen. ap/dpa

EU-Kommission: Einwanderung einheitlich regeln

Seit Beginn dieses Jahres hatten mindestens 12.000 Menschen versucht, über Melilla auf das Gebiet der Europäischen Union zu gelangen. Die EU-Kommission forderte als Reaktion auf den Tod der Flüchtlinge eine Politik der legalen Einwanderung als Antwort auf die Flüchtlingsdramen. Wenn es einen „klaren rechtlichen Rahmen für die legale Zuwanderung gäbe“, würde dies die illegale Migration eindämmen, sagte eine Sprecherin. Außerdem müssten der Dialog mit dritten Ländern verstärkt und gezielte Entwicklungshilfe in den Herkunftsländern geleistet werden.

„Wir sind arm, weil Ihr reich seid!“


Handelsschiff Monica

Europa ohne Flüchtlinge

  • Das Handelsschiff Monica mit rund 1.000 kurdischen Flüchtlingen war im östlichen Mittelmeer noch weit vor Sizilien von einer Fregatte der französischen Marine ausgemacht worden.
  • Passagiere und Besatzungsmitglieder hatten noch auf hoher See gedroht, ihre Kinder ins Meer zu werfen, um so zu verhindern, dass Polizisten an Bord kämen.
  • Erst als die Neuankömmlinge sich überzeugt hatten, dssß sie bereits in italienischen Gewässern waren, zogen sie die über die Reling gehaltenen Kinder wieder zurück an Deck.
  • Die Guardia di Finanza fand viele Flüchtlinge von Durst, Hunger und den Strapazen einer langen Seereise gezeichnet vor.

Ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem

Europa ohne Flüchtlinge

Tampere
Europäischer Rat
15./16. Oktober 1999

J. Chirac (r.) mit Außenminister und finnischem MP

16. Oktober 1999
Schlussfolgerungen des Vorsitzes

II. Ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem

  • 13. Der Europäische Rat bekräftigt die Bedeutung, die die Union und die Mitgliedstaaten der unbedingten Achtung des Rechts auf Asyl beimessen.Er ist übereingekommen, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und allumfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention stützt,

    wodurch sichergestellt wird, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, d.h. der Grundsatz der Nichtzurückweisung gewahrt bleibt.

  • 14. Auf kurze Sicht sollte dieses System folgendes implizieren:
    • eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Staates,
    • gemeinsame Standards für ein gerechtes und wirksames Asylverfahren,
    • gemeinsame Mindestbedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern und
    • die Annäherung der Bestimmungen über die Zuerkennung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft.
    • Hinzukommen sollten ferner Vorschriften über die Formen des subsidiären Schutzes, die einer Person, die eines solchen Schutzes bedarf, einen angemessenen Status verleihen. (…)
  • 15. Auf längere Sicht sollten die Regeln der Gemeinschaft zu einem gemeinsamen Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status für diejenigen, denen Asyl gewährt wird, führen. (…)
  • 16. Der Europäische Rat fordert den Rat dringend auf, sich verstärkt darum zu bemühen, in der Frage des vorübergehenden Schutzes für Vertriebene auf der Grundlage der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten Einvernehmen zu erzielen. (…)
  • 17. Der Europäische Rat fordert den Rat dringend auf, seine Arbeiten über das System zur Identifizierung von Asylbewerbern (Eurodac) unverzüglich zu Ende zu führen.

Europäische Union: Raum der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts


Steuerung der Migrationsströme

Europa ohne Flüchtlinge

Tampere
Europäischer Rat
15./16. Oktober 1999

J. Chirac (r.) mit Außenminister und finnischem MP

16. Oktober 1999
Schlussfolgerungen des Vorsitzes

IV. Steuerung der Migrationsströme

  • 23. Der Europäische Rat ist entschlossen, die illegale Einwanderung an ihrer Wurzel zu bekämpfen,
    • insbesondere durch Maßnahmen gegen diejenigen, die Zuwanderer einschleusen oder wirtschaftlich ausbeuten.
    • Er drängt auf die Annahme von Rechtsvorschriften, die strenge Sanktionen zur Ahndung dieses schweren Verbrechens vorsehen. (…)
    • Die Rechte der Opfer derartiger Aktivitäten müssen gewahrt bleiben, wobei insbesondere die Probleme von Frauen und Kindern zu berücksichtigen sind.
  • 24. Der Europäische Rat wünscht eine engere Zusammenarbeit und eine gegenseitige technische Unterstützung der Grenzkontrollbehörden der Mitgliedstaaten.In diesem Zusammenhang begrüßt der Rat den Abschluss der Vereinbarung zwischen Italien und Griechenland, die darauf abzielt, die Zusammenarbeit der beiden Länder in der Adria und im Ionischen Meer zu intensivieren.
  • 26. Der Europäische Rat fordert dazu auf, dass die Unterstützung der Herkunfts- und Transitländer weiter ausgebaut wird, um die freiwillige Rückkehr zu fördern. (…)
  • 27. Der Europäische Rat ersucht den Rat, Rückübernahmeabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und einschlägigen Drittländern zu schließen. (…)

Europäische Union: Raum der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts


Offenes Europa oder Abschottungsgemeinschaft?

Europa ohne Flüchtlinge

Tampere
Europäischer Rat
15./16. Oktober 1999

J. Chirac (r.) mit Außenminister und finnischem MP

Europa auf dem Weg zu einem gemeinsamen Asylrecht

Offenes Europa oder Abschottungsgemeinschaft?

  • Die Signale von Tampere sind widersprüchlich: Emphatische Bekenntnisse
    • zur Offenheit und Transparenz in der Europäischen Union,
    • zu den Menschenrechten und dem Asylrecht,
    • zur stärkeren Integration der legal in der EU lebenden „Drittstaatler“,
    • größere Anstrengungen im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
  • Wenn es aber um eine „gemeinsame Asyl- und Einwanderungspolitik der EU“ geht, wird im gleichen Atemzug von der
    „Notwendigkeit einer konsequenten Kontrolle der Außengrenzen zur Beendigung der illegalen Einwanderung (…)“ gesprochen.
  • Die in Tampere gefassten Beschlüsse sind durch folgenden Dreiklang strukturiert:
    • Klares Bekenntnis zur Genfer Flüchtlingskonvention, ohne konkrete Umsetzung
    • Effizientere Abschottung gegenüber Flucht- und Migrationsbewegungen
    • Koordiniertere und rigidere Abschiebeverfahren.

Europäische Union: Raum der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts


Die EU auf dem Weg zu einem gemeinsamen Asylrecht

Europa ohne Flüchtlinge

EU: Rat
Inneres und Justiz
1999-2004

französischer, deutscher und britischer Innenminister

Ministerrat Inneres und Justiz

Die EU auf dem Weg zu einem gemeinsamen Asylrecht

Seit Mai 1999 ringen die Innenminister der EU um gemeinsame Mindeststandards im Asyl- und Einwanderungsrecht. Die EU-Mitgliedstaaten verpflichteten sich, bis Mai 2004 in zentralen Feldern des Asylrechts Mindeststandards zu beschließen.

Alle asylrechtlichen Beschlüsse gelten auch für die zehn neuen EU-Mitgliedstaaten.

Rückblick: Gute Ansätze aus Brüssel

Zwischen Dezember 1999 und September 2001 veröffentlichte die EU-Kommission Vorschläge zu

  • Asylverfahren,
  • sozialen Aufnahmebedingungen,
  • Familienzusammenführung,
  • Flüchtlingsbegriff und
  • ergänzenden Schutzformen.

Diese Baupläne für ein gemeinsames Asylsystem sorgten in Europa zum Teil für Furore, weil Brüssel einen höheren Mindeststandard anstrebte als den kleinsten gemeinsamen Nenner der existierenden Asylpraktiken.

Die Umsetzung der Kommissionsvorschläge in der EU hätte zumindest einen partiellen Bruch mit der restriktiven Asylpolitik der 90er Jahre bedeutet, die „Harmonisierung“ zur Metapher für einen Wettlauf der Restriktionen zwischen den EU-Mitgliedstaaten machte.

Die wechselseitigen Inspirationen bei Gesetzesverschärfungen

In den zähen Verhandlungen zeigen die meisten Innenminister keinerlei Bereitschaft, restriktive Asylgesetze aufzugeben.

Schlimmer noch: Während über gemeinsame Standards gestritten wird, schaffen die Nationalstaaten bereits neue Fakten.

In nahezu allen Mitgliedstaaten fanden und finden grundlegende Veränderungen des Asylrechts statt.

Der Grundtenor:

  • schnellere Asylverfahren,
  • mehr Lager,
  • längere Abschiebungshaft,
  • effizientere Abschiebungspraktiken,
  • teilweiser oder völliger Ausschluss von Sozialleistungen.

Mit den neuen Gesetzen unterm Arm kehren die Innenminister an den Brüsseler Verhandlungstisch zurück und verwässern den jeweils aktuellen Richtlinienentwurf weiter.

Man inspiriert sich wechselseitig bei den Gesetzesverschärfungen und einigt sich auf EU-Ebene schnell und verbindlich auf Maßnahmen, die den Fluchtweg nach Europa versperren.

Deutsche Blockadepolitik auf allen Ebenen

Im Kreis der Blockierer nimmt die Bundesrepublik Platz eins ein: Kein Land setzte sich so vehement für das alles blockierende Einstimmigkeitsprinzip ein und nutzt es so weidlich aus, um anvisierte höhere europäische Standards auf deutsches Niveau abzusenken. (…)

Die Bundesregierung unter Helmut Kohl setzte bei den Verhandlungen über den Amsterdamer Vertrag das Einstimmigkeitsprinzip und das bloße Anhörungsrecht des Europäischen Parlamentes maßgeblich durch.

Im Vertrag von Nizza verhinderte die rot-grüne Bundesregierung den automatischen Übergang zu Mehrheitsentscheidungen und zu realen Mitentscheidungsrechten des Europäischen Parlaments im Asylrecht.

(Analyse von Karl Kopp, PRO ASYL)

EU: Prozess der Harmonisierung


Asylanträge Europa-Vergleich

Europa ohne Flüchtlinge

EU
Asylbewerber


Brief europäischer NROs

Europa ohne Flüchtlinge

29. März 2004
Ratstreffen Justiz und Inneres
am 30. März 2004

Brief europäischer NROs an António Vitorino, EU-Kommissar für Justiz und Inneres


PRESSERERKLÄRUNG
PRO ASYL

Die Europäische Union verspielt ihre Glaubwürdigkeit in der internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsdebatte

Europa ohne Flüchtlinge

29. März 2004
Ratstreffen Justiz und Inneres
am 30. März 2004

Presseerklärung von PRO ASYL

Die Europäische Union verspielt ihre Glaubwürdigkeit in der internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsdebatte.

Zu diesem Schluss kommen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen aus ganz Europa in einer gemeinsamen veröffentlichten Stellungnahme.

Anlässlich des Ratstreffens fordern sie Kommissar Antonio Vitorino auf, den EU-Richtlinienentwurf zu Asylverfahren zurückzuziehen.

Die europäischen Dachorganisationen verurteilen aufs Schärfste, dass die Richtlinie in ihrer jetzigen Fassung internationale Menschen- und Flüchtlingsrechtsstandards verletzt.

Sie sehen sich gezwungen, die EU aufzufordern, diesen Vorschlag zu verwerfen.

Die Kluft zwischen den EU-Vorschlägen und den internationalen Schutzstandards wird von Woche zu Woche größer.

Die wiederholten Mahnungen von UNHCR und Nichtregierungsorganisationen wurden monatelang ignoriert.

Der aktuelle Entwurf verrät nicht nur die eigenen Prinzipien der EU, die in der Charta der Grundrechte verankert sind, sondern er bedeutet einen weitgehenden Ausstieg Europas aus dem internationalen Flüchtlingsschutzsystem.

Die anvisierten Sichere Drittstaaten-Regelungen verlagern die Verantwortung für Flüchtlinge in Transit- und in die Herkunftsregionen. Dabei ist nicht relevant, ob Schutzsuchende überhaupt eine persönliche Bindung zu diesen Ländern besitzen, geschweige denn ob sie dort sicher sind.

Eine so genannte Asylverfahrensrichtlinie, die das Recht eines Asylsuchenden verweigert, den Abschluss seines Asylverfahrens in einem EU-Mitgliedstaaten abzuwarten, ist de facto ein kollektiver Schutzverweigerungsmechanismus.

Nach Angaben des UNHCR werden aktuell knapp 30 bis 60 % aller negativen Entscheidungen in der zweiten Instanz aufgehoben. Würde diese Richtlinie zum europäischen Standard, könnten Asylsuchende in ein Land zurückgewiesen werden, in dem ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen oder gar die Kettenabschiebung bis ins Verfolgerland.

Brief europäischer NROs an António Vitorino,
EU-Kommissar für Justiz und Inneres


SICHERE DRITTSTAATEN REGELUNG


Answer of Mr. Vitorino

Europa ohne Flüchtlinge

29. März 2004
Ratstreffen Justiz und Inneres
am 30. März 2004

Answer of Mr. Vitorino

I have to say that I am myself disappointed with the outcome of the negotiations so far and concerned by the direction some aspects of the negotiations have been taking over the last few weeks.

Not only because I think we should dispose of an instrument aimed at protecting those in need of protection but also at combating asylum abuse which has brought so much damage to credibility of the system…

This Directive is one of the building blocks of the Common European Asylum System and has to be considered as part of the overall package of asylum legislation….

As such, I consider it essential to reach an agreement in the Council on a satisfactory text.

Brief europäischer NROs an António Vitorino,
EU-Kommissar für Justiz und Inneres


UNHCR bedauert verpasste Chance

Europa ohne Flüchtlinge

Tagung des Rates
Justiz und Inneres
am 30. April 2004
in Luxembourg

30. April 2004

EU-Asylharmonisierung:
UNHCR bedauert verpasste Chance

Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) befürchtet, die am Donnerstag erzielte Einigung der EU-Innen- und Justizminister in Luxemburg über ein Kernstück der geplanten EU-Asylgesetzgebung könne in der Praxis gegen internationales Flüchtlingsrecht verstoßen.

Der ursprünglich von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf der Asylverfahrensrichtlinie war von UNHCR als gute Diskussionsgrundlage begrüßt worden.

Der lange Verhandlungsprozess zwischen den EU-Mitgliedstaaten hat nun jedoch zu einer Verständigung geführt, die es den einzelnen Staaten erlaubt, die jeweils schlechtesten Praktiken fortzusetzen oder einzuführen.

UNHCR ist enttäuscht, dass die EU-Staaten sich nicht an ihr Versprechen gehalten haben, das sie zu Beginn des Harmonisierungsprozesses im finnischen Tampere gegeben haben.

Dort bekräftigten sie „ihren absoluten Respekt vor dem Recht Asyl zu suchen“ und verpflichteten sich, ein gemeinsames Asylsystem auf der vollständigen und allumfassenden Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention aufzubauen.

Die Asylverfahrensrichtlinie regelt, wie Entscheidungen über Asylanträge in EU-Mitgliedstaaten getroffen werden. Sie ist der letzte und mit der so genannten Qualifikationsrichtlinie wohl wichtigste der fünf wesentlichen Bausteine für die Harmonisierung des EU-Asylrechts in der ersten Phase.

UNHCR hatte sich während des Verhandlungsprozesses wiederholt besorgt über eine Reihe von Punkten geäußert.

Besonderen Anlass zur Sorge bereiten die Regelungen zu den so genannten sicheren Drittstaaten, in die Asylsuchende zurückgeschickt werden können, sowie jene Vorschriften, die es Staaten ermöglichen, abgelehnte Asylsuchende vor der abschließenden Entscheidung ihres Verfahrens abzuschieben.

Damit wird Schutzsuchenden praktisch das Recht genommen, eine effektive Überprüfung einer zunächst negativen Entscheidung zu erhalten.

Mit diesen Regelungen laufen Asylsuchende Gefahr, weder eine individuelle Prüfung ihres Antrages zu erhalten noch eine effektive Möglichkeit, die Vermutung zu widerlegen, dass ein Staat in ihrem besonderen Fall nicht als sicher gelten kann.

Den Betroffenen kann nun überall in der EU die Aufnahme eines Asylverfahrens verweigert werden, wenn sie durch einen so genannten „besonders sicheren Drittstaat“ eingereist sind.

UNHCR sieht die Regelungen zu den sicheren und besonders sicheren Drittstaaten als potenziell gefährlich für Flüchtlinge an. Flüchtlinge könnten im Zuge von Kettenabschiebungen wieder in ihrem Heimatland landen. Dies wäre jedoch im direkten Gegensatz zu internationalem Recht.

UNHCR betonte, ein ähnliches Risiko gebe es bei den Einschränkungen zur Überprüfung eines Asylverfahrens. In einigen EU-Staaten würden 30-60 % aller Asylsuchenden erst nach einer Überprüfung der zunächst negativen Entscheidung als Flüchtlinge anerkannt.

Die Richtlinie ermöglicht zudem eine Reihe weiterer restriktiver und äußerst umstrittener Maßnahmen, die rechtlich bislang nur in ein oder zwei Mitgliedstaaten existierten.

Ab dem 1. Mai könnten diese Maßnahmen nun in die Gesetzgebung von 25 EU-Staaten einfließen. Beispielsweise soll es ermöglicht werden, unbegleiteten Minderjährigen über 16 Jahren die Vertretung durch einen Erwachsenen im Asylverfahren zu versagen.

Ebenfalls am Donnerstag verabschiedeten die EU-Staaten formell die Qualifikationsrichtlinie. Sie definiert, wer als Flüchtling anerkannt werden kann und wem subsidiärer (ergänzender) Schutz zusteht. Der subsidiäre Schutz erstreckt sich unter anderem auf Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, die keine individuelle Verfolgung geltend machen können.

UNHCR bedauert den sehr engen Geltungsbereich für Personen, die vor bewaffneten Konflikten und allgemeiner Gewalt fliehen.

Die Organisation begrüßt jedoch die dort enthaltene Flüchtlingsdefinition. Diese umfasst ausdrücklich auch jene Opfer von Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, die in einigen europäischen Staaten bislang nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden.

UNHCR betonte, die nächste Phase der EU-Asylharmonisierung werde von ausschlaggebender Bedeutung sein. Die Richtlinien legen nur Mindestnormen fest.

UNHCR rief alle 25 Mitgliedstaaten eindringlich dazu auf, höhere Standards zu setzen, wenn sie beginnen, die EU-Richtlinien in nationales Recht umzusetzen.

EU einigt sich auf neues Asylrecht.
Stellungnahme von UNHCR


PRO ASYL Aktion Europa wählt

Europa ohne Flüchtlinge

Wahl zum
Europa-
Parlament

Europa wählt

Sorgen Sie dafür, dass die Europa-Abgeordneten in Sachen Drittstaatenregelung richtig entscheiden!

Am 13. Juni findet die Wahl zum Europa-Parlament statt. Das neue Parlament muss sich binnen kürzester Zeit mit entscheidenden Fragen der Flüchtlingspolitik beschäftigen. Das hat folgenden Hintergrund:

  • Die EU-Osterweiterung

    Der Beitritt der neuen EU-Länder hat flüchtlingspolitisch folgenden Effekt: Deutschland befindet sich nicht mehr am Rand, sondern im Zentrum der EU.

    Verfolgte Menschen, die auf dem Landweg nach Europa fliehen, kommen nun zum größten Teil in einem der neuen Mitgliedsstaaten im Osten an.

    Diese Länder sind in keiner Weise auf diese Aufgabe vorbereitet.

  • Die Drittstaatenregelung

    Da viele der ehemaligen so genannten sicheren Drittstaaten jetzt Mitglieder der EU geworden sind, wird nun versucht, die an sie angrenzenden Länder zu solchen sicheren Drittstaaten zu erklären.

    Dies ermöglicht die Asylverfahrens- richtlinie, auf die sich die europäischen Innenminister geeinigt haben.

Potenzielle Kandidaten für den Status als sicherer Drittstaat sind

  • Albanien,
  • Bulgarien,
  • Kroatien,
  • Mazedonien,
  • Moldawien,
  • Rumänien,
  • Russland,
  • Serbien,
  • Türkei,
  • Ukraine und
  • Weißrussland

– allesamt Länder, in denen die Menschenrechtslage problematisch ist.

  • Die Maßnahmen an der Grenze

    Mit ihrer Aufnahme in die EU haben sich die Beitrittsländer zu enorm verschärften Kontrollen an ihren Außengrenzen verpflichtet. Dies wird durch die EU technisch, logistisch und finanziell mit mehreren hundert Millionen Euro gefördert.

    Die neuen EU-Länder verstärken z.Zt. die Abschottung der Grenzen bis hin zur völligen Undurchlässigkeit.

  • Das Zurückschicken

    Flüchtlinge, die trotz aller Hindernisse über einen der neuen EU-Staaten Europa erreichen, werden im Falle ihrer Weiterreise z.B. nach Deutschland wieder dorthin zurückgeschickt. Flüchtlinge werden ein für allemal von den reicheren EU-Ländern fern gehalten.

  • Was können Sie persönlich tun?

    Machen Sie den EU-Spitzenkandidaten der deutschen Parteien deutlich, dass es sich bei den oben genannten Ländern keineswegs um sichere Drittstaaten handelt.

    Wir haben eine Wahlpostkarte vorbereitet, auf der Sie diese Länder als „nicht sicher“ ankreuzen können.

    Bitte markieren Sie alle unsicheren Länder und tragen Sie dann die Adresse des von Ihnen ausgewählten EU-Spitzenkandidaten ein.

Dann senden Sie die Karte bitte so schnell wie möglich ab.

  • Was ist das Ziel dieser Aktion?

    Die brutale Abschottungspolitik hat zur Folge, dass Flüchtlingen in Zukunft nicht nur einzelne europäische Länder, sondern Europa schlechthin versperrt bleibt.

    PRO ASYL wendet sich gegen ein flüchtlingsfreies Europa.

    Wenn sich ein ganzer Kontinent seiner menschenrechtlichen Verantwortung entzieht, droht weltweit der Zusammenbruch des Flüchtlingsschutzes

    . Flüchtlingen, die das Gebiet der EU erreichen, muss zumindest in einem der EU-Staaten ein faires Asylverfahren

    eingeräumt werden.

    Die EU-Abgeordneten des neu zu wählenden Parlaments werden noch in diesem Jahr zu der der europäischen Innenminister gehört.

    In dieser Anhörung haben sie die Chance, die humane und demokratische Tradition Europas zu verteidigen und die Schaffung neuer sicherer Drittstaaten abzulehnen.

www.proasyl.de

Europäische Union: Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts


DRITTSTAATENREGELUNG


PRO ASYL Info

Asyllager in Nordafrika?

Europa ohne Flüchtlinge

Auffanglager
in Nordafrika

Guiseppe Pisanu (Forza Italia) und Schily („mein Freund“) planen gemeinsam

PRO ASYL Info
Asyllager in Nordafrika?

PRO ASYL warnt vor dem größten
Angriff auf das Asylrecht seit der Grundgesetzänderung

  • Für Tausende, die sich mit überfüllten und seeuntüchtigen Booten auf den gefährlichen Weg machen, wird das Mittelmeer zur tödlichen Falle. Mehr als 5.000 Menschen haben in den vergangenen zehn Jahren dabei ihr Leben verloren.

  • Zum Medienthema wird das tägliche Sterben im Sommer 2004, als sich im Zuge der Debatte um die »Cap Anamur« die Meldungen von in Seenot geratenen, gestrandeten oder gekenterten Flüchtlingsbooten häufen.

„Cap Anamur“ im Hafen Porto Empedocle

die aus Seenot geretteten Menschen

Kapitän Stefan Schmidt und Cap-Anamur-Chef Elias Bierdel

Die Hafen-Polizei kommt an Bord

Cap-Anamur-Chef Elias Bierdel wird abgeführt

  • Anstatt eine Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland anzubieten, schlägt Schily vor, europäische Asylverfahren nach Tunesien, Libyen, Algerien und Marokko auszulagern.

  • »Der Tod vieler Menschen könnte vermieden werden«, so Schily, wenn man Auffanglager in Nordafrika einrichtete, wo Flüchtlinge Asyl beantragen könnten, »ohne den gefahrvollen Weg über das Mittelmeer zu riskieren.« (FAZ, 22.07.2004).

  • Die aus Seenot geretteten Menschen sollen nicht mehr in Europa aufgenommen, sondern nach Afrika zurückgebracht werden und dort ein Asylverfahren durchlaufen.

  • Bundesaußenminister Fischer kritisierte dieses Vorhaben am 25.07.2004 im ZDF als »nicht wirklich zu Ende gedacht«.

  • Bei Schilys Vorschlag handelt es sich um nicht weniger als den größten Angriff auf das Asylrecht seit der Grundgesetzänderung von 1993.


Schilys Pläne

  • Die Asyllager in Nordafrika stellt sich der deutsche Innenminister so vor: »Es wird dort eine Aufnahmeeinrichtung geben und eine Institution, die aus Beamten der Asylbehörden der EU-Mitgliedstaaten zusammengesetzt ist. Diese Behörde prüft: Haben die Flüchtlinge einen Grund nach der Genfer Flüchtlingskonvention, der einer Rückkehr ins Heimatland entgegen steht? Wenn sie keinen haben, müssen sie zurück.« ( Süddeutsche Zeitung, 02.08.2004)

  • Ein Asylverfahren im Aufnahmelager sollen nicht nur diejenigen durchlaufen, die auf hoher See gerettet bzw. aufgegriffen werden, sondern auch – schon vorher – solche Flüchtlinge, die über nordafrikanische Länder in die EU fliehen wollen.

  • Abgelehnte Asylsuchende sollen nach der Asylprüfung in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.

  • Sogar schutzbedürftige und verfolgte Flüchtlinge will Schily nicht in Europa, sondern in der Regel in der Region »in der Nähe ihres Heimatlandes mit Unterstützung der EU…« (FAZ, 22.07.2004) unterbringen.

  • EU-Beamte sollen fest stellen, wer schutzbedürftig ist und wer nicht – die Folgen dieser Entscheidung werden dann anderen Staaten aufgebürdet.

  • »Nur in Ausnahmefällen kann eine Aufnahme in Europa nach dem Freiwilligkeitsprinzip in Betracht kommen. Jeder Mitgliedstaat der EU müßte dann erklären – im sogenannten Pledging-Verfahren, … wie viele Flüchtlinge er aufnehmen will.« ( FAZ, 22.07.2004)

  • Die Vorschläge laufen auf die Abschaffung des individuellen Asylrechts in Europa hinaus. Asyl würden in Europa nur noch diejenigen erhalten, die aus politischen oder sonstigen Gründen aufgenommen werden sollen.

  • Es kennzeichnet jedoch das Asylrecht und die GFK, dass Flüchtlinge ein Recht haben, dass ihr Antrag individuell geprüft wird und nicht nach politischen Ermessen entschieden wird.

  • Zusammen mit der am 29.04.2004 von den EU-Innenministern beschlossenen Asylverfahrensrichtlinie potenziert sich die Gefahr für den Flüchtlingsschutz.

  • Sie ermöglicht, dass Asylsuchende ohne eine umfassende Prüfung ihres Asylantrages in solche »sicheren Drittländer« abgeschoben werden können, die ihrerseits weder die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) unterzeichnet haben noch über ein funktionierendes Asylsystem verfügen.

  • Sie sieht nicht einmal vor, dass ein Flüchtling diesen »sicheren Drittstaat« jemals betreten bzw. durchquert hat. Es wird nur »eine Verbindung zwischen dem Asylbewerber und dem betreffenden Drittstaat« verlangt.

  • Welche rechtsstaatlichen Garantien gelten in den Auffanglagern? »Eine gerichtliche Kontrolle muss es nicht zwangsläufig geben. Wir sind außerhalb des Rechtsgebietes der EU.« (Schily, Süddeutsche Zeitung, 02.08.2004)

  • Mit der territorialen Verlagerung des Asylverfahrens in Lager außerhalb der EU werden die rechtsstaatlichen Garantien ausgehebelt und demokratische Kontrollinstrumentarien umgangen.

Das Lager Guantanamo Bay


Flüchtlinge ohne Asylland?

  • Bislang nicht beantwortet hat der Bundesinnenminister die Frage, was mit denjenigen Flüchtlingen geschehen soll, zu deren Aufnahme sich kein Drittstaat bereit erklärt.

  • Zwei Möglichkeiten sind denkbar, beide aus menschenrechtlicher Sicht höchst bedenklich:

  • Die eine ist Aufenthalt im Lager auf unbestimmte Zeit.

  • Oder: Die Zuständigkeit des Landes, auf dessen Gebiet das Lager liegt, könnte erkauft werden. Sieht man sich die menschenrechtliche Situation der potenziellen Kooperationspartner – Marokko, Libyen, Tunesien, Algerien, Ägypten – an, wird deutlich, welche Gefahren den Betroffenen dann drohen.

  • Beispiel Libyen: Dort sind Hunderte Kritiker und Oppositionelle der Gaddafi-Diktatur verschwunden, wurden gefoltert oder hingerichtet. Die Grundfreiheiten sind eingeschränkt, die Todesstrafe gilt für eine ganze Reihe auch kleinerer Straftaten.

Libyens Staatschef Muammar el Gaddafi

  • Ein Pilotprojekt wollen der italienische und der deutsche Innenminister in Libyen starten. Libyen ist eines der Haupttransitländer auf dem Weg nach Europa. Die libysche Regierung will europäische Hilfe zur Überwachung ihrer Südgrenzen nach Niger, Tschad und Sudan.

  • Durch die verstärkte gemeinsame Grenzüberwachung mit Albanien senkte Italien die Zahl der von dort Einreisenden von 26.000 im Jahr 1999 auf ganze 123 im Jahr 2003. Der geheime Vertrag mit Libyen wurde vor einem Jahr geschlossen.

  • Verantwortungsverlagerung – eine europäische Strategie. Dazu gehören

    • die militärische Aufrüstung an den Grenzen,

    • die Zurückweisung von Asylsuchenden in die so genannten »sicheren Drittstaaten«,

    • die Durchführung von Asylschnellverfahren in den so genannten »Transitzonen« und einiges mehr.

  • Diese Politik ist völkerrechtsfeindlich. Mit der Genfer Flüchtlingskonvention vollzog sich der Übergang von der Flüchtlingsaufnahme als einem unzulänglichen Akt staatlicher Gnade zu einem individuellen Schutzanspruch für Flüchtlinge. Asyl bedeutet im Kern den Schutz von Flüchtlingen vor Zurückweisung und Abschiebung in den Verfolgerstaat, die Gewährleistung des hierfür notwendigen Prüfungsverfahrens und eines menschenwürdigen Daseins.

  • Diese Politik hebelt den Rechtsstaat aus. Die Rechtsschutzgarantie besagt, dass jeder Einzelne gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt Rechtsmittel einlegen kann. Einen effektiven Rechtsschutz soll es nicht mehr geben.

  • Der einzig gangbare Weg, um die Friedhöfe in der Adria, in der Ägäis und in der Meerenge von Gibraltar nicht größer werden zu lassen, ist der

  • Rückbau der Festung Europa,

    Schaffung eines europäischen Asylrechts, das seinen Namen verdient,

    Eröffnung legaler Einwanderungsmöglichkeiten.

    Angriff auf Asylrecht


PRO ASYL Aktion

Asyllager in Nordafrika?

Europa ohne Flüchtlinge

Auffanglager
in Nordafrika

Guiseppe Pisanu (Forza Italia) und Schily („mein Freund“) planen gemeinsam

PRO ASYL Aktion
Asyllager in Nordafrika?

  • Am 5. Oktober 2004 wollen die Innenminister Italiens und Deutschlands ihren Plan mit Frankreich, Großbritannien und Spanien abstimmen.
  • Aus diesem Grund startet PRO ASYL nun eine Initiative, mit der wir uns an
    • den Bundeskanzler,
    • die Entwicklungshilfeministerin und an
    • den Außenminister wenden.

    Insbesondere Joschka Fischer weist in seinen Reden immer wieder eindringlich auf die humanitären Traditionen und Werte Europas hin.

  • An dieser Stelle benötigen wir Ihre Unterstützung: Schreiben Sie persönliche Briefe, in denen Sie den Bundeskanzler, die Entwicklungshilfe- ministerin und den Außenminister bitten, sich mit all ihren Möglichkeiten
    • auf europäischer Ebene,
    • im Bundeskabinett und
    • im Rahmen der Regierungskoalition

    gegen Asyllager in Nordafrika einzusetzen. Wir erwarten, dass sie ihren Einfluss geltend machen, um eine sofortige Kurskorrektur zu erreichen.

  • Was unternimmt PRO ASYL weiterhin? Nicht nur im Süden, auch an den neuen Ostgrenzen wird die Abschottung der EU-Grenzen vorangetrieben.
  • In Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen aus anderen europäischen Staaten recherchieren wir die Situation vor Ort.
  • Im nächsten Schritt werden wir das EU-Parlament informieren und Handlungsvorschläge unterbreiten.
    • Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages,
    • die Mitglieder des Innen- und
    • des Menschenrechtsausschusses

    sowie die

    • Außen-,
    • Europa- und
    • Entwicklungspolitiker

    müssen sich umgehend der Tragweite des Vorstoßes bewusst werden. Es ist dringend nötig, eine öffentliche Debatte in Gang zu setzen und gegen den größten Angriff auf das Asylrecht seit der Grundgesetzänderung 1993 vorzugehen.

Angriff auf Asylrecht


Zu Ihrem Schutz
Hier baut für Sie die Europäische Gemeinschaft

Europa ohne Flüchtlinge

Karrikatur Thomas Plaßmann

Angriff auf Asylrecht


PRO ASYL Info

EU-Flüchtlingslager in der Ukraine

Europa ohne Flüchtlinge

Auffanglager
in der Ukraine

Innenminister Ernst Strasser (l.) mit Heimatschutzminister Tom Ridge (USA)

EU-Flüchtlingslager in der Ukraine

Deutsch-österreichische Arbeitsteilung:

Demontage des europäischen Asylrechts
Ernst Strasser: EU-Flüchtlingslager in der Ukraine

  • Die Innenminister von Deutschland und Österreich haben in den letzten Jahren maßgeblich europäische Schutzstandards verwässert und in den Keller gefahren. Nun wollen Otto Schily und Ernst Strasser das individuelle Asylrecht in der erweiterten Europäischen Union völlig demontieren.

  • Beide Innenminister forcieren das Outsourcing des europäischen Flüchtlingsschutzes, ohne Rücksicht auf bestehende internationale Schutzabkommen, und vor allem ohne Rücksicht auf die jeweilige Menschenrechtssituation in den geplanten „europäischen Außenstellen“ in Nordafrika und in der Ukraine zu nehmen.

Der autokratische Präsident der Ukraine Leonid Kutschma mit Bundeskanzler Schröder

  • In der Ukraine sind Folter und Mißhandlungen noch immer weit verbreitet, vor allem durch Polizeibeamte bei Festnahmen und während Vernehmungen.

  • Die Haftbedingungen entsprechen nicht den internationalen Mindeststandards.

  • In der Empfehlung 1589 (2003) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zum Recht auf freie Meinungsäußerung in den europäischen Medien wird die Ukraine als Negativbeispiel angeführt.

Parlamentarische Versammlung des Europarates in Straßburg

  • Gewalt sei dort weiterhin ein Mittel, um Journalisten einzuschüchtern.

Oppositionsführer und Präsidentschaftskandidat Viktor Juschtschenko vor Zehntausenden Anhängern in Kiew : „Es hätte sein können, dass ich heute nicht hier stehe. Aber ich möchte den Behörden sagen: Ihr werdet uns nicht vergiften, ihr werdet uns nicht zerstören“.

  • Sowohl der deutsche Innenminister als auch sein österreichischer Kollege planen, ihre „Asylinitiativen“ demnächst im Rat Justiz und Inneres vorzustellen.

Angriff auf Asylrecht


PRO ASYL Info

Gegen die Schaffung von Lagern an den Grenzen Europas

Europa ohne Flüchtlinge

12. Oktober 2004
NRO’s
gegen Lager

Flüchtlinge im Auffanglager der spanischen Enklave Ceuta in Marokko

Gegen die Schaffung von Lagern
an den Grenzen Europas

  • Erstunterzeichner:
    • CCME (Kommission der Kirchen für Migranten in Europa);
    • FIDH-AE (European Association for the Defence of Human Rights);
    • FIDH (International Federation for Human Rights);
    • Human Rights Watch; Deutschland;
    • PRO ASYL,
    • Belgien: LDH (Ligue belge des droits de l’Homme), MRAX (Mouvement contre le Racisme l’Antisémitisme et la Xénophobie);
    • Großbritannien: JCWI (Joint Council for the Welfare of Immigrants), Liberty;
    • Spanien: APDHA (Asociación Pro Derechos Humanos de Andalucía), SOS-Racismo;
    • Frankreich: Cimade, GISTI, LDH (Ligue des Droits de l’Homme);
    • Italien: ARCI, FCEI (Federazione delle Chiese Evangeliche in Italia).
    • Einige diese Organisationen sind am Netzwerk MIGREUROP beteiligt.
    • Unterstützt von Mitgliedern des Europäischen Parlaments: Daniel Cohn-Bendit (Grüne), Hélène Flautre (Grüne), Adeline Hazan (SPE)
  • Hinter verharmlosenden Begriffen wie „Anlaufstellen“ oder „Unterstützungszentren“ steht in Wirklichkeit die Absicht, Lager in Nachbarstaaten der Europäischen Union zu errichten: In diese sollen Flüchtlinge und Migranten geschickt bzw. dort festgehalten werden, die wegen eines Asylgesuchs oder aus anderen Gründen versuchen, europäisches Territorium zu erreichen, um hier Schutz oder ein besseres Leben zu finden.
  • Nach Äußerungen von verantwortlichen Politikern der EU sei die Auslagerung von Asyl- und Einwanderungsverfahren eine Reaktion auf humanitäre «Belange» Um das Leben der Menschen zu retten, die jede Woche versuchen, Europas Küsten zu erreichen, sei es besser, sie in Lagern auf der anderen Seite des Mittelmeeres festzuhalten.
  • Eine Verwirklichung dieses Vorschlags … würde die düsteren Erinnerungen an die Lager der 30-er Jahre oder aus der Zeit des Bosnienkrieges wachrufen.
  • Das Europa, das wir wollen, darf sich seiner Verantwortung nicht entledigen. Die Verpflichtungen aus internationalen Abkommen und Verträgen (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Genfer Konvention, Europäische Menschen-rechtskonvention) müssen eingehalten werden.
  • Wir lehnen Lager an den Grenzen Europas ab.
  • Wir fordern, dass die Europäische Union in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des internationalen Rechts den Zugang zu ihrem Gebiet für Schutzsuchende erleichtert, statt die Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen auf andere Länder abzuschieben.

AUFRUF

Gegen die Schaffung von Lagern an den Grenzen Europas

Bitte unterzeichnen!

Beim Treffen der EU-Innenminister am 1. Oktober 2004 scheint der Vorschlag an Zustimmung gewonnen zu haben, außerhalb der Grenzen der Europäischen Union Zentren zur Bearbeitung von Asylanträgen einzurichten – ein Vorschlag, dessen Behandlung beim Europäischen Rat in Thessaloniki 2003 zunächst auf Eis gelegt worden war. Hinter verharmlosenden Begriffen wie „Anlaufstellen“ oder „Unterstützungszentren“ steht in Wirklichkeit die Absicht, Lager in Nachbarstaaten der Europäischen Union zu errichten: In diese sollen Flüchtlinge und Migranten geschickt bzw. dort festgehalten werden, die wegen eines Asylgesuchs oder aus anderen Gründen versuchen, europäisches Territorium zu erreichen, um hier Schutz oder ein besseres Leben zu finden. Es hat den Anschein, als seien zu diesem Zweck bereits nicht unwesentliche Finanzmittel im Prinzip bewilligt worden. Nach Äußerungen von verantwortlichen Politikern der EU sei die Auslagerung von Asyl- und Einwanderungsverfahren eine Reaktion auf humanitäre « Belange » Um das Leben der Menschen zu retten, die jede Woche versuchen, Europas Küsten zu erreichen, sei es besser, sie in Lagern auf der anderen Seite des Mittelmeeres festzuhalten. Eine Verwirklichung dieses Vorschlags würde einen nie dagewesenen Rückschritt darin bedeuten, wie Europa seine Verantwortung gegenüber denjenigen Menschen wahrzunehmen versucht, die vor Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und Armut fliehen. Es wäre die Fortsetzung einer zynischen Logik, die – weit davon entfernt die Ursachen von Flucht und Migration zu berücksichtigen und Antworten darauf zu finden – seit zehn Jahren nur noch danach trachtet, Europa vor den Opfern weltweiter Unruhen zu schützen; mit der Gefahr, Flüchtlingslager zu schaffen, die düstere Erinnerungen an die Lager der 30-er Jahre oder aus der Zeit des Bosnienkrieges wachrufen würden. Am 5. November 2004 werden die 25 EU-Staats- und Regierungchefs über die Zukunft der europäischen Migrations- und Asylpolitik entscheiden. Ihre Entscheidungen betreffen uns alle. Das Europa, das wir wollen, darf sich seiner Verantwortung nicht entledigen. Die Verpflichtungen aus internationalen Abkommen und Verträgen (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Genfer Konvention, Europäische Menschenrechtskonvention) müssen eingehalten werden. Das Europa, das wir wollen, muss dieser unsinnigen Vorgehensweise im Umgang mit Asylsuchenden und MigrantInnen ein Ende setzen. Wir lehnen Lager an den Grenzen Europas ab. Wir fordern die Staats- und Regierungschefs auf, diese entschlossen zurückzuweisen. Wir fordern, dass die Europäische Union in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des internationalen Rechts den Zugang zu ihrem Gebiet für Schutzsuchende erleichtert, statt die Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen auf andere Länder abzuschieben.

Erstunterzeichner: * CCME (Kommission der Kirchen für Migranten in Europa), * FIDH-AE (European Association for the Defence of Human Rights), * FIDH (International Federation for Human Rights), * Human Rights Watch; Deutschland: * PRO ASYL; * Belgien: LDH (Ligue belge des droits de l’Homme), MRAX (Mouvement contre le Racisme l’Antisémitisme et la Xénophobie); * Großbritannien: JCWI (Joint Council for the Welfare of Immigrants), Liberty; * Spanien: APDHA (Asociación Pro Derechos Humanos de Andalucía), SOS-Racismo; * Frankreich: Cimade, GISTI, LDH (Ligue des Droits de l’Homme); * Italien: ARCI, FCEI (Federazione delle Chiese Evangeliche in Italia). * Einige diese Organisationen sind am Netzwerk MIGREUROP beteiligt. * Unterstützt von Mitgliedern des Europäischen Parlaments: Daniel Cohn-Bendit (Grüne), Hélène Flautre (Grüne), Adeline Hazan (SPE) 12. Oktober 2004

APPEL – AUFRUF – APPEAL


Auffanglager in Nordafrika

Europa ohne Flüchtlinge

Auffanglager
in
Nordafrika

Asyllager am Flughafen Frankfurt

HOMO SACER

Sovereign Power and Bare Life
Giorgio Agamben

  • Das Lager, der Raum, in dem es nicht vom Recht abhängt, ob mehr oder weniger Grausamkeiten begangen werden,

  • sondern von der Zivilität und dem ethischen Sinn der Polizei, die da vorrübergehend als Souverän agiert.

    Lager:

  • Station von Bari
    1991 für albanische Flüchtlinge

  • Velodrom d’Hiver
    Vichy-Regierung für Juden

  • Lager in Cottbus-Sielow
    Weimarer Regierung für Ostjuden

  • zones d’attente
    Flüchtlinge auf frz. Flughäfen…


  • Die Geburt des Lagers in unserer Zeit…
    ein Ereignis, das den politischen Raum der Moderne als solchen in entscheidender Weise prägt.

  • Das Lager ist der Raum, der sich öffnet, wenn der Ausnahmezustand zur Regel zu werden beginnt.

Angriff auf Asylrecht


Empfehlung des Europäischen Parlaments

Europa ohne Flüchtlinge

18. Oktober 2004 Empfehlung des Europäischen Parlaments

Europäisches Parlament

18. Oktober 2004

Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat und den Europäischen Rat zur Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie zu den Bedingungen für die Stärung seiner Legitimität und Effizienz

Das Europäische Parlament,

  • im Bedauern darüber, dass sich die Fortschritte im Bereich Asyl und Einwanderung bislang im Wesentlichen auf die Bekämpfung der illegalen Einwanderung konzentriert haben und nicht mit ausreichenden Anstrengungen zur Förderung der Integration von Ausländern mit geregeltem Aufenthaltsstatus einhergegangen sind,
  • In der Erwägung, dass „Flüchtlingslager“ außerhalb der Union nicht in Betracht gezogen werden sollten, da sie die offensichtliche Gefahr mit sich bringen, dass die Grundrechte verletzt werden,
  • Überzeugt, dass jede künftige Entwicklung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Folgendes berücksichtigen muss:
    • die Einstimmigkeitsregel verbindliche Beschlüsse sehr schwierig macht,
    • das Alibi der hoheitlichen Zuständigkeiten oft berufsgruppen-spezifische Reaktionen verschleiert,
  • 1. empfiehlt dem Europäischen Rat und dem Rat, sich bei der Festlegung der Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts von drei allgemeinen Forderungen leiten zu lassen:

    • a) Stärkung der Legitimität des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts:
      • indem sie beschließen, im Geiste der Verfassung und der für die Umsetzung des Vertrags von Nizza bereits getroffenen Vereinbarungen
      • zum Mitentscheidungsverfahren mit dem Parlament überzugehen,
      • die qualifizierte Mehrheit im Rat anzuwenden
      • sowie die Kontrolle des Gerichtshofs in den Bereichen des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auszuweiten, in erster Linie auf die Maßnahmen im Bereich der Einwanderung
    • b) Förderung der Grundfreiheiten und Grundrechte im Rahmen der Politikbereiche des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und dementsprechend:
  • 2. empfiehlt dem Europäischen Rat und dem Rat die folgenden, in den nächsten fünf Jahren zu realisierenden spezifischen Ziele:
    • a) bezüglich der Einwanderungspolitik Festlegung eines kohärenten rechtlichen Rahmens, um die folgenden sechs Ziele zu erreichen:
      • Einführung einer kohärenten Einwanderungspolitik, um legale Einwanderungswege zu schaffen, was unter anderem dazu beitragen könnte, die Anreize für illegale Einwanderung zu verringern;
      • Bewältigung der neuen demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen die Europäische Union derzeit konfrontiert ist, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Aufnahmekapazitäten der Mitgliedstaaten;
      • Anerkennung des Umstands, dass Zuwanderer nicht nur vorübergehende Arbeitskräfte darstellen, die dazu dienen, Unausgewogenheiten auszugleichen, sondern im Gegenteil Berücksichtigung ihres langfristigen Beitrags zu unseren Gesellschaften;
      • Unterstützung der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Integration derZuwanderer durch geeignete Maßnahmen und finanzielle Mittel;
      • Übernahme aller Bestimmungen der am 18. Dezember 1990 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommenen Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen in Beschlüsse und Rahmenbeschlüsse;
      • Schaffung eines kohärenten Rahmens für die internationale Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern;
    • b) bezüglich der Politik zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung Schaffung eines geeigneten rechtlichen Rahmens, um die folgenden drei Ziele zu erreichen:
      • Harmonisierung innerhalb der Mitgliedstaaten des für einen gemeinsamen Ansatz unerlässlichen Konzepts der illegalen Einwanderung;
      • Einführung einer gemeinsamen Politik der Bekämpfung der illegalen Einwanderung und der illegalen Beschäftigung durch Bestrafung der Schleuser;
      • Einführung einer gemeinsamen Politik zur Bekämpfung aller Formen des illegalen Menschenhandels;
    • c) bezüglich der Rückführungspolitik Festlegung… unter Einhaltung der Bestimmungen der Genfer Konvention in Absprache mit den Herkunfts- oder Zielländern mit dem Ziel, gemeinsame Standards für den Schutz der Rückgeführten festzulegen, die die Mitgliedstaaten verpflichten, die Würde und die physische Unversehrtheit der im Rahmen der Rückführungsoperationen ausgewiesenen Personen zu wahren;
    • d) bezüglich der Asylpolitik Festlegung eines einheitlichen Status und eines gemeinsamen Asylverfahrens, wie in Tampere vorgesehen und durch den Entwurf des Verfassungsvertrags bestätigt, bei gleichzeitiger Stärkung der Maßnahmen zum Schutz der Flüchtlinge oder der Personen, die humanitärer Hilfe bedürfen, und Gewährleistung der uneingeschränkten Ausübung ihrer individuellen und sozialen Rechte besonders im Zusammenhang mit der Gesundheit, Bildung und Beschäftigung;
    • verweist im Übrigen darauf, dass der rechtliche Rahmen, der von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten zum Nutzen dieser Personen eingehalten werden muss, durch internationale Übereinkommen, ob sie von der Europäischen Union und/oder von ihren Mitgliedstaaten ausgehandelt werden, nicht in Frage gestellt werden darf;
    • in Bezug auf diese Politik Berücksichtigung der Lehren aus den Erfahrungen mit dem Lager von Sangatte
    • Demo: Aliens suchen Asyl in Sangatte

    • und der Bedenken, die von Organisationen für den Schutz der Rechte von Einwanderern und insbesondere von der Internationalen Föderation der Menschenrechts-Ligen geäußert werden,
    • die die Europäische Union auffordern, sich nicht der Verantwortung zu entziehen, die ihr aufgrund der Genfer Konvention zukommt, und sich nicht der Gefahr auszusetzen, einem Rechtsvakuum in Bezug auf Personen die Tür zu öffnen, die zu den am stärksten benachteiligten Personen der Welt zählen;

Vom Parlament angenommene Texte

Donnerstag, 14. Oktober 2004
Vorläufige Ausgabe

Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

P6_TA-PROV(2004)0022 A6-0010/2004 (Anmerkung: Link zu Seiten/Dokument nicht mehr vorhanden)

Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat und den Europäischen Rat zur Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie zu den Bedingungen für die Stärkung seiner Legitimität und Effizienz (2004/2175(INI))

Das Europäische Parlament,

  • in Kenntnis des Vorschlags für eine Empfehlung an den Rat und den Europäischen Rat von Baroness Sarah Ludford im Namen der ALDE-Fraktion zur Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie zu den Bedingungen für die Stärkung seiner Legitimität und Effizienz (B6-0006/2004) (Anmerkung: Link zu Seiten/Dokument nicht mehr vorhanden),
  • gestützt auf Artikel 114 Absatz 3 und Artikel 94 seiner Geschäftsordnung,
  • in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A6-0010/2004) (Anmerkung: Link zu Seiten/Dokument nicht mehr vorhanden),

A. darüber unterrichtet, dass der Europäische Rat beabsichtigt, am 5. November 2004 die Prioritäten des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die kommenden Jahre festzulegen,

B. in Kenntnis der wichtigen Fortschritte, die erzielt wurden, aber auch der zahlreichen Verzögerungen, die sich in der Europäischen Union bei der in Artikel 2 des EU-Vertrags vorgesehenen Umsetzung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ergeben haben,

C. im Bedauern darüber, dass sich die Fortschritte im Bereich Asyl und Einwanderung bislang im Wesentlichen auf die Bekämpfung der illegalen Einwanderung konzentriert haben und nicht mit ausreichenden Anstrengungen zur Förderung der Integration von Ausländern mit geregeltem Aufenthaltsstatus einhergegangen sind,

D. in der Erwägung, dass „Flüchtlingslager“ außerhalb der Union nicht in Betracht gezogen werden sollten, da sie die offensichtliche Gefahr mit sich bringen, dass die Grundrechte verletzt werden,

E. überzeugt, dass jede künftige Entwicklung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Folgendes berücksichtigen muss:

  • das plötzliche Auftreten der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus seit dem 11. September 2001, die die Europäische Union auf spektakuläre Weise durch die Anschläge von Madrid am 11. März 2004 erreicht hat,
  • die Erweiterung auf 10 neue Mitgliedstaaten, durch die aus der Europäischen Union eine Demokratie mit 450 Millionen Menschen geworden ist,
  • das Inkrafttreten des Vertrags von Nizza am 1. Februar 2003, der erstmals die Ausweitung der qualifizierten Mehrheit und der Mitentscheidung auf bestimmte wichtige Bestimmungen der Asyl- und Einwanderungspolitik sowie der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen vorsieht,
  • die Unterzeichnung des Entwurfs des Verfassungsvertrags (1) am 29. Oktober 2004, der die Charta der Grundrechte als Titel II des Vertrages aufnimmt, die Anwendung der Mitentscheidung auf die Legislativerfahren generalisiert und die Kontrolle des Gerichtshofs auf die Maßnahmen des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, die davon ausgenommen waren, ausweitet und schließlich Privatpersonen das Klagerecht bei europäischen Gerichten einräumt,
  • den Umstand, dass der Terrorismus das größte Problem darstellt, das das Zusammenleben und die Sicherheit der europäischen Bürger beeinträchtigt und in Zukunft wohl noch stärker beeinträchtigen wird; dies ist ein wesentlicher Grund für unsere Überzeugung, dass der Aufbau des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu einem echten Symbol und zu einer echten Referenz für die Bedeutung des zusätzlichen Nutzens werden muss, den die Europäische Union im Kampf gegen dieses Übel bringt,
  • den Umstand, dass keine Einigkeit darüber herrscht, welche Mittel zur Lösung der Sicherheitsprobleme der europäischen Bürger geeignet sind,
  • den Umstand, dass der Terrorismus nicht als das Hauptproblem betrachtet wurde, das das Zusammenleben und die Sicherheit der europäischen Bürger beeinträchtigt,

F. sehr besorgt über Unzulänglichkeiten der Mitgliedstaaten und der Organe bei der Umsetzung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, die bei der Arbeit des Konvents, in zahlreichen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates und in den regelmäßigen Berichten der Kommission beklagt wurden,

G. in der Erwägung, dass diese Unzulänglichkeiten unmittelbar durch geeignete Reformen korrigiert werden müssen, die unter Wahrung der geltenden Verträge zu verabschieden sind, aber auch im Lichte der politischen Ziele, die in den Entwurf des Verfassungsvertrags, der am Vorabend des Europäischen Rates unterzeichnet sein wird, eingegangen sind,

H. unter Hinweis darauf, dass Artikel 29 des EU-Vertrags der Europäischen Union die Verantwortung dafür überträgt, „in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten“, die Antwort der Europäischen Union allerdings eher theoretisch als praktisch ausgefallen ist, weil

  • die Einstimmigkeitsregel verbindliche Beschlüsse sehr schwierig macht,
  • das Alibi der hoheitlichen Zuständigkeiten oft berufsgruppenspezifische Reaktionen verschleiert,
  • es an einer klaren Rollenverteilung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten sowohl innerhalb der verschiedenen Politikbereiche (Einwanderung, justizielle Zusammenarbeit, Datenschutz) als auch zwischen den Staaten (die ganz oder teilweise an der Schengener Zusammenarbeit beteiligt sind) fehlt,
  • es an verlässlichen und strukturierten Überwachungsverfahren mangelt,
  • es an verlässlichen Sicherheitsmechanismen für Krisensituationen oder bei der Verweigerung der Zusammenarbeit fehlt,

I. in der Erwägung, dass es nicht möglich ist,

  • die Umsetzung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts von einer Politik des Schutzes und der Förderung der Grundrechte und der Unionsbürgerschaft innerhalb der Europäischen Union zu trennen, und
  • den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von einer minimalen Harmonisierung, die ein gegenseitiges Vertrauen schafft, zu trennen,

J. in der Erwägung, dass es nötig ist, allen Bestimmungen der neuen Verfassung betreffend die Ausweitung der Mitentscheidung und der qualifizierten Mehrheit vorzugreifen, wann immer der geltende Vertrag rechtlich die Möglichkeit dazu bietet,

K. im Bedauern darüber, dass einige Mitgliedstaaten sich in den letzten fünf Jahren im Rat der Festlegung von Standards zum Schutz der Bürgerrechte und der Personen widersetzt haben und das Fehlen solcher Standards häufig (manchmal sogar von denselben Mitgliedstaaten) als ein Grund, die gegenseitige Anerkennung zu blockieren, ins Feld geführt wurde,

L. in der Überzeugung, dass die von manchen Mitgliedstaaten vorgeschlagenen pragmatischen Lösungen es nicht ermöglichen, die tatsächlichen Probleme zu lösen, die die Entwicklung des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit sich bringt, wenn keine klare Einigung über einen gemeinsamen Bestand von Grundsätzen besteht, wie die Unfähigkeit, in der Frage des Datenschutzes ernsthaft voranzukommen, zeigt,

M. sehr besorgt über das Fehlen wirklich adäquater Maßnahmen zur Bekämpfung der Bedrohung durch den Terrorismus und zur Bewältigung der Herausforderungen im Hinblick auf die Freiheiten der Bürger und überzeugt davon, dass „… das Konzept der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung eine europäische Dimension erhalten [muss], so dass die Mitgliedstaaten die Bedrohung der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung in einem anderen Mitgliedstaat wie eine Bedrohung ihrer eigenen nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung behandeln“(2),

N. in dem Bewusstsein, eine außerordentliche Verantwortung für den Schutz der Rechte und der Sicherheit der europäischen Bürger zu haben, und in dem Bedauern darüber, dass die Programmplanungs- und Beschlussmechanismen innerhalb des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nicht transparent und demokratisch genug sind, weshalb das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente allzu häufig vor vollendete Tatsachen gestellt werden,

1. empfiehlt dem Europäischen Rat und dem Rat, sich bei der Festlegung der Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts von drei allgemeinen Forderungen leiten zu lassen:

  • a) Stärkung der Legitimität des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts:
    • indem sie beschließen, im Geiste der Verfassung und der für die Umsetzung des Vertrags von Nizza bereits getroffenen Vereinbarungen zum Mitentscheidungsverfahren mit dem Parlament überzugehen, die qualifizierte Mehrheit im Rat anzuwenden sowie die Kontrolle des Gerichtshofs in den Bereichen des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auszuweiten, in erster Linie auf die Maßnahmen im Bereich der Einwanderung (Artikel 67 des EG-Vertrags) und in zweiter Linie auf die Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und der internationalen Kriminalität (Artikel 42 des EU-Vertrags);
    • indem sie gewährleisten, dass die Organe der Europäischen Union im Bereich der Freiheit, der Demokratie und der Rechtstaatlichkeit die gleichen Anforderungen erfüllen, die sie von Seiten der Mitgliedstaaten erwarten;
    • indem sie bei den legislativen Debatten im Rat sowie bei der Umsetzung der von der Europäischen Union getroffenen Maßnahmen auf nationaler Ebene (durch entsprechende Anpassung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (3) und der Geschäftsordnungen des Rates und der Kommission) unverzüglich den Grundsatz der Transparenz anwenden;
    • indem sie die systematische Anhörung des Parlaments bei jedem internationalen Übereinkommen der Europäischen Union im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sowie bei jedem Entwurf eines gemeinsamen Standpunkts, der sich auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bezieht, vorsehen, wobei sich die Anhörung als besonders nötig erweist, wenn diese Texte nicht den nationalen Parlamenten vorgelegt werden;
    • indem sie das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente in vollem Umfang und rechtzeitig an der Festlegung und Aktualisierung der gesetzgeberischen und operativen Programmplanung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen (Artikel III-258 des Entwurfs des Vertrags über eine Verfassung für Europa);
  • b) Förderung der Grundfreiheiten und Grundrechte im Rahmen der Politikbereiche des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und dementsprechend:

    • im nächsten Aktionsplan nicht nur die in Tampere festgelegten politischen Maßnahmen, die in den Zuständigkeitsbereich des Rates Justiz und Inneres fallen, zu berücksichtigen, sondern auch alle anderen Politiken, die in den geltenden Verträgen im Zusammenhang mit den Grundrechten, der Unionsbürgerschaft, dem Schutz der Minderheiten, dem Kampf gegen Diskriminierung, der Förderung der Transparenz und dem Datenschutz stehen;
    • die Kenntnis der Rechte im Zusammenhang mit der europäischen Unionsbürgerschaft in Absprache mit den Mitgliedstaaten zu fördern, damit sich kein europäischer Bürger in irgendeinem Land der Europäischen Union als Ausländer fühlt;
    • die Ausbildung von Richtern, Anwälten und Polizeibeamten, die damit beauftragt sind, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten, im europäischen Recht zu systematisieren, wobei jeder nationale Richter oder jeder nationale Polizeibeamte natürlich auch ein europäischer Richter oder europäischer Polizeibeamter ist;
    • die rasche Einrichtung der Europäischen Agentur für die Grundrechte zu fordern, die im Dienste der europäischen und nationalen Einrichtungen steht und sich auch unter Berücksichtigung von Artikel 7 des EU-Vertrags mit der systematischen Evaluierung der auf dem Gebiet der Europäischen Union im Bereich der Grundrechte verfolgten Politiken beschäftigt; die Agentur muss den Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen unterliegen, die für die Gemeinschaftsagenturen gelten;
    • von der Kommission die rasche Einrichtung einer Europäischen Agentur für die Opfer des Terrorismus zu fordern, als Anlauf- und Kontaktstelle auf europäischer Ebene für die Bürger, deren Grundrechte infolge der terroristischen Bedrohung, die auf Europa und der übrigen Welt lastet, verletzt werden;
    • durch neue Legislativvorschläge ein Gleichgewicht zwischen den Sicherheitserfordernissen und der Achtung der Grundrechte wiederherzustellen,
    • die vorangehende Prüfung der Einhaltung der Grundrechte (so wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt wurden) für jeden Rechtsakt der Europäischen Union oder der Europäischen Gemeinschaft zu fordern;
    • zur Erleichterung des gegenseitigen Vertrauens eine Kultur der Grundrechte innerhalb der Europäischen Union durch Begünstigung des ständigen Dialogs der höchsten Gerichte, der öffentlichen Verwaltungen und der Anwender des Rechts sowie die Entwicklung von Netzwerken für den Informationsaustausch und Konsultationsmöglichkeiten von Richtern, Verwaltungen und Forschern untereinander zu fördern;
    • das Konzept der Unionsbürgerschaft zu stärken und Garantien für die Freizügigkeit der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen und eingetragenen Partner gleich welchen Geschlechts aufzunehmen;
    • ein gemeinsames Schutzniveau der Grundrechte in der gesamten Union zu gewährleisten und dabei die gegenseitige Anerkennung und eine bessere justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern sowie sich bei bestimmten Aspekten des Verfahrensrechts auf gemeinsame Mindeststandards zu einigen;
  • c) Glaubwürdigkeit sowohl auf der Ebene der Europäischen Union als auch von Seiten der Mitgliedstaaten: dies setzt voraus, dass die Leitlinien des 5. November 2004 für jedes Ziel einen glaubwürdigen Zeitplan, die Einsetzung einer Follow-up-Gruppe (in der das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente vertreten sind) und ausreichend ehrgeizige Ziele wie die folgenden vorsehen:

    • Einleitung systematischer Untersuchungen im Bereich der inneren Sicherheit der Union (siehe Projekt PASR-2004), insbesondere zur Vorbeugung vor Katastrophen, seien es Naturkatastrophen oder Terroranschläge;
    • Schaffung eines Kernbestandes von operationellen Vorschriften im Bereich der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, indem der Inhalt der auf diesem Gebiet bereits unterzeichneten, jedoch von der Mehrheit der Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2004 nicht ratifizierten Übereinkommen in Beschlüsse oder Rahmenbeschlüsse übernommen wird;
    • Stärkung der Rolle der Kommission auf Unionsebene im Bereich operationeller Maßnahmen, einschließlich der Maßnahmen, die in die Zuständigkeit des Koordinators für Terrorismusbekämpfung fallen, wobei die Bedingungen für eine funktionelle Zusammenarbeit mit der Kommission und eine wirksame parlamentarische Kontrolle seiner Tätigkeit gewährleistet sein müssen; auf jeden Fall muss die Position des Koordinators, der derzeit mit dem Hohen Vertreter für die GASP zusammenarbeitet, überprüft werden, sobald dieser von dem Außenminister der Union, einem Vizepräsidenten der Kommission, abgelöst wird;
    • Entwicklung kohärenter EDV-Netze unter Beachtung der für den Datenschutz geltenden Bestimmungen, die den ständigen Austausch zwischen den nationalen Verwaltungen fördern, die für die Sicherheitskontrollen (z.B. Überarbeitung des SIS II), die justizielle Zusammenarbeit (z.B. Zusammenschluss der nationalen Strafregister zu einem Verbundsystem) oder den Personenverkehr, einschließlich der Staatsangehörigen aus Drittstaaten (siehe Projekt VIS), zuständig sind;
    • die Umwandlung Europols in eine europäische Agentur, die den Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen unterliegt, die für die Gemeinschaftsagenturen gelten, durch einen Beschluss gemäß Artikel 30 des EU-Vertrags;
    • die Übernahme aller Bestimmungen im Bereich der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit, die in den von den Mitgliedstaaten unterzeichneten, jedoch nicht ratifizierten Übereinkommen festgelegt sind, in Beschlüsse und Rahmenbeschlüsse;
    • die Festlegung der Modalitäten für die Erlangung, die Bearbeitung und die Kontrolle, einschließlich der parlamentarischen und justiziellen Kontrolle, von nachrichtendienstlichen Erkenntnissen;
    • die Festlegung der Hauptbereiche, in denen sich die Europäische Union engagieren muss, wie etwa Asyl, Einwanderung oder Terrorismus, wobei davon ausgegangen wird, dass ein Zusammenhang zwischen dem Bestehen gemeinsamer Probleme im Inneren und der Möglichkeit einer Außenpolitik existiert; bei dieser Festlegung arbeiten die Kommission und der Rat Justiz und Inneres eng zusammen;
    • die Annahme von Standards für den Datenschutz und die Einrichtung einer gemeinsamen Behörde für den Datenschutz, in der die für diesen Bereich verantwortlichen nationalen Behörden auf europäischer Ebene zusammentreten;
    • die Unterwerfung der für die Einholung und Bearbeitung vertraulicher Informationen zuständigen Exekutivbehörden der Europäischen Union unter die demokratische Kontrolle des Parlaments in der gleichen Form wie in den meisten Mitgliedstaaten;

2. empfiehlt dem Europäischen Rat und dem Rat die folgenden, in den nächsten fünf Jahren zu realisierenden spezifischen Ziele:

  • a) bezüglich der Einwanderungspolitik Festlegung eines kohärenten rechtlichen Rahmens, um die folgenden sechs Ziele zu erreichen:

    • Einführung einer kohärenten Einwanderungspolitik, um legale Einwanderungswege zu schaffen, was unter anderem dazu beitragen könnte, die Anreize für illegale Einwanderung zu verringern;
    • Bewältigung der neuen demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen die Europäische Union derzeit konfrontiert ist, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Aufnahmekapazitäten der Mitgliedstaaten;
    • Anerkennung des Umstands, dass Zuwanderer nicht nur vorübergehende Arbeitskräfte darstellen, die dazu dienen, Unausgewogenheiten auszugleichen, sondern im Gegenteil Berücksichtigung ihres langfristigen Beitrags zu unseren Gesellschaften;
    • Unterstützung der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Integration der Zuwanderer durch geeignete Maßnahmen und finanzielle Mittel;
    • Übernahme aller Bestimmungen der am 18. Dezember 1990 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommenen Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen in Beschlüsse und Rahmenbeschlüsse;
    • Schaffung eines kohärenten Rahmens für die internationale Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern;
  • b) bezüglich der Politik zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung Schaffung eines geeigneten rechtlichen Rahmens, um die folgenden drei Ziele zu erreichen:
    • Harmonisierung innerhalb der Mitgliedstaaten des für einen gemeinsamen Ansatz unerlässlichen Konzepts der illegalen Einwanderung;
    • Einführung einer gemeinsamen Politik der Bekämpfung der illegalen Einwanderung und der illegalen Beschäftigung durch Bestrafung der Schleuser;
    • Einführung einer gemeinsamen Politik zur Bekämpfung aller Formen des illegalen Menschenhandels;
  • c) bezüglich der Rückführungspolitik Festlegung im Mitentscheidungsverfahren – gemäß den in der Erklärung Nr. 5 zu Artikel 67 des EG-Vertrags eingegangenen Verpflichtungen und unter Einhaltung der Bestimmungen der Genfer Konvention – einer Rückführungspolitik in Absprache mit den Herkunfts- oder Zielländern mit dem Ziel, gemeinsame Standards für den Schutz der Rückgeführten festzulegen, die die Mitgliedstaaten verpflichten, die Würde und die physische Unversehrtheit der im Rahmen der Rückführungsoperationen ausgewiesenen Personen zu wahren;
  • d) bezüglich der Asylpolitik Festlegung eines einheitlichen Status und eines gemeinsamen Asylverfahrens, wie in Tampere vorgesehen und durch den Entwurf des Verfassungsvertrags bestätigt, bei gleichzeitiger Stärkung der Maßnahmen zum Schutz der Flüchtlinge oder der Personen, die humanitärer Hilfe bedürfen, und Gewährleistung der uneingeschränkten Ausübung ihrer individuellen und sozialen Rechte besonders im Zusammenhang mit der Gesundheit, Bildung und Beschäftigung; verweist im Übrigen darauf, dass der rechtliche Rahmen, der von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten zum Nutzen dieser Personen eingehalten werden muss, durch internationale Übereinkommen, ob sie von der Europäischen Union und/oder von ihren Mitgliedstaaten ausgehandelt werden, nicht in Frage gestellt werden darf; in Bezug auf diese Politik Berücksichtigung der Lehren aus den Erfahrungen mit dem Lager von Sangatte und der Bedenken, die von Organisationen für den Schutz der Rechte von Einwanderern und insbesondere von der Internationalen Föderation der Menschenrechts-Ligen geäußert werden, die die Europäische Union auffordern, sich nicht der Verantwortung zu entziehen, die ihr aufgrund der Genfer Konvention zukommt, und sich nicht der Gefahr auszusetzen, einem Rechtsvakuum in Bezug auf Personen die Tür zu öffnen, die zu den am stärksten benachteiligten Personen der Welt zählen;
  • e)
    • bezüglich der justiziellen Zusammenarbeit Förderung der gegenseitigen Anerkennung, was die Annahme von Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Justizbehörden und den Bürgern sowie zwischen den Justizbehörden selbst voraussetzt;
    • bezüglich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen Annahme von Maßnahmen zur Angleichung des Familienrechts, des rechtlichen Rahmens für das Erbrecht und die sonstigen Bereiche, die derzeit durch die im Rahmen des Haager Übereinkommens festgelegten Mindestvorschriften abgedeckt sind;
    • bezüglich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen Annahme von Maßnahmen zur Festlegung der wesentlichen Elemente der Straftaten gemäß Artikel 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI(4) über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten sowie Annahme von Maßnahmen zur Festlegung der den Beschuldigten und Häftlingen zu gewährleistenden Mindestgarantien; in diesem Bereich muss ferner Eurojust einen neuen Impuls erhalten mit dem Ziel der Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, deren Zuständigkeit über den bloßen Schutz der finanziellen Interessen der Union hinausgehen würde;
  • f) Durchführung einer genauen und öffentlichen Evaluierung der Umsetzung des Aktionsplans gegen den Terrorismus, seiner Verknüpfung mit den entsprechenden nationalen und internationalen Plänen und seiner vollkommenen Vereinbarkeit mit der Achtung der individuellen Freiheiten vor Ende 2005;
  • g) Erstellung einer genauen und öffentlichen Evaluierung der praktischen Folgen des Bestehens spezifischer Systeme in manchen Mitgliedstaaten und Vorbereitung ihrer schrittweisen Integration in das gemeinsame Recht;
  • h) Einrichtung eines integrierten Grenzverwaltungssystems für die Zusammenarbeit zwischen der einzurichtenden Europäischen Agentur und den Dienststellen der Mitgliedstaaten, die für die Personen- und Warenkontrolle zuständig sind;

3. beglückwünscht den niederländischen Ratsvorsitz zu seinem Eintreten dafür, dass spätestens zum 1. April 2005 der Beschluss über die Anwendung der qualifizierten Mehrheit und des Mitentscheidungsverfahrens auf sämtliche Maßnahmen aus Titel IV des EG-Vertrags erlassen wird; fordert den Europäischen Rat auf, diesen Vorschlag aufzugreifen;

4. beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat und dem Europäischen Rat und zur Information der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1) Die Zitate in dieser Entschließung beziehen sich auf das Dokument CIG/87/04.

(2) Vorschlag des niederländischen Vorsitzes, Dokument Nr. 11122/04, Abs. 4.2.

(3) ABl. L 145 vom 31.5.2001, S.43.

(4) ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Zukunft des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts


Die Verantwortung für Asylsuchende teilen

Europa ohne Flüchtlinge

Standpunkt
des
UN-Hochommissars für Flüchtlinge

Ruud Lubbers

5. November 2004

Frankfurter Rundschau
Standpunkt

Die Verantwortung für Asylsuchende teilen

  • Wir sollten endlich damit aufhören so zu tun, als wenn Europa von Asylsuchenden „überflutet“ würde.

    Im Jahre 1992 wurden in jenen 25 Staaten, die nun die EU bilden, insgesamt rund 680.000 Asylsuchende gezählt. Letztes Jahr waren es weniger als 350.000.

    Krisenrhetorik hat weiterhin Konjunktur – oftmals einhergehend mit kaum verhüllter Fremdenfeindlichkeit und politischen Opportunismus.

Lippenbekenntnisse statt Schutz

  • Jedermann gibt das Lippenbekenntnis ab, dass „genuine Flüchtlinge Schutz benötigen und verdienen“

  • Die europäischen Asylsysteme bieten Flüchtlingen nicht immer den Schutz, den sie benötigen und verdienen. Oder sie haben sogar noch nicht einmal die Chance, ihr Schutzgesuch vorzutragen. Dabei denke ich nicht nur an die jüngsten Ereignisse in Italien.

  • Ein erheblicher Anteil von Flüchtlingen – vor allem jene, die vor Krieg und allgemeiner Gewalt fliehen – werden durch die im letzten Jahr harmonisierte EU-Regelung ausgeschlossen. Denn den Mitgliedsstaaten bleibt es überlassen, ihnen eine Arbeitserlaubnis zu verweigern

    .

Chancengleichheit nicht gegeben

  • Wenn die EU es ernst meint mit der Eindämmung irregulärer Migration, ist es notwendig, für Flüchtlinge und Migranten legale Wege nach Europa zu eröffnen. Derzeit liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, ein EU-Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus Erstasylländern einzurichten.

  • Darüber hinaus brauchen wir ein System zur Steuerung der Arbeitsmigration. Indem wir jene legitimieren, die wir wollen – statt heimlich von ihrer Schwarzarbeit zu profitieren – können wir sie aus der Hand von Schleppern und Schleusern befreien.

  • Eine Politik, die auf Ausgrenzung setzt, ist nicht nur moralisch anfechtbar, sie ist auch realitätsfern: Dies führt nur dazu, alle Formen der Migration, auch Flüchtlinge, in den Untergrund abzudrängen.


5. November 2004
(voller Interviewtext)

Frankfurter Rundschau
Standpunkt

Die Verantwortung für Asylsuchende teilen

  • Wir sollten endlich damit aufhören so zu tun, als wenn Europa von Asylsuchenden „überflutet“ würde.

    Im Jahre 1992 wurden in jenen 25 Staaten, die nun die EU bilden, insgesamt rund 680.000 Asylsuchende gezählt.

    Letztes Jahr waren es weniger als
    350.000.

    Krisenrhetorik hat weiterhin Konjunktur – oftmals einhergehend mit kaum verhüllter Fremdenfeindlichkeit und politischen Opportunismus.

Lasten werden weggeschoben

  • Die EU kann viele richtige Antworten zu den Migrations- und Asylproblemen ihrer Mitgliedsstaaten liefern.
    Doch sie wird hierzu nicht imstande sein, solange einzelne Mitgliedsstaaten kurzfristige innenpolitische Interessen den gemeinsamen langfristigen Zielen voranstellen.

  • Der EU-Ansatz im Asylbereich:
    Alle EU-Staaten haben ähnliche Asylsysteme von gleich hoher Qualität. Ein krasses Versäumnis ist unübersehbar: Es fehlt ein System zur Lasten- und Verantwortungsteilung. Statt dessen beobachten wir die Tendenz, Lasten und Verantwortung zu verschieben – auf andere EU-Staaten oder gar Staaten außerhalb der EU, die nicht in der Lage sind, Asylgesuche angemessen zu behandeln.

Chancengleichheit nicht gegeben

  • Bedenken ergeben sich zudem bei der Frage,wer tatsächlich als Flüchtling anerkannt wird.

  • Ein Beispiel: Die Anerkennungsquote von tschetschenischen Asylsuchenden liegt in mehreren europäischen Staaten bei über 50 Prozent.
    In der Slowakischen Republik hingegen wurden in diesem Jahr 1081 Asylgesuche von Tschetschenen geprüft. Lediglich zwei von ihnen wurden bis zum 30. September als asylberechtigt anerkannt.

Lippenbekenntnisse statt Schutz

  • Jedermann gibt das Lippenbekenntnis ab, dass „genuine Flüchtlinge Schutz benötigen und verdienen“

    Die europäischen Asylsysteme bieten Flüchtlingen nicht immer den Schutz, den sie benötigen und verdienen. Oder sie haben sogar noch nicht einmal die Chance, ihr Schutzgesuch vorzutragen. Dabei denke ich nicht nur an die jüngsten Ereignisse in Italien.

  • Ein erheblicher Anteil von Flüchtlingen – vor allem jene, die vor Krieg und allgemeiner Gewalt fliehen – werden durch die im letzten Jahr harmonisierte EU-Regelung ausgeschlossen. Denn den Mitgliedsstaaten bleibt es überlassen, ihnen eine Arbeitserlaubnis zu verweigern.

  • Die Millionen von Flüchtlingen in den Entwicklungsländern verdienen weitaus mehr politische und finanzielle Unterstützung, um ihnen bei der Rückkehr in die Heimat – sofern dies möglich ist – beizustehen und um ihnen in der Zwischenzeit eine sichere und würdige Existenz zu ermöglichen.

  • Wenn die EU es ernst meint mit der Eindämmung irregulärer Migration, ist es notwendig, für Flüchtlinge und Migranten legale Wege nach Europa zu eröffnen. Derzeit liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, ein EU-Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge aus Erstasylländern einzurichten.

  • Darüber hinaus brauchen wir ein System zur Steuerung der Arbeitsmigration. Indem wir jene legitimieren, die wir wollen – statt heimlich von ihrer Schwarzarbeit zu profitieren – können wir sie aus der Hand von Schleppern und Schleusern befreien.

  • Eine Politik, die auf Ausgrenzung setzt, ist nicht nur moralisch anfechtbar, sie ist auch realitätsfern: Dies führt nur dazu, alle Formen der Migration, auch Flüchtlinge, in den Untergrund abzudrängen.

  • Ich rufe die europäischen Staats- und Regierungschefs deshalb dazu auf, diese Realitäten anzuerkennen und sich darauf zu konzentrieren, ein gutes System zu entwerfen, das sowohl fair als auch effizient ist und nicht einfach nur auf schnelle Lösungen abzielt.

Die Verantwortung für Asylsuchende teilen


Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten

Europa ohne Flüchtlinge

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

Wolfgang Kreissl-Dörfler MdEP

2. März 2005

EUROPÄISCHES PARLAMENT

ARBEITSDOKUMENT
über das Asylrecht: Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

Berichterstatter:
Wolfgang Kreissl-Dörfler

III. Standpunkt des Berichterstatters

1. Zum Verfahren

  • Der Berichterstatter bedauert die Tatsache, dass der Rat zu einer politischen Einigung gelangt ist, bevor er die Stellungnahme des Europäischen Parlaments erhalten hat!

  • Angesichts der Schwierigkeiten, die der Rat hatte, um zu einem „allgemeinen Ansatz“ zu gelangen, ist es unwahrscheinlich, dass er seinen Standpunkt ändern wird.

2. Zum allgemeinen Ansatz

  • Der Berichterstatter ist der Auffassung, dass das Ergebnis der Verhandlungen im Rat enttäuschend ist …

  • Außerdem geben mehrere dieser Themen Anlass zu Besorgnis, was die Achtung der internationalen Menschenrechte und die Grundsätze des Flüchtlingsrechts betrifft.

3. Zu den spezifischen Fragen

  • a) „wirksamer Rechtsbehelf“

    … kein ausdrückliches Recht, in dem Land zu bleiben, in dem sie Asyl beantragt haben, bis das Ergebnis des Berufungsverfahrens vorliegt.

    Dies wird der Entscheidung der Mitgliedstaaten überlassen.

  • b) „sicheres Drittland“

    …können die Mitgliedstaaten ihre Verantwortung auf Drittländer abschieben, ungeachtet der Tatsache, ob der Bewerber vor Abschiebung (refoulement) geschützt ist und ob jeder Fall einzeln geprüft wird.

  • c) „sichere Drittländer“
    ( sogenannte „supersichere“ Länder“)

    In der Richtlinie wird davon ausgegangen, dass das Schutzniveau in den Nachbarländern der Europäischen Union den Normen in den Mitgliedstaaten der EU entspricht.

  • d) „sicheres Herkunftsland“

    …Bis solche Rechtsvorschriften verabschiedet sind, besagt die Richtlinie, dass Mitgliedstaaten ihre eigenen nationalen Listen beibehalten können

    … auch wenn diese Listen zu den in der Richtlinie festgelegten Kriterien im Widerspruch stehen.

    In Artikel 30b liegt die Beweislast vollständig beim Asylbewerber

  • e) „beschleunigte Verfahren“

    Mit dieser Richtlinie werden Schnellverfahren in zu vielen Fällen gestattet.

    Beschleunigte, Unzulässigkeits- und Sonderverfahren umfassen mehrere Ausnahmen von grundlegenden Schutzmaßnahmen

  • f)„Verfahren an der Grenze“

    Diese Methoden geben den Grenzschützern unangemessene Befugnisse und Verantwortung und vermischen das Ziel der Einwanderungsregulierung mit dem Flüchtlingsschutz.

  • g) „Rechte der Kinder“

    Die Richtlinie besagt, dass Mitgliedstaaten darauf verzichten können, einen Vertreter zu benennen, wenn der unbegleitete Minderjährige 16 Jahre oder älter ist.

    Nach dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes ist jede Person unter 18 Jahren als Kind zu betrachten

IV. Schlussfolgerung

  • …schlägt der Berichterstatter vor, unbedingt zwei wesentliche Optionen dringend im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu erörtern:<7p>

    1.) Kann die geänderte Richtlinie abgeändert werden, insbesondere was die wichtigsten, im oben genannten Absatz erwähnten Punkte betrifft?

    2.) Hält der Ausschuss es für notwendig, …ein offizielles Gutachten des Juristischen Dienstes des Europäischen Parlaments und des UNHCR zu beantragen, um zu prüfen, ob die Richtlinie vom Gerichtshof in Bezug auf das Verfahren und die geänderten Punkte in Frage gestellt werden kann?

Europäisches Parlament

2.3.2005

ARBEITSDOKUMENT

über das Asylrecht: Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft

Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres

Berichterstatter: Wolfgang Kreissl-Dörfler

PE 355.489 2/6 DT\558668DE.doc


I. Hintergrund

Die Europäische Kommission legte bereits im September 20000 ihren ersten Vorschlag für eine Richtlinie über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vor.

Am 20. September 2001 nahm das Europäische Parlament den Bericht Watson an und billigte den Vorschlag der Kommission mit 106 Änderungsanträgen. Die Verhandlungen im Rat führten zu keinem Ergebnis über diesen Entwurf, und im Dezember 2001 forderte der Europäische Rat in der Erklärung von Laeken die Kommission auf, einen geänderten Vorschlag vorzulegen.

Dieser neue Vorschlag für eine Richtlinie wurde am 18. Juni 2002 veröffentlicht. Nach fast zwei Jahren Verhandlungen stimmte der Rat am 29. April 2004 einem „allgemeinen Ansatz“ zu, und beschloss, das Parlament erneut zu konsultieren (19. November 2004).

Die Richtlinie wird gemäß Artikel 63 Absatz 3 Buchstabe d im Rahmen des Verfahrens der Konsultation des Parlaments und unter der Erfordernis der Einstimmigkeit bei der Abstimmung im Rat angenommen. Nach der Annahme dieser Richtlinie werden alle einschlägigen Rechtsvorschriften im Rahmen des Verfahrens der Mitentscheidung und des Mehrheitsbeschlusses im Rat angenommen.

II. Übersicht über den Vorschlag

Diese Richtlinie ist das erste rechtsverbindliche Instrument für Verfahren im Bereich des Asylrechts und sollte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Gemeinsamen Europäischen Asylregelung sein.

Wie im Entwurf des Vorschlags erwähnt, ist das wichtigste Ziel dieser Richtlinie, einen Mindestrahmen in der Europäischen Gemeinschaft für Verfahren zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft einzuführen; dies soll im Rahmen einer Annäherung der Vorschriften erfolgen, wobei EU-weit gleiche Mindestbedingungen geschaffen werden sollen.

In dem geänderten Vorschlag wird eine neue Struktur für Asylverfahren in den Mitgliedstaaten dargelegt, und der Wortlaut des „allgemeinen Ansatzes“ entfernt sich von einer erheblichen Reihe von Mindestnormen, die die Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte. Der derzeitige Wortlaut sieht eine große Zahl von Ausnahmen und Einschränkungen vor, die es einigen Mitgliedstaaten sogar erlauben würden, ihre Verfahrensnormen zu senken. Die „gleichen Bedingungen“ werden daher auf einen Katalog von einzelstaatlichen Methoden reduziert, darunter viele, die nicht den international bewährten Methoden entsprechen. Zu den diversen kontroversen Punkten während der Verhandlungen im Rat gehörten die Definition der „sicheren Herkunftsländer“ und das sich daraus ergebende Verzeichnis dieser Länder. Die im Rat erzielte Lösung besteht darin, keine Entscheidung zu treffen und die Annahme eines gemeinsamen Mindestverzeichnisses der sicheren Herkunftsländer bis nach der Annahme der Richtlinie zu vertagen.

DT\558668DE.doc 3/6 PE 355.489

DE

III. Standpunkt des Berichterstatters

1. Zum Verfahren

Der Berichterstatter bedauert die Tatsache, dass der Rat zu einer politischen Einigung gelangt ist, bevor er die Stellungnahme des Europäischen Parlaments erhalten hat! Angesichts der Schwierigkeiten, die der Rat hatte, um zu einem „allgemeinen Ansatz“ zu gelangen, ist es unwahrscheinlich, dass er seinen Standpunkt ändern wird.

Folglich wurde das Parlament nicht ersucht, seine Befugnisse voll auszuschöpfen. Daher ist der Berichterstatter der Auffassung, dass der Rat es versäumt hat, den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen zu achten, und hält es für notwendig, den Rat aufzufordern, es zu unterlassen, Entscheidungen zu treffen, bevor das Parlament die Gelegenheit erhalten hat, seine Stellungnahme abzugeben.

2. Zum allgemeinen Ansatz

Der Berichterstatter ist der Auffassung, dass das Ergebnis der Verhandlungen im Rat enttäuschend ist und mager, was eine Vielzahl von Fragen anbelangt.

Außerdem geben mehrere dieser Themen Anlass zu Besorgnis, was die Achtung der internationalen Menschenrechte und die Grundsätze des Flüchtlingsrechts betrifft. Der lange und hinausgezogene Prozess der Ausarbeitung hat zu einer konsequenten Absenkung der Normen geführt.

Wie das Europäische Parlament 2001 feststellte, ist die von der Kommission geplante erste Stufe bei der Harmonisierung der Asylverfahren in der vorgelegten Form unzureichend, d.h. ungeeignet; Ziel des Vorschlags war es, eine klare, zugängliche und leicht verständliche Rechtsstruktur zu schaffen; dies wurde jedoch nicht erreicht.

Diese Anmerkungen treffen auch noch auf den neuen Vorschlag zu, in der vom Rat geänderten der Kommission, ihren Text zurückzuziehen und gründlich zu überarbeiten.

(1) Richtlinie und stellte mit tiefem Bedauern fest, die umstrittensten Bestimmungen zielten alle darauf ab, den Asylsuchenden Zugang zu den Asylverfahren zu verweigern; sie seien betroffen über die Auswirkungen, die diese Missachtung der internationalen rechtlichen Verpflichtungen auf den Flüchtlingsschutz in der EU und andernorts haben werde, sowie auf die Glaubwürdigkeit der EU in der internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsdebatte.

Der UNHCR äußerte seine Besorgnis über eine Reihe restriktiver und höchst kontroverser Methoden, die derzeit nur in den Rechtsvorschriften von einem oder zwei Mitgliedstaaten

(1 ) ECRE, ILGA Europe, Amnesty International, Pax Christi International, Quaker Council for European Affairs, Human Rights Watch, CARITAS-Europe, Médecins Sans Frontières, Churches‘ Commission for Migrants, Save the Children Europe. „Call for withdrawal of the Asylum Procedures Directive (Aufruf zur Rücknahme der Richtlinie über Asylverfahren), 22. März 2004.

PE 355.489 4/6 DT\558668DE.doc

DE

enthalten sind, die jedoch in die Rechtsvorschriften aller 25 Mitgliedstaaten übernommen.

(1) Der Berichterstatter ist ebenfalls besorgt über die eindeutige Absicht der Kommission, diese Richtlinie nicht als Grundlage zur Schaffung einer gemeinsamen Asylregelung zu betrachten, sondern als endgültige Errungenschaft, die in den kommenden Jahren nicht geändert werden wird.

Das Fehlen legaler Möglichkeiten zur Einwanderung in der EU verleitet Wirtschaftsmigranten dazu, den Weg der Asylsuche zu wählen, um in die Europäische Union einzureisen, und dies hat zu einem erheblichen Druck auf die einzelstaatlichen Asylregelungen geführt. Aus diesem Grund braucht die EU ein klares, kohärentes und starkes gemeinsames Asylverfahren. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie werden keine bedeutenden Fortschritte bei der Harmonisierung erreicht. Es wird den Mitgliedstaaten anheim gestellt, ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften beizubehalten, über die zahlreichen „kann“-Bestimmungen, Ausnahmen und Stillstandsklauseln.

Daher wird die Richtlinie, obwohl einige Mitgliedstaten keine Rechtsvorschriften über Asyl haben, wie etwa Italien, den Stand der Dinge in einigen Mitgliedstaaten nur am Rande verbessern; für einige könnte sie sogar einen Rückschritt bedeuten.

3. Zu den spezifischen Fragen

Die problematischsten Themen sind Folgende:

a) „wirksamer Rechtsbehelf“ (Artikel 38)

Dieser Artikel gewährleistet nicht, dass das Berufungsverfahren eine aufschiebende Wirkung hat. Es bedeutet, dass es kein ausdrückliches Recht für alle Asylbewerber gibt, in dem Land zu bleiben, in dem sie Asyl beantrag haben, bis das Ergebnis des Berufungsverfahrens vorliegt.

Dies wird der Entscheidung der Mitgliedstaaten überlassen. Eine solche Bestimmung würde offensichtlich im Widerspruch zu der Genfer Konvention stehen und gewährleistet nicht die non-refoulement“ (Verbot der Abschiebung).

b) „sicheres Drittland“ (Artikel 27)

Dem UNHCR zufolge ist es nicht möglich, Drittländer generell als „sicher“ zu bezeichnen, ohne (2) von Asylverfahren in den Transitländern am Rande der Union, wobei es um die Frage geht, ob sie zu recht als „sicher“ bezeichnet werden können. Außerdem können die Mitgliedstaaten nach dieser Richtlinie Asylbewerber in jedes Land verbringen, das bereit ist, sie aufzunehmen, ohne jegliche Berücksichtigung des sachlichen Gehalts ihrer Ansprüche. Auf diese Weise können die

Mitgliedstaaten ihre Verantwortung auf Drittländer abschieben, ungeachtet der Tatsache, ob der
(refoulement) geschützt ist und ob jeder Fall einzeln geprüft wird.

(1) UNCHR, Pressemitteilungen vom 30. April 2004 („UNCHR regrets missed opportunity to adopt high EU asylum standards“ – UNHCR bedauert verpasste Gelegenheit, hohe Asylnormen in der EU anzunehmen).

(2) Vorläufige Anmerkungen des UNHCR zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zu Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (10. Februar 2005).

c) „sichere Drittländer“ (Artikel 35a, sogenannte „supersichere“ Länder“)

Dies ist einer der besorgniserregendsten Aspekte der Richtlinie und wurde dem Konzept des sicheren Landes hinzugefügt. In der Richtlinie wird davon ausgegangen, dass das Schutzniveau in den Nachbarländern der Europäischen Union den Normen in den Mitgliedstaaten der EU entspricht. Sie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten allen Asylbewerbern, die aus diesen Ländern kommen, den Zugang zum Asylverfahren verweigern können. Diese Bestimmungen sehen keine Einzelfallprüfung vor und verstoßen offensichtlich gegen den Grundsatz des Verbots der (non-refoulement).

d) „sicheres Herkunftsland“ (Artikel 30, 30a, 30b)

Die Liste der sicheren Herkunftsländer warf im ersten Entwurf der Richtlinie größere Probleme auf. Nun ist die Liste nicht länger in der Richtlinie enthalten; die Kommission wird sie im Rahmen weiterer Rechtsvorschriften erlassen. Bis solche Rechtsvorschriften verabschiedet sind, besagt die Richtlinie, dass Mitgliedstaaten ihre eigenen nationalen Listen beibehalten können.

Erstaunlicherweise bedeutet dies, dass sie nationale Listen beibehalten können, auch wenn diese Listen zu den in der Richtlinie festgelegten Kriterien im Widerspruch stehen. In Artikel 30b liegt die Beweislast vollständig beim Asylbewerber, und das Verfahren sollte klargestellt werden. Die Verwendung des Konzepts des „sicheren Herkunftslandes“ könnte auch zu Diskriminierung zwischen Flüchtlingen führen, was gemäß der Flüchtlingskonvention von 1951 und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht zulässig ist.

e) „beschleunigte Verfahren“ (Artikel 23-25)

Mit dieser Richtlinie werden Schnellverfahren in zu vielen Fällen gestattet. Beschleunigte, Unzulässigkeits- und Sonderverfahren umfassen mehrere Ausnahmen von grundlegenden Schutzmaßnahmen, besonders wenn ein Antrag als unbegründet erachtet wird. Angesichts der äußerst weiten Definition des Begriffs „eindeutig unbegründete Ansprüche“ befürchtet Amnesty International, dass die meisten Bewerbungen (über 80%) im Rahmen eines Schnellverfahrens abgewickelt werden, was bedeutet, dass geringere verfahrensrechtliche Schutzmaßnahmen (1) schwerwiegende persönliche und humane Beweggründe wie Traumata /z.B. Krieg, posttraumatischer Stress, sexuelle Gewalt, usw.) vorzulegen.

f) „Verfahren an der Grenze“ (Artikel 35)

Nach dieser Richtlinie können Mitgliedstaaten Verfahren an der Grenze anwenden, die weniger als die verfahrensrechtlich vorgeschriebenen Mindestschutzmaßnahmen für Menschen vorschreiben, die an der Grenze oder in Transitzonen Asyl beantragen. Diese Methoden geben den Grenzschützern unangemessene Befugnisse und Verantwortung und vermischen das Ziel der Einwanderungsregulierung mit dem Flüchtlingsschutz.

g) „Rechte der Kinder“ (Artikel 15)

Die Richtlinie besagt, dass Mitgliedstaaten darauf verzichten können, einen Vertreter zu benennen, wenn der unbegleitete Minderjährige 16 Jahre oder älter ist. Nach dem (1) Amnesty International, „Briefing to the member of the European Parliament on the Council Directive on minimum standards on procedures in Member States for granting and withdrawing refugee status”, (Briefing an die Mitglieder des Europäischen Parlaments über die Richtlinie des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den

Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft), Februar 2005.

PE 355.489 6/6 DT\558668DE.doc

DE

Übereinkommen über die Rechte des Kindes ist jede Person unter 18 Jahren als Kind zu

betrachten, ohne Differenzierung in Bezug auf die Rechte derjenigen, die älter als 16 Jahre sind.

Außerdem bedeutet die Tatsache, dass das Kind verheiratet ist bzw. war nicht zwingend, dass sie/er keinen Vertreter braucht. Die Ehe steht in manchen Ländern nicht in Zusammenhang mit dem Erwachsensein des Kindes.

IV. Schlussfolgerung

Angesichts der erläuterten heiklen Punkte sowie der hohen Bedeutung dieser Richtlinie für eine gemeinsame Asylpolitik schlägt der Berichterstatter vor, unbedingt zwei wesentliche Optionen dringend im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu erörtern:

1.) Kann die geänderte Richtlinie abgeändert werden, insbesondere was die wichtigsten, im oben genannten Absatz erwähnten Punkte betrifft?

2.) Hält der Ausschuss es für notwendig, gemäß der Erklärung Nr. 17 des Vertrags von Amsterdam ein offizielles Gutachten des Juristischen Dienstes des Europäischen Parlaments und des UNHCR zu beantragen, um zu prüfen, ob die Richtlinie vom Gerichtshof in Bezug auf das Verfahren und die geänderten Punkte in Frage gestellt werden kann?

Europäische Union: Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts


Parlament fordert EU-Liste sicherer Herkunftsländer

Europa ohne Flüchtlinge

Europäisches Parlament
Strassburg

Wolfgang Kreissl-Dörfler MdEP

27. September 2005
Europäisches Parlament

Strassburg

Justiz und Inneres
Parlament lehnt Konzept „supersicherer Drittstaaten“ ab und fordert gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsländer

  • Äußerst unzufrieden mit den Vorschlägen des Ministerrates zu den Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlings- eigenschaft zeigt sich das Parlament.
  • In der Debatte erklärte der Berichterstatter des Parlaments, Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPE, DE): „Wenn wir das Asylrecht in seinem Kern aufgeben, dann stellen wir die Menschenrechte in Frage und legen die Axt an die Grundpfeiler der Werte- gemeinschaft, die sich Europäische Union nennt.“
  • Dringenden Nachhol- und Verbesserungsbedarf sehen die Abgeordneten insbesondere hinsichtlich des Konzepts
    • des super-sicheren Drittstaats,
      keine generelle Zurückweisung
      Einzelfallprüfung
    • des wirksamen Rechtsbehelfs,
      Verbleib im Mitgliedsstaat bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens
    • der Schnellverfahren,
      nur bei eindeutig betrügerischen oder zweifelsfrei unbegründeten Fällen
    • der Regelungen für Kinder und Minderjährige
      junge Menschen bis 18 sind gemäß der UN-Kinderrechts- konvention zu behandeln.

  • Bei der Schlußabstimmung stimmten 305 Abgeordnete für den Bericht, 302 dagegen, 33 enthielten sich.
Justiz und Inneres – 27-09-2005 – 13:38
Parlament lehnt Konzept „supersicherer Drittstaaten“ ab und fordert gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsländer
Äußerst unzufrieden mit den Vorschlägen des Ministerrates zu den Mindestnormen für die Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft zeigt sich das Parlament. In der Debatte erklärte der Berichterstatter des Parlaments, Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPE, DE): „Wenn wir das Asylrecht in seinem Kern aufgeben, dann stellen wir die Menschenrechte in Frage und legen die Axt an die Grundpfeiler der Wertegemeinschaft, die sich Europäische Union nennt.“

Dringenden Nachhol- und Verbesserungsbedarf sehen die Abgeordneten insbesondere hinsichtlich des Konzepts des sicheren Drittstaats, des wirksamen Rechtsbehelfs, der Schnellverfahren sowie hinsichtlich der Regelungen für Kinder und Minderjährige. Bei der Schlußabstimmung stimmten 305 Abgeordnete für den Bericht, 302 dagegen, 33 enthielten sich.

Hauptstreitpunkt zwischen Parlament und Rat ist das Konzept der sog. „supersicheren Drittstaaten“, das die Abgeordneten ablehnen (ÄA 157). Dieses Konzept des Rates soll es den Mitgliedstaaten ermöglichen, nationale Listen mit Drittstaaten beizubehalten oder zu erstellen, die als absolut sicher gelten und aufgrund derer sie allen Asylbewerbern, die aus diesen Ländern kommen, den Zugang zum Asylverfahren verweigern können. Die Abgeordneten stellen besorgt fest, dass diese Bestimmungen keine Einzelfallprüfung vorsehen.

Zugleich fordert das Plenum die Aufstellung einer gemeinsamen Liste sicherer Herkunftsstaaten auf europäischer Ebene. Eine europäische Minimalliste, die dann durch die Mitgliedstaaten um weitere Drittstaaten ergänzt werden kann, lehnen die Abgeordneten ab (ÄA 132).

Das Konzept der Schnellverfahren wird von den Abgeordneten grundsätzlich gebilligt. Allerdings sollten Schnellverfahren nur in eindeutig betrügerischen oder zweifelsfrei unbegründeten Fällen zulässig sein. Auch sollten Anträge von besonders schutzbedürftigen Personen, etwa von ihren Eltern getrennte Kinder oder Opfer sexueller Gewalt, grundsätzlich in einem regulären Verfahren geprüft (ÄA 106-117).

Des Weiteren besteht das Parlament darauf, dass die Asylbewerber bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag im Mitgliedstaat verbleiben dürfen. Dies sei ein allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts und auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt (ÄA 166).

Schließlich wollen die Abgeordneten die Rechte von Kindern besser geschützt wissen. So bedeute etwa die Tatsache, dass ein Kind, das einen Antrag gestellt hat, verheiratet ist, nicht zwangsläufig, dass es keinen internationalen Schutz braucht (ÄA 43, 95). Alle jungen Menschen unter 18 Jahren seien in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes als Kinder zu behandeln. (ÄA 29, 96).

Der Berichterstatter des Parlaments, Wolfgang Kreissl-Dörfler (SPE, DE), sagte in der Debatte, dass sein Bericht die Chance biete, ein ausgewogenes und gerechtes europäisches Asylrecht zu schaffen. Der Ratstext hingegen erziele keine erheblichen Fortschritte bei der Harmonisierung, da es den Mitgliedstaaten in zu vielen Fällen überlassen bleibe, ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften beizubehalten.

Hintergrund:

Die Ausarbeitung einer gemeinsamen Asylpolitik einschließlich eines gemeinsamen europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der EU, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig um Schutz in der Gemeinschaft nachsuchen. Auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere hatte der Europäische Rat beschlossen, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken.

Ziel des Richtlinienvorschlags ist die Schaffung eines Mindestrahmens für die Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft, der sicherstellt, dass kein Mitgliedstaat einen Asylbewerber ausweist oder in Gebiete zurückführt, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund einer politischen Ansicht gefährdet wäre.

Granting and withdrawing refugee status
Rapporteur: Wolfgang Kreissl-Dörfler (A6-0222/2005)
Amended proposal for a Council directive on minimum standards on procedures in Member States for granting and withdrawing refugee status

Europäische Union: Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts


PRO ASYL zu Ceuta

Europa ohne Flüchtlinge

Europäisches Parlament
Strassburg

Wolfgang Kreissl-Dörfler MdEP

PRO ASYL
6. Oktober 2005

PRO ASYL zu Ceuta:
Der „Eiserne Vorhang“ muß weg
Menschenrechte beachten
Humanitäre Aufnahmeprogramme installieren

  • Der neue „Eiserne Vorhang“ Europas muss weg, wenn die Europäische Union ihre menschenrechtliche Glaubwürdigkeit nicht völlig verspielen will.
  • Mehr Soldaten, höhere Stacheldrahtzäune, mehr Grenzüberwachungstechnik etc. produzieren weiteres Leid und stellen eine massive Menschenrechtsverletzung dar.
  • Europa ignoriert den täglich größer werdenden Friedhof vor seinen Toren. Es gibt keinen „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“, wenn Schutzsuchenden der Zugang zu diesem mit allen Mitteln verwehrt wird.
  • Es ist keine redliche, menschenrechtlich normierte Außenpolitik, wenn die Europäische Union eine neue Apartheidpolitik im Verhältnis zum afrikanischen Kontinent betreibt.
  • Die Europäische Union sollte aufhören, von „regionalen Schutzprogrammen“ zu reden, wenn sie nicht maßgeblich dazu beiträgt, die Hungersnot in den zahlreichen Flüchtlingslagern in Afrika zu beenden.
  • Seit Jahren entwerfen Politiker aus verschiedenen EU-Staaten (Tony Blair, Otto Schily etc.) am Reißbrett technokratische Konzepte zur „Verbesserung von Schutzkapazitäten“. In der Realität ändert sich in den Elendslagern in der Herkunftsregion gar nichts.
  • Der Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen hat erst kürzlich in einem dramatischen Appell an die westlichen Geberländer drauf hingewiesen, dass beispielweise die Essenrationen für 400 000 Flüchtlinge in Tanzania wegen fehlender Finanzmittel drastisch reduziert werden müssten.
  • Im Zuge der Debatte über diese vermeintlich „neuen Schutzkonzepte“ hat sich nur die Gewichtung verschoben: Europa baut Menschenrechts- und Schutzstandards ab und verlagert die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz in Transitstaaten und noch mehr als bisher in die Herkunftsregionen.
  • Was Europa mehr denn je braucht, ist:
    • ein europäisches Asylrecht: Flüchtlinge müssen zu allererst gefahrenfrei und legal das EU-Territorium erreichen können, wo ihr Asylantrag geprüft wird;
    • eine gemeinsame Einwanderungspolitik;
    • ein großzügiges humanitäres Aufnahmeprogramm (Resettlement):
    • eine kohärente EU-Entwicklungspolitik.
  • Afrika braucht alles – nur keine weiteren Flüchtlingslager. Millionen von Flüchtlingen leben dort seit Jahren schutzlos und ohne Perspektive in Großlagern.
  • In einem Akt der internationalen Solidarität sollte die EU großzügig Flüchtlinge im Rahmen eines humanitären Aufnahmeprogramms evakuieren und in den Mitgliedsstaaten Schutz gewähren.
  • Dieser zusätzliche Schutzmechanismus darf nicht zu Lasten des individuellen Asylrechts installiert werden;

Karl Kopp Europareferent Vorstandsmitglied von ECRE (Europäischer Flüchtlingsrat)


Europäische Union: Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts


Badolato

Europa ohne Flüchtlinge

Badolato

Badolato, ein 700-Seelendorft an der kalabrischen Küste Italiens.

Ein gottverlassenes Nest wird zu einem der berühmtesten Dörfer der Welt.

Unzählige Reporter und Fernseh-Teams sind angereist, um über das Wunder von Badolato zu berichten.

Am 27. Dezember 1997 strandet dort ein türkischer Seelenverkäufer mit 875 kurdischen Flüchtlingen an Bord.

Für sie gab es einen herzlichen Empfang. Die Bewohner betrachteten sie geradezu als Weihnachtsgeschenk.

600 beantragten Asyl.

Maßgebend für die offene Haltung war der Bürgermeister.
Er versprach sich eine neue Zukunft für die Gemeinde.

Schließlich war die hälfte der Einwohner in den vergangenen Jahrzehnten emigriert. Zurück blieben vorwiegend alte Menschen und verfallende Häuser.

Badolato erhielt Geld von der EU und der Regierung.
Ein neuer Hafen wurde gebaut.


ANMERKUNG: In der Ursprungsdatei ist der Inhalt Flash-animiert.


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