BVG zur Sudanesen-Abschiebung:
Bundesregierung haftet für Folterregime
PRO ASYL: Peinliche Offenbarung
Das Bundesverfassungsgericht (BVG) ist offensichtlich nicht bereit, die Verantwortung für die Abschiebung der sudanesischen Flüchtlinge zu tragen, die am 12. September vom Frankfurter Flughafen aus zurückgeschoben worden sind. Dies werde aus der am Wochenende bekannt gewordenen Begründung des BVG deutlich, so PRO ASYL-Sprecher Heiko Kauffmann in einer ersten Stellungnahme.
Das BVG habe sich hauptsächlich mit der Frage beschäftigt, welche Bedeutung der Zusicherung des Sudan zukomme, die sieben Flüchtlinge hätten nach ihrer Rückkehr keine staatliche Verfolgung oder menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten. In der Begründung heißt es dazu: „Die Einschätzung und Beurteilung, daß gleichwohl völkerrechtliche Absprachen mit der sudanesischen Regierung ein geeignetes Mittel darstellen, um einem den Antragstellern drohenden schweren Nachteil zu begegnen, fällt in den Kompetenzbereich der Bundesregierung. Sie trägt für ihre Entscheidung die politische Verantwortung.“
Kauffmann dazu: “ Damit macht das BVG die Bundesregierung zum Gewährträger für das Regime im Sudan“. Es sei in Fragen der Menschenrechte und des konkreten Menschenrechtsschutzes ein einmaliger Vorgang, daß die Bundesregierung ständig auf die Entscheidung des BVG verweise, dieses aber sehr deutlich auf die politische Verantwortung der Bundesregierung zurückverweise.
Die im Raffinement des Rechts feststellbare Schutzlücke und eine an Tagesopportunität und vermeintlicher Staatsräson orientierte Politik gehen hier zum Nachteil gefährdeter Flüchtlinge Hand in Hand.“ Die Beobachtung, daß die Anwendung des Asylrechts immer mehr in Gefahr gerate, zu einem System „organisierter Verantwortungslosigkeit“ zu verkommen, werde hier auf höchster Ebene drastisch vor Augen geführt.
Aus dem abweichenden Votum des Richters Sommer gehe hervor, daß dem Senat durchaus bekannt war, daß einige der Flüchtlinge Foltermerkmale aufwiesen. Damit sehe PRO ASYL seine Kritik am Bundesamt und am Verwaltungsgericht Frankfurt bestätigt. Kauffmann: „Auch das BVG muß nun gefragt werden, wo die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zur Beachtung der Menschenwürde bleibt, wenn Foltervorwürfen zu keinem Zeitpunkt des Asylverfahrens nachgegangen wurde“.
Ein Staat, der wegen ständiger Mißachtung und Verletzung der Menschenrechte international am Pranger stehe, könne und dürfe niemals in Sachen des Asylrechts und Flüchtlingsschutzes als glaubwürdig angesehen werden. Kauffmann bezeichnete die Begründung des BVG und das „Wechselspiel zwischen Bonn und Karlsruhe“ vor diesem Hintergrund als „peinliche Offenbarung“.