TAG DES FLÜCHTLINGS 1999
Der Lack blättert
Günter Burkhardt
Materialheft zum Tag des Flüchtlings am 1. Oktober 1999
Herausgeber: PRO ASYL, Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge
mit freundlicher Unterstützung von: Deutsche Stiftung für UNO-Flüchtlingshilfe e. V., Deutscher Caritasverband e. V., Interkultureller Beauftragter der Ev. Kirche in Hessen und Nassau, Kirchlicher Entwicklungsdienst der Ev. Kirche in Deutschland, durch den ABP, Land Hessen
Der Tag des Flüchtlings findet im Rahmen der Woche der ausländischen Mitbürger/ Interkulturellen Woche (26. September bis 2. Oktober 1999) statt und wird von PRO ASYL in Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Vorbereitungsausschuß zur Woche der ausländischen Mitbürger vorbereitet.
INHALT
- Grußwort des Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in der Bundesrepublik Deutschland
- Zum 50. Jahrestag eines geschundenen Grundrechts: Auszüge aus gesammelten Übertreibungen
- 50 Jahre Grundgesetz – (k) ein Feiertag für Flüchtlinge(?)
- Der Lack blättert
- „Altfallregelung“ – Kosovo-Albaner nicht ausschließen!(Postkartenaktion)
- Für eine großzügige Altfallregelung (Hintergrundinformation)
- Bundesamt im Außendienst
- Kontinuitäten …
- Nichtstaatliche Verfolgung und die Genfer Flüchtlingskonvention
- Kampagne »Verfolgte Frauen schützen!«
- Von Deutschland in den türkischen Folterkeller
- Tödliche Fehleinschätzungen: Deutschland und der Kosova-Krieg
- Vergebliche Mahnungen: Die deutsche Politik ignorierte jahrelang die Zeichen der Eskalation im Kosovo
- Kindeswohl in Theorie und Praxis
- Woran wir uns nicht (wieder) gewöhnen dürfen: Die organisierte Unmenschlichkeit der Abschiebungshaft in Deutschland
- Ausgrenzen und bespitzeln – Die Realität des Asylbewerberleistungsgesetzes
- Die erneute Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes 1998
- Aktuelles Grundlagenpapier zum »Kirchenasyl«
- »Man sieht am Abend, was man geschafft hat«
- Zwischen Aufruhr und Routine – Alltag beim Bundesgrenzschutz am Frankfurter Flughafen
- Blinde Passagiere – Flüchtlinge auf dem Seeweg
- Europäische Asyl- und Migrationspolitik im Übergang »von Maastricht nach Amsterdam«
- Budapest oder Barcelona? Die Rolle der Europäischen Union als Wohlstandsinsel
- Europäische Union (externer Link)
- Statistiken 1998
Wir werden nicht alles anders machen, aber vieles besser.« Mit diesem Slogan warb Bundeskanzler Schröder im Wahlkampf. Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages am 20. Oktober 1998 versprach er, die Gesellschaft »im Innern menschlicher« zu machen. Ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl ist es an der Zeit, kritisch Zwischenbilanz zu ziehen.
Nach 16 Jahren Kohl, Kanther und Co. hat es ohne Zweifel jede neue Regierung schwer – sofern überhaupt gewollt – einen Politikwechsel einzuleiten und die eingefahrene Ministerialbürokratie auf eine neue politische Spur zu setzen. Hundert Tage Schonfrist sind sicherlich zu kurz, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Nach einem halben Jahr Regierungstätigkeit zeichnet sich jedoch ab, wohin in den kommenden Monaten und Jahren die Reise wahrscheinlich gehen wird.
PRO ASYL hat mit realistischen Forderungen versucht, Einfluß auf den Verlauf der Koalitionsverhandlungen und die ersten Schritte der Regierung zu nehmen. Eine Rückkehr zum Asylgrundrecht alter Fassung nach Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG war von vornherein unrealistisch. Die Rückkehr zu den Standards des internationalen Völkerrechts, die Anerkennung der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen Abschiebungsschutz bei drohender Folter sowie ein menschlicherer Umgang mit Flüchtlingen – dies waren und sind auch weiterhin realistische Erwartungen an die neue Bundesregierung. Die erste Ernüchterung folgte beim Bekanntwerden der Koalitionsvereinbarung im Oktober 1998. Eine kritische Lektüre machte klar:
- keine Rückkehr zu den Standards der Genfer Flüchtlingskonvention,
- keine Härtefallregelung im Ausländergesetz,
- keine Revision des Flughafenverfahrens oder der Abschiebungshaftpraxis. Noch nicht einmal die Rücknahme der im Vorwahlkampf hektisch durchgesetzten erneuten Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes wurde verabredet.
Das einzige Bonbon für die in der Asylarbeit Tätigen: die Benennung neuralgischer Punkte im Koalitionsvertrag in Form von Prüfaufträgen.
Greifbar und politisch sofort anzupacken war nur die versprochene Altfallregelung. Im Koalitionsvertrag heißt es: »Wir wollen gemeinsam mit den Ländern eine einmalige Altfallregelung erreichen.« Kaum war der Koalitionsvertrag unterschrieben, meldete sich bereits der damalige Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der rheinland- pfälzische Minister Zuber, zu Wort und skizzierte die Rahmenbedingungen solch einer Altfallregelung. Nicht die rot-grüne Bundesregierung handelte, sondern die Länder. Rheinland-Pfalz wollte die Neuauflage der Altfallregelung aus dem Jahr1996. Die damalige Altfallregelung lief weitgehend ins Leere. Bundesweit wurden nur etwa 7.800 Aufenthaltsbefugnisse ausgestellt. Ganze Personengruppen wie Bosnier, Vietnamesen und Kosovo-Albaner sollen nach Meinung mancher Innenminister von der angestrebten Altfallregelung ausgenommen werden. Kaum eine Chance gibt es für all diejenigen, die aus dem Arbeitsmarkt gedrängt wurden. Eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts lautet das Credo. Aber: kein sicherer Aufenthalt – kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt – das ist die bittere Realität. Eine so konstruierte Altfallregelung würde weitgehend ins Leere laufen. Inzwischen stellt sich die Frage: Wird es überhaupt eine Altfallregelung geben? Bayern hat sich wie Baden-Württemberg, Berlin und Bremen bereits am 11. Dezember 1998 ausdrücklich gegen eine Altfallregelung ausgesprochen. Am 25. Februar 1999 haben die Innenminister eine Entscheidung erneut vertagt – auf Juni. Und in den meisten Bundesländern wird zügig abgeschoben. Oft trifft es gerade diejenigen, die von der Regelung profitieren würden. PRO ASYL und Flüchtlingsinitiativen fordern von den Ländern Erlasse, mit denen Abschiebungen von potentiell begünstigten Personen vorerst ausgesetzt werden. Die Reaktion des bayerischen Staatssekretärs Regensburger: »Wenn der Bayerische Flüchtlingsrat von einer ›geplanten Altfallregelung‹ für lange in Deutschland lebende Asylbewerber fabuliert, unterliegt er einer grotesken Fehleinschätzung« (Pressemitteilung vom 5. März 1999). Das ist deutlich. Es ist nicht mehr vernünftig darauf zu hoffen, daß es in der Innenministerkonferenz zu einem Einvernehmen kommt. Was bleibt, wäre der Weg des Gesetzgebungsverfahrens – langwierig, aber immerhin keine Pseudoaktivität. Das rot-gelbe Rheinland-Pfalz hat sich bereits grundsätzlich für eine Altfallregelung ausgesprochen. Es gibt also nicht nur eine rot-grüne Bundestagsmehrheit, sondern auch eine rot-grün-gelbe Mehrheit im Bundesrat.
Was hat die neue rot- grüne Bundesregierung in den Bereichen bewegt, in denen sie zuständig und handlungsfähig ist? PRO ASYL hat ab November 1998 in einer Vielzahl von Briefen an den Bundesarbeitsminister, an das Bundesministerium des Innern und an das Auswärtige Amt konkrete Handlungsvorschläge gemacht. Hier die kritische Zwischenbilanz:
Verantwortungsbereich des Bundesarbeitsministers
(Walter Riester)
PRO ASYL hat darauf hingewiesen, daß die Leistungen für Asylsuchende nach dem Asylbewerberleistungsgesetz jahrelang nicht angepaßt worden sind, obwohl der Wortlaut des Gesetzes dies in § 3 Abs. 3 vorsieht. In einem Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 23. Februar 1999 heißt es nun, es sei nicht zutreffend, daß die Erhöhung in den vergangenen Jahren immer »vergessen«; worden sei. Die Anpassung der Leistungen sei im Gegenteil mehrfach geprüft, ein Erhöhungsbedarf aber verneint worden. Auf welcher Basis diese Prüfung vorgenommen worden sein soll, ist unerfindlich. Das Statistische Bundesamt hat für die Jahre 1993 bis 1998 einen Anstieg der Verbraucherpreise festgestellt, der sich zwischen 4,5 % im Jahr 1993 und 0,9 % im Jahr 1998 bewegt. Die Regelsätze der Sozialhilfe sind im Vergleichszeitraum – wenn auch unzureichend – ebenfalls erhöht worden. In der Praxis bedeutet dies, daß die Schere zwischen der im Prinzip als Existenzminimum geltenden Sozialhilfe und dem Niveau dessen, was Flüchtlinge erhalten, immer weiter auseinanderklafft.
Ebenfalls zurückgewiesen – unter Benutzung der falschen Argumentationen der Vorgängerregierung – wurde vom Bundesarbeitsministerium die Forderung von PRO ASYL, das unter Minister Blüm am 15. Mai 1997 verhängte generelle Arbeitsverbot ohne Einzelfallprüfung für Asylsuchende aufzuheben. PRO ASYL hatte darauf hingewiesen, daß einige Sozialgerichte geurteilt haben, daß die entsprechende Weisung unbeachtlich sei und einen Eingriff in die Grundrechte darstelle, der einer gesonderten gesetzlichen Grundlage bedürfe. Außerdem bleibe bei Wegfall der Weisung ohnehin die Verpflichtung des Arbeitsamtes bestehen, im Einzelfall eine Arbeitsmarktprüfung vorzunehmen. Darüber hinaus hatte PRO ASYL darauf hingewiesen, daß schon in den 80er Jahren die Internationale Arbeitsorganisation ILO in Genf die Zwangsheranziehung von Asylsuchenden zu gemeinnütziger Arbeit bei gleichzeitigem absoluten Arbeitsverbot als Zwangsarbeit kritisiert hatte. Gewerkschafter Riester setzt nun also als Bundesarbeitsminister die Mißachtung eines internationalen Übereinkommens, das eine Errungenschaft der Arbeiterbewegung darstellt, fort.
Cornelie Sonntag-Wolgast, damals stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD- Bundestagsfraktion, heute Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, hat am 20. Juni 1997 fast alles gesagt, was zum Arbeitsverbotserlaß zu sagen ist: »Das Arbeitsverbot für neu eingereiste Asylbewerber wird keinen Deut dazu beitragen, die Massenarbeitslosigkeit zu lindern, dafür aber Vorbehalte in der Bevölkerung steigern. Die Bundesregierung handelt unaufrichtig und populistisch. Es ist allgemein bekannt, daß Asylbewerber in der Regel nur solche Jobs erhalten, für die sich keine deutschen Bewerber gefunden haben. Ein Arbeitsverbot wird überdies die ohnehin hohen Sozialhilfekosten weiter nach oben treiben. Mindestens ebenso schlimm ist der gesellschaftliche Effekt: Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsministers erhalten all diejenigen Zulauf, die Asylbewerber als ›Schmarotzer‹ einstufen, ›die nichts tun und uns allen nur auf der Tasche liegen‹. Die Bundesregierung eröffnet auf Kosten von Minderheiten in diesem Land Nebenkriegsschauplätze anstatt die von ihr zu verantwortende Massenarbeitslosigkeit endlich mit geeigneten Mitteln wirkungsvoll zu bekämpfen.«
Zu ergänzen ist hier nur: Die jetzige Bundesregierung hält Nebenkriegsschauplätze weiter offen, die die alte Bundesregierung eröffnet hatte.
Verantwortungsbereich
des Bundesministers des Innern
(Otto Schily)
Daß die Mehrheit der SPD – und für diese Linie steht gerade auch der jetzige Innenminister – nicht zu ernsthaften Korrekturen in der Asylgesetzgebung bereit ist, zeigte sich bereits während der Koalitionsverhandlungen. Aber auch unterhalb der Ebene der Gesetzesänderung ließe sich im Sinne von mehr Fairneß für Asylsuchende einiges tun. Die im übrigen nicht unbedingt flüchtlingsfreundliche New Labour- Regierung unter Tony Blair hat eine Marke gesetzt. Vorrangig durch Maßnahmen im administrativen Bereich stieg die Anerkennungsquote für Asylbewerber in Großbritannien von 6 auf 16 %.
Doch der entsprechende Ruck geht nicht durch das Bundesamt. Anerkennungszahlen fallen in den Keller, was mit der Realität in den Herkunftsstaaten und den Fluchtgründen der Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, nichts zu tun hat. Dabei könnte zumindest der Bereich des Abschiebungsschutzes im Rahmen des § 53 AuslG per Dienstanweisung realitätsnäher gestaltet werden. Nach wie vor hat der Bundesinnenminister von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch ge macht. Er könnte das Bundesamt z. B. anweisen, sexuelle Übergriffe als Abschiebungshindernis i. S. d. § 53 AuslG zu werten, solange im Herkunftsstaat die gesellschaftliche Realität ein Leben der Frau in Würde nicht erwarten läßt.
Auch in anderer Hinsicht gibt es rotgrüne Kontinuität:
- Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten, der Weisungen des Innenministers unterliegt, klagt nach wie vor regelmäßig gegen Anerkennungen des Bundesamtes. Dabei ist das Vorbringen des Bundesbeauftragten in vielen Fällen stereotyp und unsubstantiiert. Der Ausschuß Ausländer- und Asylrecht des Republikanischen Anwaltsvereins hat zu Recht darauf hingewiesen, daß der Bundesbeauftragte sein Amt als Prozessiermaschine mißversteht und seine Aufgabe darin sieht, nahezu jede positive Entscheidung durch die Instanzen zu treiben, was für die betroffenen Flüchtlinge Jahre der Unsicherheit bedeutet.
- Flächendeckend werden inzwischen Widerrufsverfahren gegen Kurden aus dem Irak eingeleitet mit dem Ziel, ihre Anerkennung als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu widerrufen. Die unter dem damaligen Innenminister Kanther im Frühjahr 1997 eingeleitete Abwehrpolitik gegen Kurden aus dem Irak wird bruchlos fortgesetzt. Die auf Bestellung des Innenministeriums damals angefertigten veränderten Lageeinschätzungen des Auswärtigen Amtes werden mit geringfügigen Nuancen fortgeschrieben. Die Anerkennungsquoten sinken. Dem Recht auf Familienzusammenführung zu den hier lebenden Asylberechtigten gelten auch die koordinierten Abwehrbestrebungen der neuen Bundesregierung: Wird die Familienzusammenführung beantragt, so werden die Antragsteller mit Widerrufsverfahren überzogen. Nicht Fluchtursachen werden bekämpft, sondern Flüchtlinge – alles beim alten.
- Auch beim Flughafenverfahren gibt es mit Ausnahme einiger weniger humanitärer Härtefälle, die geregelt werden konnten, nichts Positives zu vermelden. Die neue Bundesregierung hatte in der Koalitionsvereinbarung angekündigt, die Dauer des Flughafenverfahrens im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu überprüfen, was im Klartext bereits ein Ergebnis nahe Null ist. Innenminister Otto Schily, die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung Marieluise Beck, der Innenausschuß des Bundestages u. a. haben inzwischen den Flughafen besichtigt. Schritte zu menschlicherem Umgang mit Flüchtlingen werden sehr zögerlich angegangen. Man möchte offensichtlich nur die katastrophale Unterbringungssituation, nicht aber das Verfahren ändern. PRO ASYL vertritt nach wie vor die Position, daß das Flughafenverfahren ersatzlos abgeschafft werden muß. Es ist unverantwortlich, daß unter extremem Fristendruck und in großer Hektik über Leib und Leben von Menschen entschieden wird, deren Glaubhaftigkeit schließlich von einem Einzelrichter beurteilt wird, der sie im Regelfall nie zu Gesicht bekommt. Auch das Flughafenverfahren ist ein Kind der SPD, wenn man sich die Verhandlungen zum Asylkompromiß in Erinnerung ruft. Warum aber verweigert sich die rot- grüne Bundesregierung unterhalb dieser Ebene anderen Ansätzen einer Humanisierung?
Muß es sein, daß weiterhin Minderjährige dem Flughafenverfahren unterworfen werden? Erst ein Erlaß des damaligen Bundesinnenministers Kanther vom Juli 1994 hat dies so geregelt. Ein Federstrich des Ministers Schily würde genügen, diese unnötige Härte zu beseitigen.
Es ist nicht einzusehen, daß Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs. 6 AuslG im Rahmen des Flughafenverfahrens nicht geprüft werden. Menschen dürfen nicht in lebensbedrohliche Situationen abgeschoben werden, ganz egal, ob sie nun juristisch als eingereist oder noch nicht eingereist gelten.
Das sind keine rechtstheoretischen Erwägungen. Rot-Grün hat mit der Weigerung, die härtesten rechtlichen Aspekte des Flughafenverfahrens zu ändern, zu verantworten, daß im März 1999 beispielsweise ein 40jähriger Afghane, erklärter Talibangegner und für die Wartung von Kriegsflugzeugen der Anti- Taliban- Streitkräfte zuständig, nach Kabul abgeschoben wurde. Der Bundesgrenzschutz sorgte sogar noch dafür, daß er in den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Flugzeug der afghanischen Fluggesellschaft umgeladen wurde. Rot-Grün hat es zu verantworten, daß ebenfalls im März eine unterernährte Somalierin nach Äthiopien abgeschoben wurde, obwohl die Verdachtsdiagnose einer offenen Tuberkulose noch nicht abgeklärt war und die mittellose Frau in Äthiopien Medikamente und ärztliche Hilfe kaum erlangen kann.
Zur sozialen Situation auf dem Flughafen
Sowohl Bundesinnenminister Schily als auch die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung Marieluise Beck kritisierten im Dezember 1998 die untragbaren Unterbringungsverhältnisse. Die politisch nötige Konsequenz aus den langjährigen Mißständen wäre gewesen: Die Bundesregierung beendet die juristische Auseinandersetzung mit dem Land Hessen, wer die Kosten der Unterbringung von
Flüchtlingen am Flughafen trägt und sorgt in eigener Regie für eine menschenwürdige Unterbringung. Die Realität: Die Einsetzung einer Arbeitsgruppe und die Fortführung des Prozesses bis hin zum Bundesgerichtshof. Und dieser entschied im Februar 1999: Das Land Hessen sei weiter für die Kosten der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen im Rahmen des Flughafenverfahrens zuständig. Die politische Konsequenz ist vorhersehbar: Rot- Grün wird nun von Ministerpräsident Koch eine menschenwürdige Unterbringung am Frankfurter Flughafen fordern. Ob sich nun in absehbarer Zeit etwas ändert?
Die Liste dessen, was im Kompetenzbereich des Bundesministeriums des Innern zu regeln wäre, ist lang. Aus Platzgründen wurden hier nur einige Beispiele dargestellt. Doch eines soll hier erschöpfend und umfassend dargestellt werden: die konkreten Änderungen. Das Ergebnis ist: Fehlanzeige – mit einer einzigen Ausnahme: Prallten früher die Positionen von PRO ASYL und dem BMI in der Öffentlichkeit unversöhnlich aufeinander, so gibt es nun immerhin einen Diskurs. Vertreter des BMI stellen sich bei Akademieveranstaltungen der Diskussion. Minister Schily lädt Vertreter von UNHCR, amnesty international, PRO ASYL und Verbänden zum Diskurs ein. Es ist zu früh, über die Ergebnisse zu urteilen. Doch eines muß deutlich formuliert werden: Gespräche sind kein Selbstzweck. Sie sollten zu Verbesserungen führen.
Verantwortungsbereich
des Bundesaußenministers
(Joschka Fischer)
Der Flüchtlingsbereich sei einer der am härtesten verhandelten Bereiche der Koalitionsverhandlungen gewesen. So hieß es von verschiedenen Politikerinnen und Politikern von Bündnis 90/ Die Grünen. Nimmt man dies den grünen Regierungsmitgliedern ab, ist die Erwartung berechtigt und naheliegend, daß sich vor allem in dem Bereich etwas tut, in dem Grüne selbst zuständig sind: dem Auswärtigen Amt.
Doch auch hier scheint Kontinuität Trumpf. Der notwendige Politikwechsel wurde auch im Auswärtigen Amt nicht eingeleitet. Von zentraler Bedeutung im Asylverfahren sind die Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Diese weisen nach wie vor erhebliche Mängel auf. Mängel, die zum Teil wohl auch darauf zurückzuführen sind, daß abgeordnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in verschiedenen Deutschen Botschaften sitzen und an Lageberich ten mitschreiben. Diese Mitarbeiter sind
zwar nicht im rechtlichen Sinne verantwortlich für die Lageberichte, sie wirken aber an entscheidender Stelle mit. Diese skandalöse Praxis hat unter den Ministern Kanther und Kinkel begonnen und wird auch unter grüner Regie fortgesetzt.
Die Lageberichte des Auswärtigen Amtes weisen im übrigen nach wie vor erhebliche Ungereimtheiten und Brüche auf. Nach zum Teil richtigen außenpolitischen Einschätzungen werden – wenn man dies überhaupt für die Aufgabe des Auswärtigen Amtes halten soll – fragwürdige Äußerungen zur Asylrelevanz getan. So heißt es im Lagebericht zur Bundesrepublik Jugoslawien vom 18. November 1998 (Außenminister Fischer war bereits im Amt) bezüglich der Flüchtlinge aus dem Kosovo: »Als inländische Fluchtalternative kommen vor allem Zentralserbien (hier insbesondere Belgrad) und Montenegro in Betracht.« Demgegenüber hat UNHCR bereits am 29. Juni 1998 ausführlich die Situation im Kosovo analysiert und gefolgert: »Vor diesem Hintergrund gibt es aus Sicht des UNHCR keine interne Fluchtalternative für Kosovo- Albaner in der Bundesrepublik Jugoslawien einschließlich Montenegro.« Der Hintergrund u. a.: Die Abschiebung von Kosovo- Albanern aus Montenegro nach Albanien. Die Konsequenz für Flüchtlinge: Mit Hinweis auf die angebliche inländische Fluchtalternative scheitern sie im Asylverfahren.
Besonders brisant ist nach wie vor die Situation in der Türkei. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat eine Vielzahl von Fällen dokumentiert, in denen abgeschobene Flüchtlinge nach ihrer Abschiebung gefoltert wurden. Der Lagebericht vom 18. September 1998 ging noch von der Einzelfalltheorie aus, sah also kein strukturelles Muster bei der Verfolgung Abgeschobener. Ein neuer Lagebericht, der aus Sicht von PRO ASYL zu einer grundlegenden anderen Einschätzung der Situation in der Türkei kommen müßte, steht aus. Immerhin heißt es in einem sogenannten Ad- hoc- Lagebericht vom 25. Februar 1999, der sich allerdings auf eine einzige Seite beschränkt: »Angesichts der zur Zeit hoch emotionalisierten Atmosphäre im Zusammenhang mit der Inhaftierung Öcalans ist jedoch zu bedenken, daß ein erhöhtes Risiko einer besonderen Gefährdung für abzuschiebende Türken kurdischer Volkszugehörigkeit besteht.« Dieser vorsichtige Hinweis ändert an der Praxis kontinuierlicher Abschiebungen nicht das geringste. Die Länderinnenministerien sehen diese Kontinuität. In einem Erlaß des niedersächsischen Innenministeriums vom 5. März 1999 heißt es: »Das Auswärtige Amt bestätigt seine bisherige Lageeinschätzung und erklärt ausdrücklich, daß keine Erkenntnisse darüber vorliegen, daß seit der Verhaftung Öcalans aus Deutschland abgeschobene türkische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr in die Türkei Repressionen ausgesetzt waren. Soweit das Auswärtige Amt zu bedenken gibt, für kurdische Volkszugehörige bestehe aufgrund der derzeitig hoch emotionalisierten Atmosphäre ein erhöhtes Risiko einer besonderen Gefährdung, ist dies nach Auffassung des Bundesministeriums des Innern nicht so zu verstehen, daß damit Abschiebungen für diesen Personenkreis generell nicht mehr möglich seien.« Bundesinnenminister Schily hat sich also das Interpretati onsmonopol der Berichte gesichert, wobei der offensichtliche Unfug des Ad-hocLageberichtes ihm dies erleichtert hat. Denn zwischen der Entführung Öcalans am 15./16. Februar 1999 und dem Veröffentlichungsdatum des Berichts am 25. Februar 1999 sind gerade einmal ein paar Tage vergangen. Klar, daß in dem kurzen Zeitraum keine Repressionen gegen Abzuschiebende bekannt geworden sein können. Aber eine Auseinandersetzung mit den beim Flüchtlingsrat Niedersachsen und PRO ASYL dokumentierten Fällen aus dem Jahr 1998 wäre angebracht gewesen.
Eine gründliche Analyse der Lage und die entsprechende Korrektur der Berich te in bezug auf die Türkei ist überfällig.
Auch wird man vom Bundesaußenminister erwarten dürfen, daß er vor dem Hintergrund entsprechender Analysen die Frage der Abschiebung im Kabinett nicht allein dem Bundesinnenminister überläßt. Denn der möchte die Praxis der Abschiebung nach Voranfrage bei der türkischen Regierung, ob der Betreffende verfolgt werde oder nicht, intensivieren und behauptet zu diesem Zweck selbst gegen die vom Auswärtigen Amt festgestellten Fakten, es gebe bislang keinen einzigen Fall, in dem die Türkei die in einem Briefwechsel eingegangenen Verpflichtungen nicht eingehalten hätte. (So zitiert in dem oben erwähnten Erlaß aus Niedersachsen.) Dies ist offensichtlich falsch: Im Fall des Imam Genlik wurde das Konsultationsverfahren durchgeführt. Die türkische Seite versicherte, es liege gegen Genlik nichts vor. Dennoch wurde er festgenommen und gefoltert. Im Falle des Mehmet Ali Akbas lag kein förmliches Ermittlungsverfahren vor – seine Verschleppung und Folterung erfolgte durch geheimdienstliche Kreise. Eine förmliche Anfrage bei den türkischen Behörden hätte daher ebenfalls zu der Auskunft geführt, gegen Akbas liege nichts vor.
Kontinuität in der Türkei-Politik auch beim Verdrängen und Vergessen, z. B. der Verantwortlichkeit Deutschlands für die Belieferung der Türkei mit Waffen aus ehemaligen NVA-Beständen.
Entgegen allen Fakten hat die frühere Bundesregierung behauptet, daß diese Waffen nicht gegen Kurden eingesetzt werden würden. In einer Antwort der rot-grünen Bundesregierung auf die kleine Anfrage der PDS (Drucksache 14/ 383) heißt es nun: »Die Bundesregierung verfügt über keine Erkenntnisse, daß aus Deutschland gelieferte Waffen von türkischen Streitkräften gegen die kurdische Zivilbevölkerung … eingesetzt wurden. Sie ist in der Vergangenheit allen Hinweisen auf einen vermutlichen Einsatz der Türkei entgegen vertraglichen Zusicherungen oder Endverbleibszusagen sorgfältig nachgegangen.« Zu Recht kritisieren Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Beschluß bei der Bundesdelegiertenkonferenz vom 5.-7. März 1999: »Hierin wird die Politik der ehemaligen Bundesregierung schön geredet und eine Fortsetzung der von uns aufs heftigste kritisierten Politik zum Ausdruck gebracht.« In bezug auf die Lageberichte und Lageeinschätzungen des Auswärtigen Amtes ist es noch zu früh, den Stab zu brechen. Immerhin gibt es die mündliche Zusage des Ministeriums, mit Menschenrechtsorganisationen in einen konkreten Diskurs über diese Lageberichte einzutreten. Doch auch hier macht sich bereits Ernüchterung breit.
Ein weiteres Beispiel für Kontinuität: In Togo werden politisch aktive Oppositionelle »eingeschüchtert, bedroht, geschlagen, von ihrem Wohnsitz vertrieben, gefoltert, ermordet oder auf grausame Weise hingerichtet«. So steht es in einem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24. September 1998. Am 30. November 1998 wurden jedoch etwa 40 Togoer per Flugzeug in ihre Heimat abgeschoben – darunter auch politisch aktive Oppositionelle. Die Aktion wurde von mehreren Innenministerien von langer Hand vorbereitet. Beteiligt waren auch rot-grüne Landesregierungen, wie diejenigen aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die Verantwortung trägt aber auch das Auswärtige Amt. Noch in der Woche vor der Abschiebung hatte die EU-Kommission alle Minister der Union aufgefordert, nicht mit der Regierung in Togo zusammenzuarbeiten. EU-Beobachter hatten bei der Präsidentschaftswahl im Juni massive Ungereimtheiten festgestellt. Diktator Eyadema, seit 31 Jahren an der Macht, hatte sich zum Wahlsieger erklärt. Seither gehe das Regime erneut brutal gegen Oppositionelle vor. Dabei zeichne sich die Verfolgung vor allem durch »Unberechenbarkeit« aus, schreibt das Auswärtige Amt. Ungeachtet dessen unterstützt das Auswärtige Amt die Abschiebung. Auf ein Protestschreiben von PRO ASYL hin wurde zugegeben, daß das Auswärtige Amt vom Vorbereitungsbesuch einer Delegation des BGS in Togo wußte. Und weiter: »Die von Ihnen genannte Entscheidung der Europäischen Union wurde vor dem Hintergrund der Manipulation bei den Präsidentschaftswahlen im Juni getroffen und betrifft allein die Entwicklungszusammenarbeit, nicht aber den Rückführungsbereich. Ich kann Ihnen versichern, daß sich alle Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes der hohen Verantwortung bei ihrer Arbeit gerade in dem menschenrechtlich besonders sensiblen Bereich der Asyllageberichte bewußt sind.«
Zur europäischen Asylpolitik
Im 1. Halbjahr 1999 hat Deutschland die EU- Präsidentschaft inne. Sowohl das Bundesministerium des Innern als auch das Auswärtige Amt haben die Federführung und könnten so neue Ansätze an eine europäische Asyl- und Migrationspolitik wenigstens in den Diskurs mit den Mitgliedsstaaten einbringen. 1993 wurde das Grundgesetz geändert, am 14. Mai 1996 hat das Bundesverfassungsgericht das geltende Asylrecht als verfassungskonform bestätigt und es als notwendige Grundlage bezeichnet, »um durch völkerrechtliche Vereinbarungen eine europäische Gesamtregelung der Schutzgewährung für Flüchtlinge mit dem Ziel der Lastenverteilung in den beteiligten Staaten zu erreichen«. Nichts liegt näher, als daß Rot-Grün einen Vorstoß unternimmt und ein europäisches Asylrecht entwickelt, das auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention seinen Namen verdient. Noch nicht einmal als Zielperspektive wurde dies im Koalitionsvertrag verabredet. Als Schwerpunkte einer harmonisierenden Asyl- und Migrationspolitik werden statt dessen genannt: »Bekämpfung illegaler Einwanderung – insbesondere Schleuserkriminalität -, gerechte Lastenverteilung unter Brücksichtigung der Kommissionsvorschläge, nachhaltige Bekämpfung der Fluchtursachen«. Bereits die Reihenfolge der Prioritäten hat Symbolwert. Sie entspricht denen der Kanther-Ära.
Bilanz
Vor allem von grünen Politikerinnen und Politikern war nach Abschluß des Koalitionsvertrages zum Teil zu hören, die Frage sei: Ist das Glas halb leer oder halb voll? Schon die Frage liegt neben der Sache. Denn bereits zum Zeitpunkt der Koalitionsvereinbarung war im Glas kaum etwas drin. Das Wenige wurde inzwischen auch noch verdünnt. Aber auch homöopathische Dosierungen haben schon manchen geholfen. Sie müssen aber verabreicht werden! Noch hat diese Regierung eine Chance verdient. Die nächsten Monate werden flüchtlingspolitisch zeigen, ob der rot-grüne Lack weiter bröckelt und dahinter ein faktisches Schwarz-Gelb zum Vorschein kommt oder ob die Chance, daß der Regierungswechsel einen Politikwechsel einleitet, doch noch besteht.
Im Vergleich zur Kanther-Ära ist die Situation für die Asyllobby jedenfalls ungleich schwieriger geworden. Damals gab es wenigstens noch eine Opposition, die – wenn auch nur in Teilbereichen – alternative Politikvorstellungen entwickelte. Heute zeichnet sich ab, daß die rot-grüne Bundesregierung eine erschreckende Kontinuität in bezug auf die Flüchtlingspolitik beweist und eine menschenrechtlich orientierte Oppositionspolitik im Deutschen Bundestag kaum festzustellen ist. Der öffentliche Diskurs hat sich allein auf die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft konzentriert. Eine Auseinandersetzung über die oft unmenschlichen Härten des Asylverfahrens und die Notwendigkeit von Korrekturen findet nicht mehr in ausreichendem Maße statt. Asyl scheint zu einem Nichtthema der deutschen Innenpolitik geworden zu sein. Die Aufgabe von PRO ASYL und die in der Asylarbeit Tätigen ist gigantisch:
- Aufdeckung von unmenschlichen Härten,
- Entwicklung konkreter Handlungsalternativen,
- Aufrechterhaltung der Visionen von Menschenwürde und Gerechtigkeit.
Zugegeben: Die Chancen auf Veränderungen sind gering. Doch wer nicht kämpft, der hat schon verloren. Wir haben kaum eine Chance – also nutzen wir sie!
Frankfurt/M., den 19.4.1999
PRO ASYl fordert die von Rot-Grün versprochene
„Altfallregelung“ Kosovo-Albaner nicht ausschließen!
Liebe Surferin, lieber Surfer,
immer wieder werden Flüchtlinge, die schon seit vielen Jahren in der Bundesrepublik Deutschland ihre neue Heimat gefunden haben, erneut ins Ungewisse gestürzt.
Einige Beispiele:
- Seit April 1988 lebt Herr K. aus dem Kosovo mit seiner Frau in Deutschland. Zwei der drei Kinder wurden in Deutschland geboren. Ihr Asylantrag wurde als „unbegründet“ abgelehnt: Die vorgetragenen Verfolgungen würden das übliche Maß an Schikanen nicht übersteigen.
Unfaßbar angesichts der aktuellen Situation: Noch im Februar 1999 sah der Hessische Verwaltungsgerichtshof keine extreme Gefährdung für Leib und Leben. Zwar habe es im Kosovo zahlreiche Übergriffe gegeben, ein „staatliches Programm mit der Ziel physischer Vernichtung oder gewaltsamer Vertreibung“ der Kosovo-Albaner sei jedoch nicht erkennbar. Aber nicht nur die Gerichte, auch Innenminister wollen Kosovo-Albaner nicht schützen: Von der versprochenen Altfallregelung sollen sie ausgeschlossen werden. - Herr Z., koptischer Christ aus Ägypten, floh im Mai 1990 in die Bundesrepublik Deutschland. Seit 9 Jahren hat er seine Frau nicht gesehen. Das zuständige Verwaltungsgericht erkannte zwar Abschiebungshindernisse, verweigerte jedoch die Anerkennung als politisch Verfolgter. Seit Mai 1991 arbeitet Herr Z. und kommt selbst für seinen Lebensunterhalt auf. Doch seine Frau darf nicht zu ihm nach Deutschland. Kommt die versprochene Altfallregelung, erhält Herr Z. eine Aufenthaltsbefugnis; der Familiennachzug ist dann möglich.
- Familie A.: Das kurdische Ehepaar A. floh bereits vor mehr als 10 Jahren aus der Türkei nach Deutschland. Im Laufe der Jahre kamen zwei Kinder zur Welt und das Ehepaar fand Arbeit und Wohnung. Mittlerweile gehen die Kinder in Deutschland zur Schule. Aufgrund eines Verfahrensfehlers ihres Rechtsanwaltes wurde der Asylantrag der Familie rechtskräftig abgelehnt. Ergebnis: Die Ausländerbehörde spricht seit Monaten nur noch kurzfristige Duldungen aus, Herr und Frau A. verloren infolgedessen beide ihre Arbeit. Die erfolgreich integrierte Familie ist mittlerweile von Sozialhilfe abhängig und dies wird wiederum als Grund für eine drohende Abschiebung herangezogen. Ein Teufelskreis.
So verschieden sie auch sein mögen – diese beispielhaften Fälle zeigen, daß Flüchtlingen, die sich seit vielen Jahren in der Bundesrepublik Deutschland befinden, dringend durch eine „Altfallregelung“ geholfen werden muß. Es kann nicht sein, daß erfolgreiche Integrations- und Lebensleistungen von Asylsuchenden immer wieder zunichte gemacht werden. Es kann nicht hingenommen werden, daß Kriegsflüchtlinge aus dem Kosovo wie auch aus Bosnien von einer Altfallregelung generell ausgeschlossen werden.
- Von der rot-grünen Koalition wurde nach der Bundestagswahl eine „Altfallregelung“ versprochen. Doch die Innenminister einiger Länder blockieren. Wir fordern deshalb die rot-grüne Regierungskoalition auf, durch eine Änderung des Ausländergesetzes die Altfallregelung auf den Weg zu bringen: Wer länger als 5 Jahre in Deutschland lebt, muß eine Aufenthaltsbefugnis erhalten. (Weitere Hintergrundinformationen)
Jetzt hilft nur noch eines: öffentlicher Druck durch engagierte Bürgerinnen und Bürger, um diesem Mißstand ein Ende zu machen. Es geht darum, daß die rot-grüne Regierung ihre Koalitionsvereinbarung einhält.
- An dieser Stelle sind Sie gefragt: Senden Sie Postkarten mit unserer Forderung nach einer Aufenthaltsbefugnis an die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.
Zuletzt noch ein Appell in eigener Sache: PRO ASYL kann nur deshalb für die Rechte von Flüchtlingen eintreten, weil wir politisch und finanziell unabhängig sind. Ohne die Unterstützung von Fördermitgliedern sowie Spenderinnen und Spendern wäre dies unmöglich.
- Daher bitten wir Sie: Helfen Sie uns durch eine Spende oder Ihre Fördermitgliedschaft. Denn gerade jetzt brauchen Flüchtlinge in unserem Land dringend Unterstützung durch Menschen, die ohne Wenn und Aber für ihre Rechte einstehen.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Günter Burkhardt
Geschäftsführer
PS: Am 23. Mai wird das Grundgesetz der Bundesrepublik 50 Jahre alt. Unter dem Motto „Die einen feiern, die anderen werden abgeschoben“ ruft PRO ASYL deshalb dazu auf, zum 50. Jahrestag des Grundgesetzes aktiv zu werden. Dazu hat PRO ASYL zwei Plakate veröffentlicht, die bestellt werden können.