Asylbewerberleistungsgesetz:
„Kungelrunde“ hat Eckpunkte einer weiteren Verschärfung bereits beschlossen.
Novelle voraussichtlich diese Woche im Vermittlungsausschuß.
PRO ASYL: Diskriminierungsprogramm mit Wirkung bis ins nächste Jahrtausend.
Als „Diskriminierungsprogramm mit Wirkung bis ins nächste Jahrtausend“ bezeichnete Heiko Kauffmann, Sprecher der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL, die Beschlußempfehlung zur Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes, auf die sich Vertreter der Regierungsparteien und der SPD geeinigt haben sollen.
Am Mittwoch dieser Woche soll die Asylbewerberleistungsgesetz-Novelle im Vermittlungsausschuß behandelt werden. Nach Informationen von PRO ASYL muß befürchtet werden, daß sie bereits am Donnerstag und Freitag Bundestag und Bundesrat passieren könnte.
Ein in Bonn kursierender Text wurde von einer Arbeitsgruppe offenbar mit Zustimmung von Vertretern aus den zuständigen SPD-Länderministerien erstellt. Der Vorschlag ist als Beschlußempfehlung gekennzeichnet und beinhaltet folgende Eckpunkte:
- Asylsuchende sollen nunmehr gegenüber der Sozialhilfe drastisch geminderte Leistungen, nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen (Essenpakete usw.), und eine nur eingeschränkte medizinische Versorgung während der ersten 3 Jahre ihres Aufenthaltes (bislang 1 Jahr) erhalten.
- Einbezogen werden in die drei Jahre dauernde Versorgung mit drastisch geminderten Leistungen sollen auch Ausländer/innen, die aus humanitären Gründen (wegen Krankheit, Behinderung, drohender Folter, Todesstrafe usw.) nicht abgeschoben werden dürfen und deshalb eine Duldung erhalten haben.
- Die geminderten Sachleistungen sind auch vorgesehen für Kriegsflüchtlinge mit Aufenthaltsbefugnis.
- Während des Aufenthaltes in Sammelunterkünften soll die Gewährung von Sachleistungen statt Geldleistungen ohne jede Befristung möglich sein.
Dieses Verhandlungsergebnis hat in der SPD-Bundestagsfraktion zu Irritationen und Kritik geführt, da sie die Zustimmung zur befristeten Absenkung des Existenzminimums für Flüchtlinge im Rahmen des Asylkompromisses nur unter der Bedingung mitgetragen hatte, daß die eingeschränkten Leistungen für max. 12 Monate gewährt würden. Mit der vorgesehenen Ausdehnung der geminderten Sachleistungen auf Kriegsflüchtlinge wäre dann der von der SPD in den Verhandlungen zum Asylkompromiß einst durchgesetzte, allerdings nie praktisch umgesetzte Kriegsflüchtlingsstatus vollständig entwertet.
„SPD-Parlamentarier/innen, die jahrelang im Bundestag vertreten haben, eine weitere Verschärfung werde es mit der SPD nicht geben, sehen sich nun durch die Ergebnisse einer großkoalitionären Kungelrunde im Vermittlungsausschuß öffentlich Lügen gestraft“, so Heiko Kauffmann.
PRO ASYL kritisierte insbesondere die Haltung der SPD-Innenminister Brandenburgs, Niedersachsens und Thüringens, die sich seit längerem als ausländerpolitische Scharfmacher auf Seiten der Regierungskoalition betätigt hätten.
Gerade erst vor kurzem habe das Europäische Parlament in einer Entschließung zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit die Bundesregierung aufgefordert, ihre Pläne zur Einführung einer Kindervisumspflicht für bestimmte Länder zurückzunehmen und jede Politik zu vermeiden, die „Rassenhaß“ und Fremdenfeindlichkeit schüren könnte. Die geplante Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes schreibe zwei unterschiedliche Existenzminima nun auf Dauer fest. Dies komme der Einführung eines inakzeptablen Doppelstandards der Menschenwürde gleich. Solche Gesetze seien ebenso sehr institutionalisierter Rassismus als sie auch rassistischen Stimmungen selber Vorschub leisteten.
Vor diesem Hintergrund fordert PRO ASYL die SPD-Vertreter/innen in Bundesrat und Bundestag auf, der Verschärfung ihre Zustimmung zu verweigern.