1998: 50. Jahrestag der Menschenrechtsdeklaration
PRO ASYL fordert grundsätzlichen Politikwechsel.
Menschenrechtsverstöße in Deutschland dürfen
nicht länger ignoriert werden.
Einen grundsätzlichen Politikwechsel und eine Neuorientierung in der Menschenrechts- und Flüchtlingspolitik fordert die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL von der Politik im Neuen Jahr.
„Die Bundesregierung hat das Europäische Jahr gegen Rassismus ungenutzt verstreichen lassen und Menschenrechtsverstöße im eigenen Land einfach ignoriert“, erklärte der Sprecher von PRO ASYL, Heiko Kauffmann.
Die weitere Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das generelle Arbeitsverbot für Flüchtlinge und die weitere Verschärfung und Verschränkung von Ausländer- und Strafrecht hätten vielmehr zu einem „institutionellen Rassismus von oben“ beigetragen, der Stammtische und Schlägertrupps mit Munition bediene.
PRO ASYL konstatiert weitere Fehlentwicklungen, auch in der Rechtsprechung, welche die volle Anwendung und Geltung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention betreffen. So soll etwa in Deutschland nur noch derjenige Schutz erhalten, dessen Verfolgung vom Staat ausgeht. Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen werden alles tun, damit sich die Kluft zwischen internationalem Flüchtlingsschutz und bundesdeutscher Praxis nicht weiter vergrößert. PRO ASYL und die Flüchtlingsinitiativen werden 1998 ihre Anstrengungen und Kampagnen – u.a. zum Schutz von verfolgten Frauen und zur Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgungsgründe, zum Schutz von unbegleiteten Minderjährigen und zum Schutz von Folteropfern und Traumatisierten – weiterführen und verstärken.
„Nach einem schwierigen Jahr für Flüchtlinge und Menschenrechte sind die Bundesregierung und die deutsche Politik im Jubiläumsjahr der Menschenrechtsdeklaration menschenrechtlich in der Bringpflicht“, sagte der PRO ASYL-Sprecher.
Auch müsse die Bundesregierung endlich zu der massiven Kritik mehrerer UN-Gremien an der Menchenrechtspolitik Deutschlands Stellung beziehen und ihre Empfehlungen und Vorschläge aufgreifen.
So hatte sich der UN-Menschenrechtsausschuß bei der Vorlage des 4. Länderberichts Deutschlands zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte am 8. November 1996 besorgt über die restriktive Definition von Minderheiten geäußert und die Bundesregierung dafür kritisiert, daß der Begriff „Minderheiten“ in Deutschland weder Migrant/inn/en noch Flüchtlinge einschließe.
Der zuständige Ausschuß für die Rechte des Kindes hatte bereits im November 1995 deutliche Kritik an der Haltung der Bundesregierung geübt und die unerläßliche Anpassung des deutschen Asyl- und Ausländerrechts an die UN-Kinderrechtskonvention angemahnt. So setzte sich der Ausschuß für die uneingeschränkte Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland und dafür ein, daß gemäß Art. 1 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Alter von 16 und 17 Jahren in Deutschland nicht wie Erwachsene behandelt würden. Ebenso müßten „die Regelungen über die Abschiebung von Kindern in sichere Drittstaaten, über Familienzusammenführung und die Flughafenregelung mit den Vorschriften und Grundsätzen der Konvention (…) in Übereinstimmung gebracht werden.“
Schließlich hatte auch der UN-Ausschuß für die Beseitigung der Rassendiskriminierung sich am 21. März 1997 besorgt über fremdenfeindliche und rassistische Akte sowie antisemitische Aktionen in Deutschland gezeigt und die steigende Zahl rassistischer Übergriffe beklagt.
Der Ausschuß empfahl der deutschen Regierung die Einführung eines „umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes“ und die Einrichtung einer Institution zur Umsetzung der Antirassismuskonvention in Deutschland.
Dazu Kauffmann: „Wären alle diese Vorschläge aufgegriffen und umgesetzt worden, wäre es um den Menschenrechts- und Flüchtlingsschutz in Deutschland besser bestellt.“
1997 kamen erneut weniger Asylbewerber – Auch die Zahl der anerkannten Flüchtlinge sank – Frankfurter Rundschau vom 2.Januar 1997 (S.1)
Menschenrechtserklärung 1948-1998 div. Links zum Thema