Anerkennungsquote gering
Seit 1992 baten mehr als 25.000 Algerier in Deutschland um Asyl
Süddeutsche Zeitung
Seit Anfang 1992 das Militär in Algerien die Macht an sich riß und den damals bevorstehenden Wahlsieg islamischer Fundamentalisten verhinderte, herrschen in dem nordafrikanischen Land Terror und Gewalt – Zehntausende Menschen starben. Ebenfalls Zehntausende von Algeriern versuchten, dem Bürgerkrieg durch die Flucht nach Europa zu entkommen. Die meisten von ihnen gingen nach Frankreich; mehr als 25.000 Algerier baten in den vergangenen sechs Jahren in Deutschland um Asyl.
Unter dem Eindruck grausamer Massaker in Algerien haben in den vergangenen Wochen das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) und weitere Flüchtlings-Hilfsorganisationen zu einem generellen Abschiebestop aufgerufen. Vor allem in den Reihen der CDU/CSU gibt es dagegen heftigen Widerstand.
Derzeit leben laut den deutschen Behörden etwa 17 500 Algerier in Deutschland. Die meisten Flüchtlinge kamen bereits in den ersten beiden Jahren des algerischen Bürgerkriegs: 7.669 waren es 1992 und 11 262 im Jahr darauf. Danach fiel die Zahl der Asylbewerber steil ab, was allerdings weniger mit der Lage in dem nordafrikanischen Land zusammenhängen dürfte als mit der Einschränkung des Asylrechts in Deutschland vor fünf Jahren. 1994 kamen noch 2.781 Asylbewerber aus Algerien in die Bundesrepublik. In den folgenden Jahren waren es jeweils etwa 1.500.
Als Asylbewerber anerkannt wurden jedoch nur wenige dieser Flüchtlinge: Die höchste Anerkennungsquote betrug – in den Jahren 1994 und 1995 – gerade 1,3 Prozent. Entsprechend unsicher ist der rechtliche Status der meisten in Deutschland lebenden Algerier. Mehr als 7.000 von ihnen verfügen über keine Aufenthaltsgenehmigung oder -gestattung und sind somit offiziell zur Ausreise verpflichtet; gegen knapp 5500 Menschen aus Algerien wurden Maßnahmen zur Ausweisung eingeleitet.
Nur etwa 2.500 Algerier besaßen eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, die übrigen meist befristete Aufenthaltspapiere, etwa für die Dauer ihres Asylverfahrens. Mehr als 3.500 Algerier wurden seit 1994 in ihre Heimat abgeschoben, einige weitere nach Frankreich oder Spanien. Seit allerdings bei den Massakern in unterschiedlichen Gebieten Algeriens Hunderte Zivilisten starben – nach einigen Angaben sogar mehr als 1.500 Menschen – wurde zumindest in den SPD-geführten Bundesländern ein vorläufiger Verzicht auf Ausweisungen angeordnet.
Eine wesentliche Ursache für die geringe Anerkennungsquote bei den Algeriern sehen Flüchtlings-Hilfsorganisationen wie Pro Asyl in den Lageberichten des Auswärtigen Amtes. Selbst nach den jüngsten Massakern wird darin laut Pro Asyl festgestellt, eine unmittelbare staatliche Verfolgung bestimmter Personengruppen wegen Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe finde in Algerien nicht statt. (AFP)